er in E... thun können hinderlich gewesen sey, und ihm verschiedne Feindschaften zugezogen habe. Man sey seiner überdrüßig geworden, und wahrscheinlicherweise habe selbst die Königliche Regierung zu Hannover ihm in den Speisen elektrische Materie oder Gewitterluft beybringen lassen, um sein Leben abzukürzen. Dieser Zweck wäre zwar nicht erreicht worden, allein er habe seit der Zeit doch eine große Nervenschwäche verspürt. Unfähig zu allen Geschäften habe er um Weihnachten 1786 seinen Dienst freiwillig quittiret, E.... mit 150 Rthl. verlassen, und sey nach Stralsund gewandert. Nach drey viertel Jahren wäre sein Geld bis auf 20 Rthl. geschmolzen gewesen, er habe sich nach E... zurück gesehnt, und um seinen ehemaligen Dienst schriftlich angehalten, aber zur Antwort bekommen, daß der Cantordienst schon wieder besetzt, die Organistenstelle aber erledigt sey. Ob er sich gleich dadurch erniedrigen müssen, so habe er doch dieselbe angenommen. Kaum aber sey er wieder in E.... gewesen, so hätte er schon wieder geglaubt von seinen Feinden verfolgt und durch beigebrachte Gewitterluft krank gemacht zu seyn. Auch habe er den Gedanken nicht los werden können, daß der vorige Organist nicht würklich todt sey und er also auch nicht im Dienst stehe. Seines Lebens überdrüßig, habe er selbst angefangen, es für Gottes Willen zu halten, sich zu tödten. Nach einigen mißlungnen Versuchen habe er, ohngefähr 14 Tage
er in E... thun koͤnnen hinderlich gewesen sey, und ihm verschiedne Feindschaften zugezogen habe. Man sey seiner uͤberdruͤßig geworden, und wahrscheinlicherweise habe selbst die Koͤnigliche Regierung zu Hannover ihm in den Speisen elektrische Materie oder Gewitterluft beybringen lassen, um sein Leben abzukuͤrzen. Dieser Zweck waͤre zwar nicht erreicht worden, allein er habe seit der Zeit doch eine große Nervenschwaͤche verspuͤrt. Unfaͤhig zu allen Geschaͤften habe er um Weihnachten 1786 seinen Dienst freiwillig quittiret, E.... mit 150 Rthl. verlassen, und sey nach Stralsund gewandert. Nach drey viertel Jahren waͤre sein Geld bis auf 20 Rthl. geschmolzen gewesen, er habe sich nach E... zuruͤck gesehnt, und um seinen ehemaligen Dienst schriftlich angehalten, aber zur Antwort bekommen, daß der Cantordienst schon wieder besetzt, die Organistenstelle aber erledigt sey. Ob er sich gleich dadurch erniedrigen muͤssen, so habe er doch dieselbe angenommen. Kaum aber sey er wieder in E.... gewesen, so haͤtte er schon wieder geglaubt von seinen Feinden verfolgt und durch beigebrachte Gewitterluft krank gemacht zu seyn. Auch habe er den Gedanken nicht los werden koͤnnen, daß der vorige Organist nicht wuͤrklich todt sey und er also auch nicht im Dienst stehe. Seines Lebens uͤberdruͤßig, habe er selbst angefangen, es fuͤr Gottes Willen zu halten, sich zu toͤdten. Nach einigen mißlungnen Versuchen habe er, ohngefaͤhr 14 Tage
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0056"n="54"/><lb/>
er in E... thun koͤnnen hinderlich gewesen sey, und ihm verschiedne Feindschaften zugezogen habe. Man sey seiner uͤberdruͤßig geworden, und wahrscheinlicherweise habe selbst die Koͤnigliche Regierung zu Hannover ihm in den Speisen elektrische Materie oder Gewitterluft beybringen lassen, um sein Leben abzukuͤrzen. Dieser Zweck waͤre zwar nicht erreicht worden, allein er habe seit der Zeit doch eine große Nervenschwaͤche verspuͤrt. Unfaͤhig zu allen Geschaͤften habe er um Weihnachten 1786 seinen Dienst freiwillig quittiret, E.... mit 150 Rthl. verlassen, und sey nach Stralsund gewandert. Nach drey viertel Jahren waͤre sein Geld bis auf 20 Rthl. geschmolzen gewesen, er habe sich nach E... zuruͤck gesehnt, und um seinen ehemaligen Dienst schriftlich angehalten, aber zur Antwort bekommen, daß der Cantordienst schon wieder besetzt, die Organistenstelle aber erledigt sey. Ob er sich gleich dadurch erniedrigen muͤssen, so habe er doch dieselbe angenommen. Kaum aber sey er wieder in E.... gewesen, so haͤtte er schon wieder geglaubt von seinen Feinden verfolgt und durch beigebrachte Gewitterluft krank gemacht zu seyn. Auch habe er den Gedanken nicht los werden koͤnnen, daß der vorige Organist nicht wuͤrklich todt sey und er also auch nicht im Dienst stehe. Seines Lebens uͤberdruͤßig, habe er selbst angefangen, es fuͤr Gottes Willen zu halten, sich zu toͤdten. Nach einigen mißlungnen Versuchen habe er, ohngefaͤhr 14 Tage<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[54/0056]
er in E... thun koͤnnen hinderlich gewesen sey, und ihm verschiedne Feindschaften zugezogen habe. Man sey seiner uͤberdruͤßig geworden, und wahrscheinlicherweise habe selbst die Koͤnigliche Regierung zu Hannover ihm in den Speisen elektrische Materie oder Gewitterluft beybringen lassen, um sein Leben abzukuͤrzen. Dieser Zweck waͤre zwar nicht erreicht worden, allein er habe seit der Zeit doch eine große Nervenschwaͤche verspuͤrt. Unfaͤhig zu allen Geschaͤften habe er um Weihnachten 1786 seinen Dienst freiwillig quittiret, E.... mit 150 Rthl. verlassen, und sey nach Stralsund gewandert. Nach drey viertel Jahren waͤre sein Geld bis auf 20 Rthl. geschmolzen gewesen, er habe sich nach E... zuruͤck gesehnt, und um seinen ehemaligen Dienst schriftlich angehalten, aber zur Antwort bekommen, daß der Cantordienst schon wieder besetzt, die Organistenstelle aber erledigt sey. Ob er sich gleich dadurch erniedrigen muͤssen, so habe er doch dieselbe angenommen. Kaum aber sey er wieder in E.... gewesen, so haͤtte er schon wieder geglaubt von seinen Feinden verfolgt und durch beigebrachte Gewitterluft krank gemacht zu seyn. Auch habe er den Gedanken nicht los werden koͤnnen, daß der vorige Organist nicht wuͤrklich todt sey und er also auch nicht im Dienst stehe. Seines Lebens uͤberdruͤßig, habe er selbst angefangen, es fuͤr Gottes Willen zu halten, sich zu toͤdten. Nach einigen mißlungnen Versuchen habe er, ohngefaͤhr 14 Tage
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.
Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/56>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.