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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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denschaften. Nun ists freilich allenfalls minder schädlich ein Lastthier der Welt zu seyn, als ein Sklave der Lüste zum Verderben an Seel und Leib; allein blos Lastthier zu seyn zwingt mehr theils Noth, theils Habsucht, als die Pflicht, und wie viel Unnöthiges macht nicht die Welt zur Pflicht? Wer in Noth ist, leide sie bis zur Erlösung! wer aber kann, erinnere sich des Worts Pauli: Jhr seyd theuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte! der verderbensvollen Lustthiere nemlich. Denn gegen die rechtschaffnen Gutwilligen, ermahnt er, werdet immer überflüssiger in der Liebe. Bist du ein Knecht berufen, sorge deswegen nicht; doch kannst du frey werden, so brauche das viel lieber mit stillem Wesen zu arbeiten, um eigen Brod zu essen und zu haben, um was zu geben den Dürftigen. Wer als ein freyer Mensch berufen ist, der ist ein Knecht Christi; wer ledig ist, sorget was dem Herrn angehört, siehet dahin, daß es fein anständig sey, stets und unverhindert dem Herrn zu Seinem Reich dienen zu können. Paulus; der allen alles worden, und die Gesellschaftspflichten für das ganze menschliche Geschlecht unendlich mehr beobachtet hat als je ein Geschäftsmann oder Philosoph der Welt, hat doch wohl auch Verstand und Geist oder göttlichen Wahrheitssinn über alles das gehabt, mehr als die ganze Welt.)

"Aber einer frommen Einsamkeit viele Stunden zu widmen, die andre auf leere Zerstreuungen


denschaften. Nun ists freilich allenfalls minder schaͤdlich ein Lastthier der Welt zu seyn, als ein Sklave der Luͤste zum Verderben an Seel und Leib; allein blos Lastthier zu seyn zwingt mehr theils Noth, theils Habsucht, als die Pflicht, und wie viel Unnoͤthiges macht nicht die Welt zur Pflicht? Wer in Noth ist, leide sie bis zur Erloͤsung! wer aber kann, erinnere sich des Worts Pauli: Jhr seyd theuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte! der verderbensvollen Lustthiere nemlich. Denn gegen die rechtschaffnen Gutwilligen, ermahnt er, werdet immer uͤberfluͤssiger in der Liebe. Bist du ein Knecht berufen, sorge deswegen nicht; doch kannst du frey werden, so brauche das viel lieber mit stillem Wesen zu arbeiten, um eigen Brod zu essen und zu haben, um was zu geben den Duͤrftigen. Wer als ein freyer Mensch berufen ist, der ist ein Knecht Christi; wer ledig ist, sorget was dem Herrn angehoͤrt, siehet dahin, daß es fein anstaͤndig sey, stets und unverhindert dem Herrn zu Seinem Reich dienen zu koͤnnen. Paulus; der allen alles worden, und die Gesellschaftspflichten fuͤr das ganze menschliche Geschlecht unendlich mehr beobachtet hat als je ein Geschaͤftsmann oder Philosoph der Welt, hat doch wohl auch Verstand und Geist oder goͤttlichen Wahrheitssinn uͤber alles das gehabt, mehr als die ganze Welt.)

»Aber einer frommen Einsamkeit viele Stunden zu widmen, die andre auf leere Zerstreuungen

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[47/0049] denschaften. Nun ists freilich allenfalls minder schaͤdlich ein Lastthier der Welt zu seyn, als ein Sklave der Luͤste zum Verderben an Seel und Leib; allein blos Lastthier zu seyn zwingt mehr theils Noth, theils Habsucht, als die Pflicht, und wie viel Unnoͤthiges macht nicht die Welt zur Pflicht? Wer in Noth ist, leide sie bis zur Erloͤsung! wer aber kann, erinnere sich des Worts Pauli: Jhr seyd theuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte! der verderbensvollen Lustthiere nemlich. Denn gegen die rechtschaffnen Gutwilligen, ermahnt er, werdet immer uͤberfluͤssiger in der Liebe. Bist du ein Knecht berufen, sorge deswegen nicht; doch kannst du frey werden, so brauche das viel lieber mit stillem Wesen zu arbeiten, um eigen Brod zu essen und zu haben, um was zu geben den Duͤrftigen. Wer als ein freyer Mensch berufen ist, der ist ein Knecht Christi; wer ledig ist, sorget was dem Herrn angehoͤrt, siehet dahin, daß es fein anstaͤndig sey, stets und unverhindert dem Herrn zu Seinem Reich dienen zu koͤnnen. Paulus; der allen alles worden, und die Gesellschaftspflichten fuͤr das ganze menschliche Geschlecht unendlich mehr beobachtet hat als je ein Geschaͤftsmann oder Philosoph der Welt, hat doch wohl auch Verstand und Geist oder goͤttlichen Wahrheitssinn uͤber alles das gehabt, mehr als die ganze Welt.) »Aber einer frommen Einsamkeit viele Stunden zu widmen, die andre auf leere Zerstreuungen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/49>, abgerufen am 21.11.2024.