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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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im Jnnersten unsers Wesens, unsers ganzen Triebes zum unendlichen Gut zu lautrer, immer wachsender ewiger Vollkommenheit? Ein allgemeines Vollkommenheitsgefühl ist der Grundreiz dieses Triebes. Alle unsre Vorstellungs- und Handlungskräfte sind nur diesem Triebe dienstbar, alle Begierden, Leidenschaften, Neigungen verlangen, sämmtlich immer, wiewohl nur blinder Weise, höchstmögliches Gutes; und das ist nur in lautrer ewiger Vollkommenheit unfehlbar ganz und beständig zu finden mit ganzer Wesensharmonie. Der Trieb zu lautrer ewiger Vollkommenheit zieht also alles in unserm ganzen Wesen nach sich, und was ist dieser Wesenstrieb als Trieb zum selbstständigen ewigen Wesensgesetz und höchsten Gute, das außer Gott nirgends zu finden, in Gott aber höchst allgemein und ewig unfehlbar ist, so unumschränkt richtig als immer gleich gegenwärtig für unser innerstes Wesen; wo das innerste Wahrheitsgefühl von seiner höchsten Geistesrealität uns überzeugt? Jst unsre ganze Vollkommenheit, wenn sie wahrhaftig ist, was anders als Befolgung der seinigen, Belebung von der seinigen nach seinem ewigen Wahrheitslicht? Wer ist also unsre ewig regelmäßige moralische Lebensquelle als Er selbst im Grund unsers Herzens, im ewigen höchsten Wahrheitsgefühl und Triebe zu lautrer ewiger Vollkommenheit, die selbstständig der lebendige wahre Gott in uns ist? Woher käme uns sonst auch nur ein Traum, eine Jdee von Voll-


im Jnnersten unsers Wesens, unsers ganzen Triebes zum unendlichen Gut zu lautrer, immer wachsender ewiger Vollkommenheit? Ein allgemeines Vollkommenheitsgefuͤhl ist der Grundreiz dieses Triebes. Alle unsre Vorstellungs- und Handlungskraͤfte sind nur diesem Triebe dienstbar, alle Begierden, Leidenschaften, Neigungen verlangen, saͤmmtlich immer, wiewohl nur blinder Weise, hoͤchstmoͤgliches Gutes; und das ist nur in lautrer ewiger Vollkommenheit unfehlbar ganz und bestaͤndig zu finden mit ganzer Wesensharmonie. Der Trieb zu lautrer ewiger Vollkommenheit zieht also alles in unserm ganzen Wesen nach sich, und was ist dieser Wesenstrieb als Trieb zum selbststaͤndigen ewigen Wesensgesetz und hoͤchsten Gute, das außer Gott nirgends zu finden, in Gott aber hoͤchst allgemein und ewig unfehlbar ist, so unumschraͤnkt richtig als immer gleich gegenwaͤrtig fuͤr unser innerstes Wesen; wo das innerste Wahrheitsgefuͤhl von seiner hoͤchsten Geistesrealitaͤt uns uͤberzeugt? Jst unsre ganze Vollkommenheit, wenn sie wahrhaftig ist, was anders als Befolgung der seinigen, Belebung von der seinigen nach seinem ewigen Wahrheitslicht? Wer ist also unsre ewig regelmaͤßige moralische Lebensquelle als Er selbst im Grund unsers Herzens, im ewigen hoͤchsten Wahrheitsgefuͤhl und Triebe zu lautrer ewiger Vollkommenheit, die selbststaͤndig der lebendige wahre Gott in uns ist? Woher kaͤme uns sonst auch nur ein Traum, eine Jdee von Voll-

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[26/0028] im Jnnersten unsers Wesens, unsers ganzen Triebes zum unendlichen Gut zu lautrer, immer wachsender ewiger Vollkommenheit? Ein allgemeines Vollkommenheitsgefuͤhl ist der Grundreiz dieses Triebes. Alle unsre Vorstellungs- und Handlungskraͤfte sind nur diesem Triebe dienstbar, alle Begierden, Leidenschaften, Neigungen verlangen, saͤmmtlich immer, wiewohl nur blinder Weise, hoͤchstmoͤgliches Gutes; und das ist nur in lautrer ewiger Vollkommenheit unfehlbar ganz und bestaͤndig zu finden mit ganzer Wesensharmonie. Der Trieb zu lautrer ewiger Vollkommenheit zieht also alles in unserm ganzen Wesen nach sich, und was ist dieser Wesenstrieb als Trieb zum selbststaͤndigen ewigen Wesensgesetz und hoͤchsten Gute, das außer Gott nirgends zu finden, in Gott aber hoͤchst allgemein und ewig unfehlbar ist, so unumschraͤnkt richtig als immer gleich gegenwaͤrtig fuͤr unser innerstes Wesen; wo das innerste Wahrheitsgefuͤhl von seiner hoͤchsten Geistesrealitaͤt uns uͤberzeugt? Jst unsre ganze Vollkommenheit, wenn sie wahrhaftig ist, was anders als Befolgung der seinigen, Belebung von der seinigen nach seinem ewigen Wahrheitslicht? Wer ist also unsre ewig regelmaͤßige moralische Lebensquelle als Er selbst im Grund unsers Herzens, im ewigen hoͤchsten Wahrheitsgefuͤhl und Triebe zu lautrer ewiger Vollkommenheit, die selbststaͤndig der lebendige wahre Gott in uns ist? Woher kaͤme uns sonst auch nur ein Traum, eine Jdee von Voll-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/28>, abgerufen am 26.04.2024.