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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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rentheils setzt man sie in den beinahe gänzlichen Mangel der sinnlichen Empfindung. Die Einbildungskraft wirkt, dieser Erklärung zufolge stärker, weil wir von den Vorstellungen, welche uns zuströhmen, nicht gestört werden. Herr M. tritt dieser Meinung auch bei; denn er sagt (im 9n Bandes 1n Stück S. 71.) "Die Ursache des Traumes ist eine durch die Wirksamkeit der Sinne ununterbrochene Einbildungskraft," ich mache aber in meiner Fortsetzung (im 9ten Bande 2ten Stück S. 13.) folgenden Einwurf: "Allein es frägt sich: warum erhalten nicht durch den Mangel an sinnlicher Empfindung auch die höhern Seelenkräfte einen höhern Schwung? warum sinken sie vielmehr so tief herab, daß wir im Traume alle die Ungereimtheiten im Ernste glauben, welche uns darin vorkommen? Warum verhält es sich nicht grade so, als wenn wir im Finstern säßen; denn nicht blos die Einbildungskraft, sondern auch die höhern Seelenkräfte, leisten alsdann ihre Funktionen weit besser, so daß viele denkende Köpfe, und besonders viele Engländer, sich ins Finstere setzen, oder den Eingang des Lichts bei hellem Tage verhindern, um eine Spekulation durchzudenken."

Und nun werde ich Anfang und Ende von der Anmerkung anzeigen, welche Herr M. zu dieser Stelle gemacht hat: "Diese Frage habe ich schon im gedachten Aufsatze (das ist im 9ten Bande 1ten Stück S. 2. darinn seine vorangeführte Erklärung vorkommt) auf folgende Art beantwortet," und zu Ende dieser Anmerkung sagt H. M. dem Leser im


rentheils setzt man sie in den beinahe gaͤnzlichen Mangel der sinnlichen Empfindung. Die Einbildungskraft wirkt, dieser Erklaͤrung zufolge staͤrker, weil wir von den Vorstellungen, welche uns zustroͤhmen, nicht gestoͤrt werden. Herr M. tritt dieser Meinung auch bei; denn er sagt (im 9n Bandes 1n Stuͤck S. 71.) »Die Ursache des Traumes ist eine durch die Wirksamkeit der Sinne ununterbrochene Einbildungskraft,« ich mache aber in meiner Fortsetzung (im 9ten Bande 2ten Stuͤck S. 13.) folgenden Einwurf: »Allein es fraͤgt sich: warum erhalten nicht durch den Mangel an sinnlicher Empfindung auch die hoͤhern Seelenkraͤfte einen hoͤhern Schwung? warum sinken sie vielmehr so tief herab, daß wir im Traume alle die Ungereimtheiten im Ernste glauben, welche uns darin vorkommen? Warum verhaͤlt es sich nicht grade so, als wenn wir im Finstern saͤßen; denn nicht blos die Einbildungskraft, sondern auch die hoͤhern Seelenkraͤfte, leisten alsdann ihre Funktionen weit besser, so daß viele denkende Koͤpfe, und besonders viele Englaͤnder, sich ins Finstere setzen, oder den Eingang des Lichts bei hellem Tage verhindern, um eine Spekulation durchzudenken.«

Und nun werde ich Anfang und Ende von der Anmerkung anzeigen, welche Herr M. zu dieser Stelle gemacht hat: »Diese Frage habe ich schon im gedachten Aufsatze (das ist im 9ten Bande 1ten Stuͤck S. 2. darinn seine vorangefuͤhrte Erklaͤrung vorkommt) auf folgende Art beantwortet,« und zu Ende dieser Anmerkung sagt H. M. dem Leser im

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[115/0117] rentheils setzt man sie in den beinahe gaͤnzlichen Mangel der sinnlichen Empfindung. Die Einbildungskraft wirkt, dieser Erklaͤrung zufolge staͤrker, weil wir von den Vorstellungen, welche uns zustroͤhmen, nicht gestoͤrt werden. Herr M. tritt dieser Meinung auch bei; denn er sagt (im 9n Bandes 1n Stuͤck S. 71.) »Die Ursache des Traumes ist eine durch die Wirksamkeit der Sinne ununterbrochene Einbildungskraft,« ich mache aber in meiner Fortsetzung (im 9ten Bande 2ten Stuͤck S. 13.) folgenden Einwurf: »Allein es fraͤgt sich: warum erhalten nicht durch den Mangel an sinnlicher Empfindung auch die hoͤhern Seelenkraͤfte einen hoͤhern Schwung? warum sinken sie vielmehr so tief herab, daß wir im Traume alle die Ungereimtheiten im Ernste glauben, welche uns darin vorkommen? Warum verhaͤlt es sich nicht grade so, als wenn wir im Finstern saͤßen; denn nicht blos die Einbildungskraft, sondern auch die hoͤhern Seelenkraͤfte, leisten alsdann ihre Funktionen weit besser, so daß viele denkende Koͤpfe, und besonders viele Englaͤnder, sich ins Finstere setzen, oder den Eingang des Lichts bei hellem Tage verhindern, um eine Spekulation durchzudenken.« Und nun werde ich Anfang und Ende von der Anmerkung anzeigen, welche Herr M. zu dieser Stelle gemacht hat: »Diese Frage habe ich schon im gedachten Aufsatze (das ist im 9ten Bande 1ten Stuͤck S. 2. darinn seine vorangefuͤhrte Erklaͤrung vorkommt) auf folgende Art beantwortet,« und zu Ende dieser Anmerkung sagt H. M. dem Leser im

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/117>, abgerufen am 28.04.2024.