Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Erfindungen.
dem Marino gesaget wird/ daß da er bey
dem Camin-Feur sitzend/ einige Stances
in seiner Adonis gemacht/ in den Ge-
dancken sich so vertieffet/ daß ers
nicht inne geworden/ wie ihm das
Feuer den Schenckel verbrant. Dieser
enthousiasmos weiset sich in allen Stücken ei-
nes Gedichtes; ja in den Worten selbst.
Daher man von den Poeten saget/ daß
sie eine andre Sprache haben/ und mehr
als Menschlich reden. Harstörffer ma-
chet unter die gemeine und Poetische Re-
de einen Unterscheid/ wie unter tantzen
und gehen. Es müssen die Wörter
und Phrases in gebundener/ wie in unge-
bundener Rede auch ihre Rennlichkeit und
Deutlichkeit haben/ welche Herr Tscher-
ning in der Vorrede seines Frühlings
insonderheit erfodert/ und ist alles was
dieser zu wiederläufft den Ohren unan-
genehm. Dannenhero die viele gemach-
te Dithyrambischen Composita welche einige
sehr hanuffen/ und in ihnen eine sonderli-
che Zierlichkeit suchen/ schwülstige Epi-

the-

Erfindungen.
dem Marino geſaget wird/ daß da er bey
dem Camin-Feur ſitzend/ einige Stances
in ſeiner Adonis gemacht/ in den Ge-
dancken ſich ſo vertieffet/ daß ers
nicht inne geworden/ wie ihm das
Feuer den Schenckel verbrant. Dieſer
ἐνϑουσιαςμὸς weiſet ſich in allen Stuͤcken ei-
nes Gedichtes; ja in den Worten ſelbſt.
Daher man von den Poeten ſaget/ daß
ſie eine andre Sprache haben/ und mehr
als Menſchlich reden. Harſtoͤrffer ma-
chet unter die gemeine und Poetiſche Re-
de einen Unterſcheid/ wie unter tantzen
und gehen. Es muͤſſen die Woͤrter
und Phraſes in gebundener/ wie in unge-
bundener Rede auch ihre Rennlichkeit und
Deutlichkeit haben/ welche Herr Tſcher-
ning in der Vorrede ſeines Fruͤhlings
inſonderheit erfodert/ und iſt alles was
dieſer zu wiederlaͤufft den Ohren unan-
genehm. Dannenhero die viele gemach-
te Dithyrambiſchē Compoſita welche einige
ſehr hāuffen/ und in ihnen eine ſonderli-
che Zierlichkeit ſuchen/ ſchwuͤlſtige Epi-

the-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0667" n="655"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erfindungen.</hi></fw><lb/>
dem <hi rendition="#aq">Marino</hi> ge&#x017F;aget wird/ daß da er bey<lb/>
dem Camin-Feur &#x017F;itzend/ einige <hi rendition="#aq">Stances</hi><lb/>
in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Adonis</hi> gemacht/ in den Ge-<lb/>
dancken &#x017F;ich &#x017F;o vertieffet/ daß ers<lb/>
nicht inne geworden/ wie ihm das<lb/>
Feuer den Schenckel verbrant. Die&#x017F;er<lb/>
&#x1F10;&#x03BD;&#x03D1;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03B9;&#x03B1;&#x03C2;&#x03BC;&#x1F78;&#x03C2; wei&#x017F;et &#x017F;ich in allen Stu&#x0364;cken ei-<lb/>
nes Gedichtes; ja in den Worten &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Daher man von den Poeten &#x017F;aget/ daß<lb/>
&#x017F;ie eine andre Sprache haben/ und mehr<lb/>
als Men&#x017F;chlich reden. Har&#x017F;to&#x0364;rffer ma-<lb/>
chet unter die gemeine und Poeti&#x017F;che Re-<lb/>
de einen Unter&#x017F;cheid/ wie unter tantzen<lb/>
und gehen. Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Wo&#x0364;rter<lb/>
und <hi rendition="#aq">Phra&#x017F;es</hi> in gebundener/ wie in unge-<lb/>
bundener Rede auch ihre Rennlichkeit und<lb/>
Deutlichkeit haben/ welche Herr T&#x017F;cher-<lb/>
ning in der Vorrede &#x017F;eines Fru&#x0364;hlings<lb/>
in&#x017F;onderheit erfodert/ und i&#x017F;t alles was<lb/>
die&#x017F;er zu wiederla&#x0364;ufft den Ohren unan-<lb/>
genehm. Dannenhero die viele gemach-<lb/>
te <hi rendition="#aq">Dithyrambi</hi>&#x017F;che&#x0304; <hi rendition="#aq">Compo&#x017F;ita</hi> welche einige<lb/>
&#x017F;ehr ha&#x0304;uffen/ und in ihnen eine &#x017F;onderli-<lb/>
che Zierlichkeit &#x017F;uchen/ &#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;tige <hi rendition="#aq">Epi-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">the-</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[655/0667] Erfindungen. dem Marino geſaget wird/ daß da er bey dem Camin-Feur ſitzend/ einige Stances in ſeiner Adonis gemacht/ in den Ge- dancken ſich ſo vertieffet/ daß ers nicht inne geworden/ wie ihm das Feuer den Schenckel verbrant. Dieſer ἐνϑουσιαςμὸς weiſet ſich in allen Stuͤcken ei- nes Gedichtes; ja in den Worten ſelbſt. Daher man von den Poeten ſaget/ daß ſie eine andre Sprache haben/ und mehr als Menſchlich reden. Harſtoͤrffer ma- chet unter die gemeine und Poetiſche Re- de einen Unterſcheid/ wie unter tantzen und gehen. Es muͤſſen die Woͤrter und Phraſes in gebundener/ wie in unge- bundener Rede auch ihre Rennlichkeit und Deutlichkeit haben/ welche Herr Tſcher- ning in der Vorrede ſeines Fruͤhlings inſonderheit erfodert/ und iſt alles was dieſer zu wiederlaͤufft den Ohren unan- genehm. Dannenhero die viele gemach- te Dithyrambiſchē Compoſita welche einige ſehr hāuffen/ und in ihnen eine ſonderli- che Zierlichkeit ſuchen/ ſchwuͤlſtige Epi- the-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/667
Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/667>, abgerufen am 19.05.2024.