Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das X. Cap. Von Beschaffenheit scher Sprache auch woll bewenden lassenkan. Dann in den Oden die ihre ge- wisse Strophen haben/ macht fast eine jegliche Strophe als ein absonderlich Car- men. Es ist auch diß zu mercken/ wel- ches viele nicht in acht nehmen/ daß ein jeglicher Reim gleichsam eine pausam ha- ben muß/ und es sehr hart klinget/ wann zum wenigsten mit dem Reim keine halbe Meinung schliesset; oder wann der Reim auff ein epitheton oder praeposition auß- gehet/ und das Substantivum im andern Verse nachfolget. Welches die Italian- ner sehr häuffig thun/ ja gar vor eine Zierlichkeit halten. Die Frantzosen nen- nen es eniambemens, gebrauchen sie a- ber gar wenig/ als nur an Oertern/ da mans nicht überhoben sein kan/ wie es Des Marests auff solchen Fall zugibt. Ronsard tadelt sie nicht/ Menage aber ver- wirfft sie gantz und gar in seinen Anmer- ckungen über den Melherbe p. 536. In Teutscher Sprache haben sie gar keine art/ wiewoll ich einen sonst berühmten Poe-
Das X. Cap. Von Beſchaffenheit ſcher Sprache auch woll bewenden laſſenkan. Dann in den Oden die ihre ge- wiſſe Strophen haben/ macht faſt eine jegliche Strophe als ein abſonderlich Car- men. Es iſt auch diß zu mercken/ wel- ches viele nicht in acht nehmen/ daß ein jeglicher Reim gleichſam eine pauſam ha- ben muß/ und es ſehr hart klinget/ wann zum wenigſten mit dem Reim keine halbe Meinung ſchlieſſet; oder wann der Reim auff ein epitheton oder præpoſition auß- gehet/ und das Subſtantivum im andern Verſe nachfolget. Welches die Italiā- ner ſehr haͤuffig thun/ ja gar vor eine Zierlichkeit halten. Die Frantzoſen nen- nen es eniambemens, gebrauchen ſie a- ber gar wenig/ als nur an Oertern/ da mans nicht uͤberhoben ſein kan/ wie es Des Mareſts auff ſolchen Fall zugibt. Ronſard tadelt ſie nicht/ Menage aber ver- wirfft ſie gantz und gar in ſeinen Anmer- ckungen uͤber den Melherbe p. 536. In Teutſcher Sprache haben ſie gar keine art/ wiewoll ich einen ſonſt beruͤhmten Poe-
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Das X. Cap. Von Beſchaffenheit
ſcher Sprache auch woll bewenden laſſen
kan. Dann in den Oden die ihre ge-
wiſſe Strophen haben/ macht faſt eine
jegliche Strophe als ein abſonderlich Car-
men. Es iſt auch diß zu mercken/ wel-
ches viele nicht in acht nehmen/ daß ein
jeglicher Reim gleichſam eine pauſam ha-
ben muß/ und es ſehr hart klinget/ wann
zum wenigſten mit dem Reim keine halbe
Meinung ſchlieſſet; oder wann der Reim
auff ein epitheton oder præpoſition auß-
gehet/ und das Subſtantivum im andern
Verſe nachfolget. Welches die Italiā-
ner ſehr haͤuffig thun/ ja gar vor eine
Zierlichkeit halten. Die Frantzoſen nen-
nen es eniambemens, gebrauchen ſie a-
ber gar wenig/ als nur an Oertern/ da
mans nicht uͤberhoben ſein kan/ wie es
Des Mareſts auff ſolchen Fall zugibt.
Ronſard tadelt ſie nicht/ Menage aber ver-
wirfft ſie gantz und gar in ſeinen Anmer-
ckungen uͤber den Melherbe p. 536. In
Teutſcher Sprache haben ſie gar keine
art/ wiewoll ich einen ſonſt beruͤhmten
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