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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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der Reime.

Auß diesem/ was wir weitlanufftig ange-
führet/ ist zu sehen/ daß dennoch der na-
türliche Trieb allgemählich zu solchem me-
tro disponi
ret/ und die Reime endlich
von sich selbst darauff gefolget. Es kan
aber keine Gewißheit dargethan wer-
den/ welche den ersten Anfang der Reime
gemacht. Meinem Bedüncken nach so
ist die Natur die Lehrmeisterin gewesen/
und ist nach und nach diese Reimerey
auffgekommen/ und kan vielleicht bey
den Teutschen so woll/ als bey jemand
anders am ersten gewesen sein. Wir
würden solches desto gewisser sagen
können/ wann die Uhralten Carmina noch
verhanden weren. Daß wir in Teutsch-
land sie ehe als die Frantzösischen Poeten
gehabt/ ist ausser Streit/ und droben an-
geführet. Die so genandte Versus Leo-
nini
haben sonst in der Lateinischen Spra-
che zeitig den Anfang genommen/ und
erweiset Naudaeus Addition. a l' Histoire
de Louys XI. p.
146, daß schon Anno Chr.
480, man dergleichen art Verse gehabt.

Nach-
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der Reime.

Auß dieſem/ was wir weitlāufftig ange-
fuͤhret/ iſt zu ſehen/ daß dennoch der na-
tuͤrliche Trieb allgemaͤhlich zu ſolchem me-
tro diſponi
ret/ und die Reime endlich
von ſich ſelbſt darauff gefolget. Es kan
aber keine Gewißheit dargethan wer-
den/ welche den erſten Anfang der Reime
gemacht. Meinem Beduͤncken nach ſo
iſt die Natur die Lehrmeiſterin geweſen/
und iſt nach und nach dieſe Reimerey
auffgekommen/ und kan vielleicht bey
den Teutſchen ſo woll/ als bey jemand
anders am erſten geweſen ſein. Wir
wuͤrden ſolches deſto gewiſſer ſagen
koͤnnen/ wann die Uhralten Carmina noch
verhanden weren. Daß wir in Teutſch-
land ſie ehe als die Frantzoͤſiſchen Poeten
gehabt/ iſt auſſer Streit/ und droben an-
gefuͤhret. Die ſo genandte Verſus Leo-
nini
haben ſonſt in der Lateiniſchen Spra-
che zeitig den Anfang genommen/ und
erweiſet Naudæus Addition. à l’ Hiſtoire
de Louys XI. p.
146, daß ſchon Anno Chr.
480, man dergleichen art Verſe gehabt.

Nach-
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[599/0611] der Reime. Auß dieſem/ was wir weitlāufftig ange- fuͤhret/ iſt zu ſehen/ daß dennoch der na- tuͤrliche Trieb allgemaͤhlich zu ſolchem me- tro diſponiret/ und die Reime endlich von ſich ſelbſt darauff gefolget. Es kan aber keine Gewißheit dargethan wer- den/ welche den erſten Anfang der Reime gemacht. Meinem Beduͤncken nach ſo iſt die Natur die Lehrmeiſterin geweſen/ und iſt nach und nach dieſe Reimerey auffgekommen/ und kan vielleicht bey den Teutſchen ſo woll/ als bey jemand anders am erſten geweſen ſein. Wir wuͤrden ſolches deſto gewiſſer ſagen koͤnnen/ wann die Uhralten Carmina noch verhanden weren. Daß wir in Teutſch- land ſie ehe als die Frantzoͤſiſchen Poeten gehabt/ iſt auſſer Streit/ und droben an- gefuͤhret. Die ſo genandte Verſus Leo- nini haben ſonſt in der Lateiniſchen Spra- che zeitig den Anfang genommen/ und erweiſet Naudæus Addition. à l’ Hiſtoire de Louys XI. p. 146, daß ſchon Anno Chr. 480, man dergleichen art Verſe gehabt. Nach- o o 4

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/611>, abgerufen am 19.05.2024.