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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Das VII. Cap. Von der Reime
Hätte Lope de Vega seine Comoedien al-
le in Reimen schreiben sollen/ er würde
eine so grosse Anzahl nicht hervor ge-
bracht haben. Doch würde der Dra-
matischen Poesis halber noch einiger zweif-
fel entstehen können. Dann man möchte
hie einwenden/ die Schauspiele bestün-
den auß Gesprächen/ die Gespranche auß
geschwinden Einfällen/ wozu kein Reim
sich schicke/ als welcher erst mit Mühe
und nicht ohne Kunst/ die doch billig ver-
heelet werden soll/ müsse gesuchet wer-
den. Es were dann daß man die Per-
sonen eines Schauspiels vor gebohrne
Poeten halten könte. Weßhalben auch
die Lateiner hiezu eine art Verse erwehlt/
die der ungebundnen Rede am nechsten
komt. Es geben auch einige vor/ es
sey ein Reim unfähig grosse Gedancken
außzudrücken/ und sey vor kleine dinge lä-
cherlich. Dann es könne ja nichts un-
geschickter sein/ als wann man einem
Diener ein gemeines Gewerbe/ die
Pforte zu schliessen/ die Taffel zudecken etc.

reim-

Das VII. Cap. Von der Reime
Haͤtte Lope de Vega ſeine Comoedien al-
le in Reimen ſchreiben ſollen/ er wuͤrde
eine ſo groſſe Anzahl nicht hervor ge-
bracht haben. Doch wuͤrde der Dra-
matiſchen Poeſis halber noch einiger zweif-
fel entſtehen koͤnnẽ. Dann man moͤchte
hie einwenden/ die Schauſpiele beſtuͤn-
den auß Geſpraͤchen/ die Geſprāche auß
geſchwinden Einfaͤllen/ wozu kein Reim
ſich ſchicke/ als welcher erſt mit Muͤhe
und nicht ohne Kunſt/ die doch billig ver-
heelet werden ſoll/ muͤſſe geſuchet wer-
den. Es were dann daß man die Per-
ſonen eines Schauſpiels vor gebohrne
Poeten halten koͤnte. Weßhalben auch
die Lateiner hiezu eine art Verſe erwehlt/
die der ungebundnen Rede am nechſten
komt. Es geben auch einige vor/ es
ſey ein Reim unfaͤhig groſſe Gedancken
außzudruͤcken/ und ſey vor kleine dinge laͤ-
cherlich. Dann es koͤnne ja nichts un-
geſchickter ſein/ als wann man einem
Diener ein gemeines Gewerbe/ die
Pforte zu ſchlieſſen/ die Taffel zudecken ꝛc.

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[566/0578] Das VII. Cap. Von der Reime Haͤtte Lope de Vega ſeine Comoedien al- le in Reimen ſchreiben ſollen/ er wuͤrde eine ſo groſſe Anzahl nicht hervor ge- bracht haben. Doch wuͤrde der Dra- matiſchen Poeſis halber noch einiger zweif- fel entſtehen koͤnnẽ. Dann man moͤchte hie einwenden/ die Schauſpiele beſtuͤn- den auß Geſpraͤchen/ die Geſprāche auß geſchwinden Einfaͤllen/ wozu kein Reim ſich ſchicke/ als welcher erſt mit Muͤhe und nicht ohne Kunſt/ die doch billig ver- heelet werden ſoll/ muͤſſe geſuchet wer- den. Es were dann daß man die Per- ſonen eines Schauſpiels vor gebohrne Poeten halten koͤnte. Weßhalben auch die Lateiner hiezu eine art Verſe erwehlt/ die der ungebundnen Rede am nechſten komt. Es geben auch einige vor/ es ſey ein Reim unfaͤhig groſſe Gedancken außzudruͤcken/ und ſey vor kleine dinge laͤ- cherlich. Dann es koͤnne ja nichts un- geſchickter ſein/ als wann man einem Diener ein gemeines Gewerbe/ die Pforte zu ſchlieſſen/ die Taffel zudecken ꝛc. reim-

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/578>, abgerufen am 22.11.2024.