Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

der Buchstaben.
weniger verdorben/ und von dem Ursprung
entfernet/ dann die Hoffsprache/ weiche je
mehr sie außgeputzet/ desto mehr sie von ih-
rem Anfang abweichet/ und durch die Ver-
änderung der Vocaliun, harten consonanten,
pronunciation,
und durch so viele Ableitunge
der Bedeutunge ihr selber gantz unehnlich
wird. Dieses ist nicht allein von dieser
Sprache/ sondern von allen wahr. Von der
Lateinischen sagt Quintilianus l. 9. Inst. Orat.
Si antiquum nostro sermonem compare-
mus, pene quicquid jam loquimur figura est
.
Es folget aber dieses hierauß/ daß in den
derivationibus man diesen Weg wieder
zu rücke gehen müsse/ und die Verän-
derung von Zeiten zu Zeiten mercken.
Welche nicht auff einmahl sondern
Stupffenweise geschehen. In den Wör-
tern ist nichts veränderlicher/ als die Vo-
cales,
welche ob sie zwar die Seele der-
selben seyn/ und ohne sie nicht können
außgesprochen werden/ so bleiben sie
doch bey den Orientalibus als ein prin-
cipium ideale,
und worauff die Ver-

nunfft

der Buchſtaben.
weniger veꝛdoꝛben/ uñ von dem Urſprung
entfernet/ dann die Hoffſprache/ weiche je
mehr ſie außgeputzet/ deſto mehr ſie von ih-
rem Anfang abweichet/ und durch die Ver-
aͤnderung der Vocaliũ, harten conſonanten,
pronunciation,
uñ durch ſo viele Ableitunge
der Bedeutunge ihr ſelber gantz unehnlich
wird. Dieſes iſt nicht allein von dieſer
Sprache/ ſondeꝛn von allen wahr. Von der
Lateiniſchen ſagt Quintilianus l. 9. Inſt. Orat.
Si antiquum noſtro ſermonem compare-
mus, pene quicquid jam loquimur figura eſt
.
Es folget aber dieſes hierauß/ daß in den
derivationibus man dieſen Weg wieder
zu ruͤcke gehen muͤſſe/ und die Veraͤn-
derung von Zeiten zu Zeiten mercken.
Welche nicht auff einmahl ſondern
Stupffenweiſe geſchehen. In den Woͤr-
tern iſt nichts veraͤnderlicher/ als die Vo-
cales,
welche ob ſie zwar die Seele der-
ſelben ſeyn/ und ohne ſie nicht koͤnnen
außgeſprochen werden/ ſo bleiben ſie
doch bey den Orientalibus als ein prin-
cipium ideale,
und worauff die Ver-

nunfft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0121" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Buch&#x017F;taben.</hi></fw><lb/>
weniger ve&#xA75B;do&#xA75B;ben/ un&#x0303; von dem Ur&#x017F;prung<lb/>
entfernet/ dann die Hoff&#x017F;prache/ weiche je<lb/>
mehr &#x017F;ie außgeputzet/ de&#x017F;to mehr &#x017F;ie von ih-<lb/>
rem Anfang abweichet/ und durch die Ver-<lb/>
a&#x0364;nderung der <hi rendition="#aq">Vocaliu&#x0303;,</hi> harten <hi rendition="#aq">con&#x017F;onanten,<lb/>
pronunciation,</hi> un&#x0303; durch &#x017F;o viele Ableitunge<lb/>
der Bedeutunge ihr &#x017F;elber gantz unehnlich<lb/>
wird. Die&#x017F;es i&#x017F;t nicht allein von die&#x017F;er<lb/>
Sprache/ &#x017F;onde&#xA75B;n von allen wahr. Von der<lb/>
Lateini&#x017F;chen &#x017F;agt <hi rendition="#aq">Quintilianus <hi rendition="#i">l. 9. In&#x017F;t. Orat.</hi><lb/>
Si antiquum no&#x017F;tro &#x017F;ermonem compare-<lb/>
mus, pene quicquid jam loquimur figura e&#x017F;t</hi>.<lb/>
Es folget aber die&#x017F;es hierauß/ daß in den<lb/><hi rendition="#aq">derivationibus</hi> man die&#x017F;en Weg wieder<lb/>
zu ru&#x0364;cke gehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ und die Vera&#x0364;n-<lb/>
derung von Zeiten zu Zeiten mercken.<lb/>
Welche nicht auff einmahl &#x017F;ondern<lb/>
Stupffenwei&#x017F;e ge&#x017F;chehen. In den Wo&#x0364;r-<lb/>
tern i&#x017F;t nichts vera&#x0364;nderlicher/ als die <hi rendition="#aq">Vo-<lb/>
cales,</hi> welche ob &#x017F;ie zwar die Seele der-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;eyn/ und ohne &#x017F;ie nicht ko&#x0364;nnen<lb/>
außge&#x017F;prochen werden/ &#x017F;o bleiben &#x017F;ie<lb/>
doch bey den <hi rendition="#aq">Orientalibus</hi> als ein <hi rendition="#aq">prin-<lb/>
cipium ideale,</hi> und worauff die Ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nunfft</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0121] der Buchſtaben. weniger veꝛdoꝛben/ uñ von dem Urſprung entfernet/ dann die Hoffſprache/ weiche je mehr ſie außgeputzet/ deſto mehr ſie von ih- rem Anfang abweichet/ und durch die Ver- aͤnderung der Vocaliũ, harten conſonanten, pronunciation, uñ durch ſo viele Ableitunge der Bedeutunge ihr ſelber gantz unehnlich wird. Dieſes iſt nicht allein von dieſer Sprache/ ſondeꝛn von allen wahr. Von der Lateiniſchen ſagt Quintilianus l. 9. Inſt. Orat. Si antiquum noſtro ſermonem compare- mus, pene quicquid jam loquimur figura eſt. Es folget aber dieſes hierauß/ daß in den derivationibus man dieſen Weg wieder zu ruͤcke gehen muͤſſe/ und die Veraͤn- derung von Zeiten zu Zeiten mercken. Welche nicht auff einmahl ſondern Stupffenweiſe geſchehen. In den Woͤr- tern iſt nichts veraͤnderlicher/ als die Vo- cales, welche ob ſie zwar die Seele der- ſelben ſeyn/ und ohne ſie nicht koͤnnen außgeſprochen werden/ ſo bleiben ſie doch bey den Orientalibus als ein prin- cipium ideale, und worauff die Ver- nunfft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/121
Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/121>, abgerufen am 22.11.2024.