Morgenstern, Lina: Ein offenes Wort über das medizinische Studium der Frauen an Herrn Prof. Dr. W. Waldeyer. Berlin, 1888.Bei uns hätte die Frau als Ärztin auf dem Lande ein großes15.491 Was wird da allein bei der Geburtshülfe durch rohe, 15.493 Dr. Haufe sagte in seinen Briefen an eine Mutter: In England, Italien, Belgien, Schweden, Norwegen,15.502 Nur Deutschlands Behörden und Gelehrte verweigern den15.510 Ein Trost ist es uns, daß es bereits gelehrte Männer giebt,15.514 Professor Heiberg's Schreiben an das akademische Kollegium15.525
Bei uns hätte die Frau als Ärztin auf dem Lande ein großes15.491 Was wird da allein bei der Geburtshülfe durch rohe, 15.493 Dr. Haufe sagte in seinen Briefen an eine Mutter: In England, Italien, Belgien, Schweden, Norwegen,15.502 Nur Deutschlands Behörden und Gelehrte verweigern den15.510 Ein Trost ist es uns, daß es bereits gelehrte Männer giebt,15.514 Professor Heiberg's Schreiben an das akademische Kollegium15.525
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0014" n="15"/> <p> Bei uns hätte die Frau als Ärztin auf dem Lande ein großes<lb n="15.491"/> Feld der segensreichen Thätigkeit.<lb n="15.492"/> </p> <p> Was wird da allein bei der Geburtshülfe durch rohe, <lb n="15.493"/> ungebildete und mangelhaft unterrichtete Hebeammen gesündigt.<lb n="15.494"/> </p> <p> Dr. Haufe sagte in seinen Briefen an eine Mutter: <q who="Haufe">Wir<lb n="15.495"/> Deutsche haben die Gewohnheit über Probleme zu klügeln, zu<lb n="15.496"/> philosophieren, über die Möglichkeit der Ausführung, den Nutzen<lb n="15.497"/> oder Schaden, den Wert oder Unwert einer Sache zu tifteln und<lb n="15.498"/> zu streiten und ehe wir einig geworden, haben bereits andere <lb n="15.499"/> Nationen das Beste darin genommen!</q> So ist es auch mit dem<lb n="15.500"/> Frauenstudium.<lb n="15.501"/> </p> <p> In England, Italien, Belgien, Schweden, Norwegen,<lb n="15.502"/> Dänemark und Holland dürfen Frauen studieren und machen<lb n="15.503"/> davon, wenn auch mäßigen Gebrauch. Überall, wo Ärztinnen<lb n="15.504"/> sich niederlassen, gewinnen sie das Vertrauen, ja zwei geistvolle<lb n="15.505"/> und edle Fürstinnen, die <hi rendition="#g">Königin von Italien</hi> und die <hi rendition="#g">Königin<lb n="15.506"/> von Rumänien</hi>, haben sich Leibärztinnen erwählt und damit den<lb n="15.507"/> Beweis geliefert, daß sie es für notwendig und segensvoll halten,<lb n="15.508"/> wenn Frauen sich dem medizinischen Berufe zuwenden.<lb n="15.509"/> </p> <p> Nur Deutschlands Behörden und Gelehrte verweigern den<lb n="15.510"/> Töchtern die wissenschaftliche Ausbildung im Vaterlande, obgleich<lb n="15.511"/> es in unserem preußischen Landesgesetz heißt: die Wissenschaft ist<lb n="15.512"/> frei und alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich!<lb n="15.513"/> </p> <p> Ein Trost ist es uns, daß es bereits gelehrte Männer giebt,<lb n="15.514"/> welche unsern Standpunkt teilen. So beziehe ich mich z. B. auf<lb n="15.515"/> das Schreiben des Professors <hi rendition="#g">Heiberg</hi>, Mitglied der medizinischen<lb n="15.516"/> Fakultät in Christiania, welches dieser Herr an das akademische<lb n="15.517"/> Kollegium in Christiania 1885 gerichtet hatte, nachdem die <lb n="15.518"/> medizinische Fakultät dort erklärte, daß sie es noch nicht für rätlich hielt,<lb n="15.519"/> Veranstaltungen zu treffen, um Frauen Gelegenheit zu geben, sich<lb n="15.520"/> zu Ärztinnen zu bilden. Beachtenswert ist es dabei, daß die<lb n="15.521"/> norwegischen Frauen sofort einen Verteidiger ihrer Rechte gefunden<lb n="15.522"/> hatten, während auf der deutschen Naturforscherversammlung, Ihr<lb n="15.523"/> Vortrag, hochgeehrter Herr Professor, ungeteilten Beifall fand.<lb n="15.524"/> </p> <p> Professor <hi rendition="#g">Heiberg's</hi> Schreiben an das akademische Kollegium<lb n="15.525"/> lautet in extenso: <q who="Heiberg">In Anlaß des Schreibens vom 28. Oktober<lb n="15.526"/> v. I. erlaube ich mir anzuführen, daß die Erklärung der <lb n="15.527"/> medizinischen Fakultät vom 22. Mai v. I. während meines Aufenthalts<lb n="15.528"/> im Süden abgegeben wurde. Ich unterschrieb dieselbe deshalb<lb n="15.529"/> nicht und bin auch einer ganz anderen Meinung als die übrigen<lb n="15.530"/> Herren der Fakultät.</q><lb n="15.531"/> </p> <p> <q who="Heiberg">Ich finde nämlich, daß nichts zu teuer dafür ist, der Frau<lb n="15.532"/> </q> </p> </body> </text> </TEI> [15/0014]
Bei uns hätte die Frau als Ärztin auf dem Lande ein großes 15.491
Feld der segensreichen Thätigkeit. 15.492
Was wird da allein bei der Geburtshülfe durch rohe, 15.493
ungebildete und mangelhaft unterrichtete Hebeammen gesündigt. 15.494
Dr. Haufe sagte in seinen Briefen an eine Mutter: Wir 15.495
Deutsche haben die Gewohnheit über Probleme zu klügeln, zu 15.496
philosophieren, über die Möglichkeit der Ausführung, den Nutzen 15.497
oder Schaden, den Wert oder Unwert einer Sache zu tifteln und 15.498
zu streiten und ehe wir einig geworden, haben bereits andere 15.499
Nationen das Beste darin genommen! So ist es auch mit dem 15.500
Frauenstudium. 15.501
In England, Italien, Belgien, Schweden, Norwegen, 15.502
Dänemark und Holland dürfen Frauen studieren und machen 15.503
davon, wenn auch mäßigen Gebrauch. Überall, wo Ärztinnen 15.504
sich niederlassen, gewinnen sie das Vertrauen, ja zwei geistvolle 15.505
und edle Fürstinnen, die Königin von Italien und die Königin 15.506
von Rumänien, haben sich Leibärztinnen erwählt und damit den 15.507
Beweis geliefert, daß sie es für notwendig und segensvoll halten, 15.508
wenn Frauen sich dem medizinischen Berufe zuwenden. 15.509
Nur Deutschlands Behörden und Gelehrte verweigern den 15.510
Töchtern die wissenschaftliche Ausbildung im Vaterlande, obgleich 15.511
es in unserem preußischen Landesgesetz heißt: die Wissenschaft ist 15.512
frei und alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich! 15.513
Ein Trost ist es uns, daß es bereits gelehrte Männer giebt, 15.514
welche unsern Standpunkt teilen. So beziehe ich mich z. B. auf 15.515
das Schreiben des Professors Heiberg, Mitglied der medizinischen 15.516
Fakultät in Christiania, welches dieser Herr an das akademische 15.517
Kollegium in Christiania 1885 gerichtet hatte, nachdem die 15.518
medizinische Fakultät dort erklärte, daß sie es noch nicht für rätlich hielt, 15.519
Veranstaltungen zu treffen, um Frauen Gelegenheit zu geben, sich 15.520
zu Ärztinnen zu bilden. Beachtenswert ist es dabei, daß die 15.521
norwegischen Frauen sofort einen Verteidiger ihrer Rechte gefunden 15.522
hatten, während auf der deutschen Naturforscherversammlung, Ihr 15.523
Vortrag, hochgeehrter Herr Professor, ungeteilten Beifall fand. 15.524
Professor Heiberg's Schreiben an das akademische Kollegium 15.525
lautet in extenso: In Anlaß des Schreibens vom 28. Oktober 15.526
v. I. erlaube ich mir anzuführen, daß die Erklärung der 15.527
medizinischen Fakultät vom 22. Mai v. I. während meines Aufenthalts 15.528
im Süden abgegeben wurde. Ich unterschrieb dieselbe deshalb 15.529
nicht und bin auch einer ganz anderen Meinung als die übrigen 15.530
Herren der Fakultät. 15.531
Ich finde nämlich, daß nichts zu teuer dafür ist, der Frau 15.532
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Schulz, Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2011-11-20T12:00:00Z)
Google: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2011-11-20T12:00:00Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |