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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
auch noch nach Caesar von Communen des Westens geschlagen
ward; allein auch diese Scheidemünze ward durchgängig auf rö-
mischen Fuss geprägt und war überdies wahrscheinlich nur als lo-
cales Circulationsmittel obligatorisch. Auf weit grössere Schwierig-
keiten stiess die Regulierung des Münzwesens im Osten, wo grosse
Massen groben grossentheils zu leicht ausgebrachten oder ver-
nutzten Silbergeldes, zum Theil auch, wie in Aegypten, eine un-
serem Papiergeld verwandte Kupfermünze umlief und die Einfüh-
rung des römischen Münzsystems nicht ohne ungeheure Verluste
sich hätte bewerkstelligen lassen. Es kam hinzu, dass der Denar
daselbst fremd war und die syrischen Handelsstädte den Mangel
ihrer bisherigen dem mesopotamischen Courant entsprechenden
Landesmünze sehr schwer empfunden haben würden. Wir finden
hier später die Einrichtung, dass der Denar überall gesetzlichen
Curs hat und officiell nur nach ihm gerechnet wird*, die Local-
münzen aber innerhalb ihres beschränkteren Rayons zwar auch
Legalcurs, aber nach einem für sie ungünstigen Tarif gegen den
Denar haben**; wenn sie nicht von Caesar selbst herrührt, so
ist sie doch als wesentliche Ergänzung der von ihm herrührenden
Reichsmünzinstitution und in seinem Sinne angeordnet worden.
-- Verwandter Art war die Kalenderreform. Der republikanische
Kalender, unglaublicher Weise immer noch der alte Decemviral-
kalender des vormetonischen Mondjahrs (I, 301), war durch die
Verbindung elendester Mathematik und elendester Administration
dahin gelangt um volle 67 Tage der wahren Zeit voranzugehen
und zum Beispiel das Blüthenfest statt am 28. April am 11. Juli
zu feiern. Caesar beseitigte endlich diesen Scandal und führte mit
Hülfe des alexandrinischen Mathematikers Sosigenes das aegyp-
tische Sonnenjahr so wie ein verständiges Einschaltungssystem in
Rom ein. -- Er ward damit der Urheber des nach ihm benannten
julianischen Kalenders, der lange nach dem Untergang der Mo-
narchie Caesars in der gebildeten Welt massgebend geblieben und
in der Hauptsache es noch ist. Zur Erläuterung ward in einem
ausführlichen Edict ein den aegyptischen Himmelsbeobachtungen
entnommener und, freilich nicht geschickt, auf Italien übertra-

* Es giebt wohl keine Inschrift der Kaiserzeit, die Geldsummen anders
als in römischer Münze angäbe.
** So gilt das antiochische Tetradrachmon, durchschnittlich 15 Gramme
Silber schwer, gleich 3 römischen Denaren, die nur gegen 12 Gramme wie-
gen; so der kleinasiatische Cistophorus nach Silberwerth über 3, nach dem
Legaltarif 21/2 Denare; so die rhodische halbe Drachme nach Silberwerth
3/4, nach dem Legaltarif 5/8 Denare, und so weiter.

FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
auch noch nach Caesar von Communen des Westens geschlagen
ward; allein auch diese Scheidemünze ward durchgängig auf rö-
mischen Fuſs geprägt und war überdies wahrscheinlich nur als lo-
cales Circulationsmittel obligatorisch. Auf weit gröſsere Schwierig-
keiten stieſs die Regulierung des Münzwesens im Osten, wo groſse
Massen groben groſsentheils zu leicht ausgebrachten oder ver-
nutzten Silbergeldes, zum Theil auch, wie in Aegypten, eine un-
serem Papiergeld verwandte Kupfermünze umlief und die Einfüh-
rung des römischen Münzsystems nicht ohne ungeheure Verluste
sich hätte bewerkstelligen lassen. Es kam hinzu, daſs der Denar
daselbst fremd war und die syrischen Handelsstädte den Mangel
ihrer bisherigen dem mesopotamischen Courant entsprechenden
Landesmünze sehr schwer empfunden haben würden. Wir finden
hier später die Einrichtung, daſs der Denar überall gesetzlichen
Curs hat und officiell nur nach ihm gerechnet wird*, die Local-
münzen aber innerhalb ihres beschränkteren Rayons zwar auch
Legalcurs, aber nach einem für sie ungünstigen Tarif gegen den
Denar haben**; wenn sie nicht von Caesar selbst herrührt, so
ist sie doch als wesentliche Ergänzung der von ihm herrührenden
Reichsmünzinstitution und in seinem Sinne angeordnet worden.
— Verwandter Art war die Kalenderreform. Der republikanische
Kalender, unglaublicher Weise immer noch der alte Decemviral-
kalender des vormetonischen Mondjahrs (I, 301), war durch die
Verbindung elendester Mathematik und elendester Administration
dahin gelangt um volle 67 Tage der wahren Zeit voranzugehen
und zum Beispiel das Blüthenfest statt am 28. April am 11. Juli
zu feiern. Caesar beseitigte endlich diesen Scandal und führte mit
Hülfe des alexandrinischen Mathematikers Sosigenes das aegyp-
tische Sonnenjahr so wie ein verständiges Einschaltungssystem in
Rom ein. — Er ward damit der Urheber des nach ihm benannten
julianischen Kalenders, der lange nach dem Untergang der Mo-
narchie Caesars in der gebildeten Welt maſsgebend geblieben und
in der Hauptsache es noch ist. Zur Erläuterung ward in einem
ausführlichen Edict ein den aegyptischen Himmelsbeobachtungen
entnommener und, freilich nicht geschickt, auf Italien übertra-

* Es giebt wohl keine Inschrift der Kaiserzeit, die Geldsummen anders
als in römischer Münze angäbe.
** So gilt das antiochische Tetradrachmon, durchschnittlich 15 Gramme
Silber schwer, gleich 3 römischen Denaren, die nur gegen 12 Gramme wie-
gen; so der kleinasiatische Cistophorus nach Silberwerth über 3, nach dem
Legaltarif 2½ Denare; so die rhodische halbe Drachme nach Silberwerth
¾, nach dem Legaltarif ⅝ Denare, und so weiter.
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[522/0532] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. auch noch nach Caesar von Communen des Westens geschlagen ward; allein auch diese Scheidemünze ward durchgängig auf rö- mischen Fuſs geprägt und war überdies wahrscheinlich nur als lo- cales Circulationsmittel obligatorisch. Auf weit gröſsere Schwierig- keiten stieſs die Regulierung des Münzwesens im Osten, wo groſse Massen groben groſsentheils zu leicht ausgebrachten oder ver- nutzten Silbergeldes, zum Theil auch, wie in Aegypten, eine un- serem Papiergeld verwandte Kupfermünze umlief und die Einfüh- rung des römischen Münzsystems nicht ohne ungeheure Verluste sich hätte bewerkstelligen lassen. Es kam hinzu, daſs der Denar daselbst fremd war und die syrischen Handelsstädte den Mangel ihrer bisherigen dem mesopotamischen Courant entsprechenden Landesmünze sehr schwer empfunden haben würden. Wir finden hier später die Einrichtung, daſs der Denar überall gesetzlichen Curs hat und officiell nur nach ihm gerechnet wird *, die Local- münzen aber innerhalb ihres beschränkteren Rayons zwar auch Legalcurs, aber nach einem für sie ungünstigen Tarif gegen den Denar haben **; wenn sie nicht von Caesar selbst herrührt, so ist sie doch als wesentliche Ergänzung der von ihm herrührenden Reichsmünzinstitution und in seinem Sinne angeordnet worden. — Verwandter Art war die Kalenderreform. Der republikanische Kalender, unglaublicher Weise immer noch der alte Decemviral- kalender des vormetonischen Mondjahrs (I, 301), war durch die Verbindung elendester Mathematik und elendester Administration dahin gelangt um volle 67 Tage der wahren Zeit voranzugehen und zum Beispiel das Blüthenfest statt am 28. April am 11. Juli zu feiern. Caesar beseitigte endlich diesen Scandal und führte mit Hülfe des alexandrinischen Mathematikers Sosigenes das aegyp- tische Sonnenjahr so wie ein verständiges Einschaltungssystem in Rom ein. — Er ward damit der Urheber des nach ihm benannten julianischen Kalenders, der lange nach dem Untergang der Mo- narchie Caesars in der gebildeten Welt maſsgebend geblieben und in der Hauptsache es noch ist. Zur Erläuterung ward in einem ausführlichen Edict ein den aegyptischen Himmelsbeobachtungen entnommener und, freilich nicht geschickt, auf Italien übertra- * Es giebt wohl keine Inschrift der Kaiserzeit, die Geldsummen anders als in römischer Münze angäbe. ** So gilt das antiochische Tetradrachmon, durchschnittlich 15 Gramme Silber schwer, gleich 3 römischen Denaren, die nur gegen 12 Gramme wie- gen; so der kleinasiatische Cistophorus nach Silberwerth über 3, nach dem Legaltarif 2½ Denare; so die rhodische halbe Drachme nach Silberwerth ¾, nach dem Legaltarif ⅝ Denare, und so weiter.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/532>, abgerufen am 18.05.2024.