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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
bisher jeder in der ganzen Stadt zu wirthschaften, angehalten
wurden jeder einen bestimmt abgegrenzten Polizeidistrict zu über-
wachen. Endlich das hauptstädtische Bauwesen und die damit
zusammenhängende Fürsorge für die gemeinnützigen Anstalten
überhaupt nahm durch Caesar, der die Baulust des Römers und
des Organisators in sich vereinigte, plötzlich einen Aufschwung,
der nicht bloss die Misswirthschaft der letzten anarchischen Zei-
ten beschämte, sondern auch alles, was die römische Aristokratie
in ihrer besten Zeit geleistet hatte, so weit hinter sich liess wie
Caesars Genie das redliche Bemühen der Marcier und der Aemi-
lier. Es war nicht bloss die Ausdehnung der Bauten an sich und
die Grösse der darauf verwandten Summen, durch die Caesar
seine Vorgänger übertraf, sondern der echt staatsmännische und
gemeinnützige Sinn, der das, was Caesar für die öffentlichen An-
stalten Roms that, vor allen ähnlichen Leistungen auszeichnet.
Er baute nicht, wie man pflegte, Tempel und sonstige Pracht-
gebäude, sondern er entlastete den Markt von Rom, auf dem sich
immer noch die Bürgerversammlungen, die Hauptgerichtstätten,
die Börse und der tägliche Geschäftsverkehr wie der tägliche
Müssiggang zusammendrängten, wenigstens von den Versamm-
lungen und den Gerichten, indem er für jene eine neue Ding-
stätte, die Saepta Julia auf dem Marsfeld, für diese einen beson-
deren Gerichtsmarkt, das Forum Julium zwischen Capitol und
Palatin, anlegen liess. Verwandten Geistes ist die von ihm her-
rührende Einrichtung, dass den hauptstädtischen Bädern jähr-
lich 3 Millionen Pfund Oel, grösstentheils aus Africa, geliefert
und diese dadurch in den Stand gesetzt wurden den Badenden
das zum Salben des Körpers erforderliche Oel unentgeltlich zu
verabfolgen -- eine nach der alten wesentlich auf Baden und
Salben gegründeten Diätetik höchst zweckmässige Massregel der
Reinlichkeits- und Gesundheitspolizei. Indess diese grossartigen
Einrichtungen waren nur die ersten Anfänge einer vollständigen
Umwandlung Roms. Bereits waren die Entwürfe gemacht zu
einem neuen Rathhaus, einem neuen prachtvollen Bazar, einem
mit dem pompeischen wetteifernden Theater, einer öffentlichen
lateinischen und griechischen Bibliothek nach dem Muster der
kürzlich zu Grunde gegangenen von Alexandreia -- die erste
Anstalt der Art in Rom --, endlich zu einem Tempel des Mars,
der an Reichthum und Herrlichkeit alles bisher da Gewesene
überboten haben würde. Genialer noch war der Gedanke den
ganzen unteren Lauf des Tiberstroms zu ändern und ihn von
dem heutigen Ponte Molle an, statt zwischen dem vaticanischen

FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
bisher jeder in der ganzen Stadt zu wirthschaften, angehalten
wurden jeder einen bestimmt abgegrenzten Polizeidistrict zu über-
wachen. Endlich das hauptstädtische Bauwesen und die damit
zusammenhängende Fürsorge für die gemeinnützigen Anstalten
überhaupt nahm durch Caesar, der die Baulust des Römers und
des Organisators in sich vereinigte, plötzlich einen Aufschwung,
der nicht bloſs die Miſswirthschaft der letzten anarchischen Zei-
ten beschämte, sondern auch alles, was die römische Aristokratie
in ihrer besten Zeit geleistet hatte, so weit hinter sich lieſs wie
Caesars Genie das redliche Bemühen der Marcier und der Aemi-
lier. Es war nicht bloſs die Ausdehnung der Bauten an sich und
die Gröſse der darauf verwandten Summen, durch die Caesar
seine Vorgänger übertraf, sondern der echt staatsmännische und
gemeinnützige Sinn, der das, was Caesar für die öffentlichen An-
stalten Roms that, vor allen ähnlichen Leistungen auszeichnet.
Er baute nicht, wie man pflegte, Tempel und sonstige Pracht-
gebäude, sondern er entlastete den Markt von Rom, auf dem sich
immer noch die Bürgerversammlungen, die Hauptgerichtstätten,
die Börse und der tägliche Geschäftsverkehr wie der tägliche
Müssiggang zusammendrängten, wenigstens von den Versamm-
lungen und den Gerichten, indem er für jene eine neue Ding-
stätte, die Saepta Julia auf dem Marsfeld, für diese einen beson-
deren Gerichtsmarkt, das Forum Julium zwischen Capitol und
Palatin, anlegen lieſs. Verwandten Geistes ist die von ihm her-
rührende Einrichtung, daſs den hauptstädtischen Bädern jähr-
lich 3 Millionen Pfund Oel, gröſstentheils aus Africa, geliefert
und diese dadurch in den Stand gesetzt wurden den Badenden
das zum Salben des Körpers erforderliche Oel unentgeltlich zu
verabfolgen — eine nach der alten wesentlich auf Baden und
Salben gegründeten Diätetik höchst zweckmäſsige Maſsregel der
Reinlichkeits- und Gesundheitspolizei. Indeſs diese groſsartigen
Einrichtungen waren nur die ersten Anfänge einer vollständigen
Umwandlung Roms. Bereits waren die Entwürfe gemacht zu
einem neuen Rathhaus, einem neuen prachtvollen Bazar, einem
mit dem pompeischen wetteifernden Theater, einer öffentlichen
lateinischen und griechischen Bibliothek nach dem Muster der
kürzlich zu Grunde gegangenen von Alexandreia — die erste
Anstalt der Art in Rom —, endlich zu einem Tempel des Mars,
der an Reichthum und Herrlichkeit alles bisher da Gewesene
überboten haben würde. Genialer noch war der Gedanke den
ganzen unteren Lauf des Tiberstroms zu ändern und ihn von
dem heutigen Ponte Molle an, statt zwischen dem vaticanischen

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[478/0488] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. bisher jeder in der ganzen Stadt zu wirthschaften, angehalten wurden jeder einen bestimmt abgegrenzten Polizeidistrict zu über- wachen. Endlich das hauptstädtische Bauwesen und die damit zusammenhängende Fürsorge für die gemeinnützigen Anstalten überhaupt nahm durch Caesar, der die Baulust des Römers und des Organisators in sich vereinigte, plötzlich einen Aufschwung, der nicht bloſs die Miſswirthschaft der letzten anarchischen Zei- ten beschämte, sondern auch alles, was die römische Aristokratie in ihrer besten Zeit geleistet hatte, so weit hinter sich lieſs wie Caesars Genie das redliche Bemühen der Marcier und der Aemi- lier. Es war nicht bloſs die Ausdehnung der Bauten an sich und die Gröſse der darauf verwandten Summen, durch die Caesar seine Vorgänger übertraf, sondern der echt staatsmännische und gemeinnützige Sinn, der das, was Caesar für die öffentlichen An- stalten Roms that, vor allen ähnlichen Leistungen auszeichnet. Er baute nicht, wie man pflegte, Tempel und sonstige Pracht- gebäude, sondern er entlastete den Markt von Rom, auf dem sich immer noch die Bürgerversammlungen, die Hauptgerichtstätten, die Börse und der tägliche Geschäftsverkehr wie der tägliche Müssiggang zusammendrängten, wenigstens von den Versamm- lungen und den Gerichten, indem er für jene eine neue Ding- stätte, die Saepta Julia auf dem Marsfeld, für diese einen beson- deren Gerichtsmarkt, das Forum Julium zwischen Capitol und Palatin, anlegen lieſs. Verwandten Geistes ist die von ihm her- rührende Einrichtung, daſs den hauptstädtischen Bädern jähr- lich 3 Millionen Pfund Oel, gröſstentheils aus Africa, geliefert und diese dadurch in den Stand gesetzt wurden den Badenden das zum Salben des Körpers erforderliche Oel unentgeltlich zu verabfolgen — eine nach der alten wesentlich auf Baden und Salben gegründeten Diätetik höchst zweckmäſsige Maſsregel der Reinlichkeits- und Gesundheitspolizei. Indeſs diese groſsartigen Einrichtungen waren nur die ersten Anfänge einer vollständigen Umwandlung Roms. Bereits waren die Entwürfe gemacht zu einem neuen Rathhaus, einem neuen prachtvollen Bazar, einem mit dem pompeischen wetteifernden Theater, einer öffentlichen lateinischen und griechischen Bibliothek nach dem Muster der kürzlich zu Grunde gegangenen von Alexandreia — die erste Anstalt der Art in Rom —, endlich zu einem Tempel des Mars, der an Reichthum und Herrlichkeit alles bisher da Gewesene überboten haben würde. Genialer noch war der Gedanke den ganzen unteren Lauf des Tiberstroms zu ändern und ihn von dem heutigen Ponte Molle an, statt zwischen dem vaticanischen

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/488>, abgerufen am 22.05.2024.