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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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REPUBLIK UND MONARCHIE.
Statthalterschaften, die, nachdem sie ihre finanziellen Geschäfte
an die neuen kaiserlichen Steuereinnehmer abgegeben, mehr
noch als bisher wesentlich Militärcommandos waren, ging nur
die aegyptische an die eigenen Leute des Monarchen über. Die in
eigenthümlicher Art geographisch isolirte und politisch centrali-
sirte Landschaft am Nil war, wie schon die während der letzten
Krise mehrfach vorgekommenen Versuche bedrängter italischer
Parteichefs daselbst sich festzusetzen hinreichend bewiesen, wie
kein anderer District geeignet unter einem fähigen Führer von
der Centralgewalt auf die Dauer sich loszumachen. Wahrschein-
lich war es eben diese Rücksicht, die Caesar bestimmte das Land
nicht förmlich zur Provinz zu machen, sondern die ungefährli-
chen Lagiden daselbst zu dulden; und sicher wurden aus diesem
Grunde die in Aegypten stationirenden Legionen nicht einem dem
Senat, das heisst der ehemaligen Regierung angehörigen Manne
anvertraut, sondern dieses Commando, ähnlich wie die Steuer-
einnehmerstellen, als ein Gesindeposten behandelt (S. 410). Im
Allgemeinen aber überwog bei Caesar die Rücksicht, die Soldaten
Roms nicht, wie die der Könige des Ostens, durch Lakaien com-
mandiren zu lassen; es blieb Regel die bedeutenderen Statthalter-
schaften mit gewesenen Consuln, die geringeren mit gewesenen
Prätoren zu besetzen. Dagegen die Vertheilung der Provinzen
unter die qualificirten Candidaten, die bisher bald durch Volks-
oder Senatsbeschluss, bald durch Vereinbarung der Beamten oder
durch das Loos erfolgt war, ging über an den Monarchen; und
indem die Consuln häufig veranlasst wurden vor Ende des Jahres
abzudanken und nachgewählten Consuln (consules suffecti) Platz
zu machen, ferner die Zahl der jährlich ernannten Prätoren von
acht auf sechzehn erhöht und dem Imperator die Ernennung der
Hälfte derselben in ähnlicher Art wie die der Hälfte der Quästoren
übertragen ward, endlich demselben das Recht reservirt blieb
Titularconsuln und Titularprätoren ebenso wie Titularquästoren
zu ernennen, sicherte Caesar sich für die Besetzung der Statt-
halterschaften eine hinreichende Zahl von ihm genehmen Candi-
daten. Die Abberufung blieb natürlich dem Ermessen des Re-
genten anheimgestellt ebenso wie die Ernennung; als Regel wurde
angenommen, dass der consularische Statthalter nicht über zwei,
der prätorische nicht über ein Jahr in der Provinz bleiben solle.
Was endlich die Verwaltung der Haupt- und Residenzstadt an-
langt, so beabsichtigte der Imperator eine Zeitlang offenbar auch
diese in ähnlicher Weise Beamten anzuvertrauen, welche er selber
bestellt hatte. Er rief die alte Stadtverweserschaft der Königszeit

REPUBLIK UND MONARCHIE.
Statthalterschaften, die, nachdem sie ihre finanziellen Geschäfte
an die neuen kaiserlichen Steuereinnehmer abgegeben, mehr
noch als bisher wesentlich Militärcommandos waren, ging nur
die aegyptische an die eigenen Leute des Monarchen über. Die in
eigenthümlicher Art geographisch isolirte und politisch centrali-
sirte Landschaft am Nil war, wie schon die während der letzten
Krise mehrfach vorgekommenen Versuche bedrängter italischer
Parteichefs daselbst sich festzusetzen hinreichend bewiesen, wie
kein anderer District geeignet unter einem fähigen Führer von
der Centralgewalt auf die Dauer sich loszumachen. Wahrschein-
lich war es eben diese Rücksicht, die Caesar bestimmte das Land
nicht förmlich zur Provinz zu machen, sondern die ungefährli-
chen Lagiden daselbst zu dulden; und sicher wurden aus diesem
Grunde die in Aegypten stationirenden Legionen nicht einem dem
Senat, das heiſst der ehemaligen Regierung angehörigen Manne
anvertraut, sondern dieses Commando, ähnlich wie die Steuer-
einnehmerstellen, als ein Gesindeposten behandelt (S. 410). Im
Allgemeinen aber überwog bei Caesar die Rücksicht, die Soldaten
Roms nicht, wie die der Könige des Ostens, durch Lakaien com-
mandiren zu lassen; es blieb Regel die bedeutenderen Statthalter-
schaften mit gewesenen Consuln, die geringeren mit gewesenen
Prätoren zu besetzen. Dagegen die Vertheilung der Provinzen
unter die qualificirten Candidaten, die bisher bald durch Volks-
oder Senatsbeschluſs, bald durch Vereinbarung der Beamten oder
durch das Loos erfolgt war, ging über an den Monarchen; und
indem die Consuln häufig veranlaſst wurden vor Ende des Jahres
abzudanken und nachgewählten Consuln (consules suffecti) Platz
zu machen, ferner die Zahl der jährlich ernannten Prätoren von
acht auf sechzehn erhöht und dem Imperator die Ernennung der
Hälfte derselben in ähnlicher Art wie die der Hälfte der Quästoren
übertragen ward, endlich demselben das Recht reservirt blieb
Titularconsuln und Titularprätoren ebenso wie Titularquästoren
zu ernennen, sicherte Caesar sich für die Besetzung der Statt-
halterschaften eine hinreichende Zahl von ihm genehmen Candi-
daten. Die Abberufung blieb natürlich dem Ermessen des Re-
genten anheimgestellt ebenso wie die Ernennung; als Regel wurde
angenommen, daſs der consularische Statthalter nicht über zwei,
der prätorische nicht über ein Jahr in der Provinz bleiben solle.
Was endlich die Verwaltung der Haupt- und Residenzstadt an-
langt, so beabsichtigte der Imperator eine Zeitlang offenbar auch
diese in ähnlicher Weise Beamten anzuvertrauen, welche er selber
bestellt hatte. Er rief die alte Stadtverweserschaft der Königszeit

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[455/0465] REPUBLIK UND MONARCHIE. Statthalterschaften, die, nachdem sie ihre finanziellen Geschäfte an die neuen kaiserlichen Steuereinnehmer abgegeben, mehr noch als bisher wesentlich Militärcommandos waren, ging nur die aegyptische an die eigenen Leute des Monarchen über. Die in eigenthümlicher Art geographisch isolirte und politisch centrali- sirte Landschaft am Nil war, wie schon die während der letzten Krise mehrfach vorgekommenen Versuche bedrängter italischer Parteichefs daselbst sich festzusetzen hinreichend bewiesen, wie kein anderer District geeignet unter einem fähigen Führer von der Centralgewalt auf die Dauer sich loszumachen. Wahrschein- lich war es eben diese Rücksicht, die Caesar bestimmte das Land nicht förmlich zur Provinz zu machen, sondern die ungefährli- chen Lagiden daselbst zu dulden; und sicher wurden aus diesem Grunde die in Aegypten stationirenden Legionen nicht einem dem Senat, das heiſst der ehemaligen Regierung angehörigen Manne anvertraut, sondern dieses Commando, ähnlich wie die Steuer- einnehmerstellen, als ein Gesindeposten behandelt (S. 410). Im Allgemeinen aber überwog bei Caesar die Rücksicht, die Soldaten Roms nicht, wie die der Könige des Ostens, durch Lakaien com- mandiren zu lassen; es blieb Regel die bedeutenderen Statthalter- schaften mit gewesenen Consuln, die geringeren mit gewesenen Prätoren zu besetzen. Dagegen die Vertheilung der Provinzen unter die qualificirten Candidaten, die bisher bald durch Volks- oder Senatsbeschluſs, bald durch Vereinbarung der Beamten oder durch das Loos erfolgt war, ging über an den Monarchen; und indem die Consuln häufig veranlaſst wurden vor Ende des Jahres abzudanken und nachgewählten Consuln (consules suffecti) Platz zu machen, ferner die Zahl der jährlich ernannten Prätoren von acht auf sechzehn erhöht und dem Imperator die Ernennung der Hälfte derselben in ähnlicher Art wie die der Hälfte der Quästoren übertragen ward, endlich demselben das Recht reservirt blieb Titularconsuln und Titularprätoren ebenso wie Titularquästoren zu ernennen, sicherte Caesar sich für die Besetzung der Statt- halterschaften eine hinreichende Zahl von ihm genehmen Candi- daten. Die Abberufung blieb natürlich dem Ermessen des Re- genten anheimgestellt ebenso wie die Ernennung; als Regel wurde angenommen, daſs der consularische Statthalter nicht über zwei, der prätorische nicht über ein Jahr in der Provinz bleiben solle. Was endlich die Verwaltung der Haupt- und Residenzstadt an- langt, so beabsichtigte der Imperator eine Zeitlang offenbar auch diese in ähnlicher Weise Beamten anzuvertrauen, welche er selber bestellt hatte. Er rief die alte Stadtverweserschaft der Königszeit

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/465>, abgerufen am 22.05.2024.