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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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REPUBLIK UND MONARCHIE.
sar den Imperatorentitel beizubehalten oder ihn später mit dem
Königstitel zu vertauschen gedachte.* Schon bei seinen Lebzeiten
waren viele seiner Feinde wie seiner Freunde der Ansicht, dass
er beabsichtige sich ausdrücklich zum König von Rom ernennen
zu lassen; ja einzelne seiner leidenschaftlichsten Anhänger legten
ihm die Aufsetzung der Krone auf verschiedenen Wegen und zu
verschiedenen Zeiten nahe; am auffallendsten Marcus Antonius,
indem er als Consul vor allem Volke Caesar das Diadem darbot
(15. Febr. 710). Caesar wies diese Anträge ohne Ausnahme von
der Hand. Wenn er zugleich gegen diejenigen einschritt, die diese
Vorfälle benutzten um republikanische Opposition zu machen, so
folgt daraus noch keineswegs, dass es ihm mit der Zurückwei-
sung nicht Ernst war; und ebenso wenig ist der Beweis geführt
worden, dass diese Aufforderungen auf sein Geheiss erfolgt sind,
um die Menge auf das ungewohnte Schauspiel des römischen Dia-
dems vorzubereiten. Es kann der unberufene Eifer leidenschaft-
licher Anhänger allein diese Auftritte veranlasst haben; es kann
auch sein, dass Caesar die Scene mit Antonius nur zuliess oder
auch veranstaltete, um durch die öffentliche und auf höheren Be-
fehl selbst in die Kalender des Staats eingetragene Zurückweisung
dem unbequemen Klatsch auf möglichst eclatante Weise ein Ende
zu machen. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass Caesar,

* Ueber diese Frage lässt sich streiten; dagegen muss die Annahme,
dass es Caesars Absicht gewesen die Römer als Imperator, die Nichtrömer
als König zu beherrschen, einfach verworfen werden. Sie stützt sich einzig
darauf, dass angeblich in der Senatssitzung, in welcher Caesar ermordet
ward, von einem der Orakelpriester Lucius Cotta ein Sibyllenspruch, wo-
nach die Parther nur von einem König könnten überwunden werden, hatte
vorgelegt und in Folge dessen der Beschluss gefasst werden sollen Caesar
das Königthum über die römischen Provinzen zu übertragen. Ein derar-
tiges Gerücht war allerdings schon unmittelbar nach Caesars Tod in Um-
lauf. Allein nicht bloss findet dasselbe nirgends irgend welche auch nur
mittelbare Bestätigung, sondern es wird von dem Zeitgenossen Cicero (de
div.
2, 54, 119) sogar ausdrücklich für falsch erklärt und von den späteren
Geschichtsschreibern, namentlich von Sueton (79) und Dio (44, 15) nur als
Gerücht referirt, das sie weit entfernt sind verbürgen zu wollen; und es
wird denn auch nicht besser dadurch beglaubigt, dass Plutarch (Caes. 60.
64. Brut. 10) und Appian (b. c. 2, 110) ihrer Gewohnheit gemäss dasselbe,
jener anekdotenhaft, dieser pragmatisirend berichten. Es ist diese Erzäh-
lung aber nicht bloss unbezeugt, sondern auch innerlich unmöglich. Wenn
man auch davon absehen will, dass Caesar zu viel Geist und zu viel politi-
schen Tact hatte um nach Oligarchenart wichtige Staatsfragen durch einen
Schlag mit der Orakelmaschine zu entscheiden, so konnte er doch nimmer-
mehr daran denken den Staat, den er nivelliren wollte, also förmlich und
rechtlich zu spalten.
Röm. Gesch. III. 29

REPUBLIK UND MONARCHIE.
sar den Imperatorentitel beizubehalten oder ihn später mit dem
Königstitel zu vertauschen gedachte.* Schon bei seinen Lebzeiten
waren viele seiner Feinde wie seiner Freunde der Ansicht, daſs
er beabsichtige sich ausdrücklich zum König von Rom ernennen
zu lassen; ja einzelne seiner leidenschaftlichsten Anhänger legten
ihm die Aufsetzung der Krone auf verschiedenen Wegen und zu
verschiedenen Zeiten nahe; am auffallendsten Marcus Antonius,
indem er als Consul vor allem Volke Caesar das Diadem darbot
(15. Febr. 710). Caesar wies diese Anträge ohne Ausnahme von
der Hand. Wenn er zugleich gegen diejenigen einschritt, die diese
Vorfälle benutzten um republikanische Opposition zu machen, so
folgt daraus noch keineswegs, daſs es ihm mit der Zurückwei-
sung nicht Ernst war; und ebenso wenig ist der Beweis geführt
worden, daſs diese Aufforderungen auf sein Geheiſs erfolgt sind,
um die Menge auf das ungewohnte Schauspiel des römischen Dia-
dems vorzubereiten. Es kann der unberufene Eifer leidenschaft-
licher Anhänger allein diese Auftritte veranlaſst haben; es kann
auch sein, daſs Caesar die Scene mit Antonius nur zulieſs oder
auch veranstaltete, um durch die öffentliche und auf höheren Be-
fehl selbst in die Kalender des Staats eingetragene Zurückweisung
dem unbequemen Klatsch auf möglichst eclatante Weise ein Ende
zu machen. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daſs Caesar,

* Ueber diese Frage läſst sich streiten; dagegen muſs die Annahme,
daſs es Caesars Absicht gewesen die Römer als Imperator, die Nichtrömer
als König zu beherrschen, einfach verworfen werden. Sie stützt sich einzig
darauf, daſs angeblich in der Senatssitzung, in welcher Caesar ermordet
ward, von einem der Orakelpriester Lucius Cotta ein Sibyllenspruch, wo-
nach die Parther nur von einem König könnten überwunden werden, hatte
vorgelegt und in Folge dessen der Beschluſs gefaſst werden sollen Caesar
das Königthum über die römischen Provinzen zu übertragen. Ein derar-
tiges Gerücht war allerdings schon unmittelbar nach Caesars Tod in Um-
lauf. Allein nicht bloſs findet dasselbe nirgends irgend welche auch nur
mittelbare Bestätigung, sondern es wird von dem Zeitgenossen Cicero (de
div.
2, 54, 119) sogar ausdrücklich für falsch erklärt und von den späteren
Geschichtsschreibern, namentlich von Sueton (79) und Dio (44, 15) nur als
Gerücht referirt, das sie weit entfernt sind verbürgen zu wollen; und es
wird denn auch nicht besser dadurch beglaubigt, daſs Plutarch (Caes. 60.
64. Brut. 10) und Appian (b. c. 2, 110) ihrer Gewohnheit gemäſs dasselbe,
jener anekdotenhaft, dieser pragmatisirend berichten. Es ist diese Erzäh-
lung aber nicht bloſs unbezeugt, sondern auch innerlich unmöglich. Wenn
man auch davon absehen will, daſs Caesar zu viel Geist und zu viel politi-
schen Tact hatte um nach Oligarchenart wichtige Staatsfragen durch einen
Schlag mit der Orakelmaschine zu entscheiden, so konnte er doch nimmer-
mehr daran denken den Staat, den er nivelliren wollte, also förmlich und
rechtlich zu spalten.
Röm. Gesch. III. 29
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[449/0459] REPUBLIK UND MONARCHIE. sar den Imperatorentitel beizubehalten oder ihn später mit dem Königstitel zu vertauschen gedachte. * Schon bei seinen Lebzeiten waren viele seiner Feinde wie seiner Freunde der Ansicht, daſs er beabsichtige sich ausdrücklich zum König von Rom ernennen zu lassen; ja einzelne seiner leidenschaftlichsten Anhänger legten ihm die Aufsetzung der Krone auf verschiedenen Wegen und zu verschiedenen Zeiten nahe; am auffallendsten Marcus Antonius, indem er als Consul vor allem Volke Caesar das Diadem darbot (15. Febr. 710). Caesar wies diese Anträge ohne Ausnahme von der Hand. Wenn er zugleich gegen diejenigen einschritt, die diese Vorfälle benutzten um republikanische Opposition zu machen, so folgt daraus noch keineswegs, daſs es ihm mit der Zurückwei- sung nicht Ernst war; und ebenso wenig ist der Beweis geführt worden, daſs diese Aufforderungen auf sein Geheiſs erfolgt sind, um die Menge auf das ungewohnte Schauspiel des römischen Dia- dems vorzubereiten. Es kann der unberufene Eifer leidenschaft- licher Anhänger allein diese Auftritte veranlaſst haben; es kann auch sein, daſs Caesar die Scene mit Antonius nur zulieſs oder auch veranstaltete, um durch die öffentliche und auf höheren Be- fehl selbst in die Kalender des Staats eingetragene Zurückweisung dem unbequemen Klatsch auf möglichst eclatante Weise ein Ende zu machen. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daſs Caesar, * Ueber diese Frage läſst sich streiten; dagegen muſs die Annahme, daſs es Caesars Absicht gewesen die Römer als Imperator, die Nichtrömer als König zu beherrschen, einfach verworfen werden. Sie stützt sich einzig darauf, daſs angeblich in der Senatssitzung, in welcher Caesar ermordet ward, von einem der Orakelpriester Lucius Cotta ein Sibyllenspruch, wo- nach die Parther nur von einem König könnten überwunden werden, hatte vorgelegt und in Folge dessen der Beschluſs gefaſst werden sollen Caesar das Königthum über die römischen Provinzen zu übertragen. Ein derar- tiges Gerücht war allerdings schon unmittelbar nach Caesars Tod in Um- lauf. Allein nicht bloſs findet dasselbe nirgends irgend welche auch nur mittelbare Bestätigung, sondern es wird von dem Zeitgenossen Cicero (de div. 2, 54, 119) sogar ausdrücklich für falsch erklärt und von den späteren Geschichtsschreibern, namentlich von Sueton (79) und Dio (44, 15) nur als Gerücht referirt, das sie weit entfernt sind verbürgen zu wollen; und es wird denn auch nicht besser dadurch beglaubigt, daſs Plutarch (Caes. 60. 64. Brut. 10) und Appian (b. c. 2, 110) ihrer Gewohnheit gemäſs dasselbe, jener anekdotenhaft, dieser pragmatisirend berichten. Es ist diese Erzäh- lung aber nicht bloſs unbezeugt, sondern auch innerlich unmöglich. Wenn man auch davon absehen will, daſs Caesar zu viel Geist und zu viel politi- schen Tact hatte um nach Oligarchenart wichtige Staatsfragen durch einen Schlag mit der Orakelmaschine zu entscheiden, so konnte er doch nimmer- mehr daran denken den Staat, den er nivelliren wollte, also förmlich und rechtlich zu spalten. Röm. Gesch. III. 29

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/459>, abgerufen am 18.12.2024.