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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜEFTES BUCH. KAPITEL. I.
herren persönlich ins Handgemenge kamen, Hirtuleius auch ver-
wundet ward, schlug er diesen und zwang ihn das eigentlich römi-
sche Gebiet zu räumen und sich nach Lusitanien zu werfen. Dieser
Sieg gestattete Metellus im nächsten Feldzug (679) den Marsch
nach dem diesseitigen Spanien anzutreten, um in der Gegend von
Valentia mit Pompeius sich zu vereinigen und mit ihm gemein-
schaftlich der feindlichen Hauptarmee die Schlacht anzubieten.
Zwar warf sich Hirtuleius mit einem eiligst zusammengerafften
Heer bei Segovia ihm in den Weg; allein er ward nicht bloss ge-
schlagen, sondern auch selbst mit seinem Bruder getödtet -- ein
unersetzlicher Verlust für die Sertorianer. Die Vereinigung der
beiden römischen Feldherren war danach nicht länger zu hindern;
aber während Metellus gegen Valentia heranzog, eilte Pompeius,
um die Scharte von Lauro auszuwetzen und die gehofften Lor-
beeren wo möglich allein zu gewinnen, dem feindlichen Haupt-
heer die Schlacht zu liefern. Mit Freuden ergriff Sertorius die
Gelegenheit mit dem Feinde zu schlagen, bevor Metellus eintraf
und Hirtuleius Tod ruchbar ward. Am Flusse Sucro (Xucar)
trafen die Heere aufeinander; nach heftigem Gefecht ward Pom-
peius auf dem rechten Flügel geschlagen und selbst schwer ver-
wundet vom Schlachtfelde weggetragen; zwar siegte Afranius mit
dem linken und nahm das Lager der Sertorianer, allein während
der Plünderung von Sertorius überrascht ward auch er gezwun-
gen zu weichen. Hätte Sertorius am folgenden Tage die Schlacht
zu erneuern vermocht, Pompeius Heer wäre vielleicht vernichtet
worden. Allein inzwischen war Metellus herangekommen, hatte
das gegen ihn aufgestellte Corps des Perpenna niedergerannt
und dessen Lager genommen; es war nicht möglich die Schlacht
gegen beide Heere zugleich aufzunehmen. Die Vereinigung der
beiden Armeen, die danach nicht länger zu verbergende Gewiss-
heit, dass die hirtuleische Armee nicht mehr war, das plötzliche
Stocken nach dem Sieg verbreiteten Schrecken unter den Ser-
torianern und wie es bei spanischen Heeren nicht selten vorkam,
verlief in Folge dieses Umschwungs der Dinge sich der grösste
Theil der sertorianischen Soldaten. Indess die Entmuthigung
verflog so rasch wie sie gekommen war; die weisse Hindin, die
die militärischen Plane des Feldherrn bei der Menge vertrat, war
bald populärer als je; in kurzer Zeit trat in der gleichen Gegend,
südlich von Saguntum (Murviedro), das fest an Rom hielt, Ser-
torius mit einer neuen Armee den Römern entgegen, während die
sertorianischen Kaper den Römern die Zufuhr von der Seeseite
erschwerten und bereits im römischen Lager der Mangel sich

FÜEFTES BUCH. KAPITEL. I.
herren persönlich ins Handgemenge kamen, Hirtuleius auch ver-
wundet ward, schlug er diesen und zwang ihn das eigentlich römi-
sche Gebiet zu räumen und sich nach Lusitanien zu werfen. Dieser
Sieg gestattete Metellus im nächsten Feldzug (679) den Marsch
nach dem diesseitigen Spanien anzutreten, um in der Gegend von
Valentia mit Pompeius sich zu vereinigen und mit ihm gemein-
schaftlich der feindlichen Hauptarmee die Schlacht anzubieten.
Zwar warf sich Hirtuleius mit einem eiligst zusammengerafften
Heer bei Segovia ihm in den Weg; allein er ward nicht bloſs ge-
schlagen, sondern auch selbst mit seinem Bruder getödtet — ein
unersetzlicher Verlust für die Sertorianer. Die Vereinigung der
beiden römischen Feldherren war danach nicht länger zu hindern;
aber während Metellus gegen Valentia heranzog, eilte Pompeius,
um die Scharte von Lauro auszuwetzen und die gehofften Lor-
beeren wo möglich allein zu gewinnen, dem feindlichen Haupt-
heer die Schlacht zu liefern. Mit Freuden ergriff Sertorius die
Gelegenheit mit dem Feinde zu schlagen, bevor Metellus eintraf
und Hirtuleius Tod ruchbar ward. Am Flusse Sucro (Xucar)
trafen die Heere aufeinander; nach heftigem Gefecht ward Pom-
peius auf dem rechten Flügel geschlagen und selbst schwer ver-
wundet vom Schlachtfelde weggetragen; zwar siegte Afranius mit
dem linken und nahm das Lager der Sertorianer, allein während
der Plünderung von Sertorius überrascht ward auch er gezwun-
gen zu weichen. Hätte Sertorius am folgenden Tage die Schlacht
zu erneuern vermocht, Pompeius Heer wäre vielleicht vernichtet
worden. Allein inzwischen war Metellus herangekommen, hatte
das gegen ihn aufgestellte Corps des Perpenna niedergerannt
und dessen Lager genommen; es war nicht möglich die Schlacht
gegen beide Heere zugleich aufzunehmen. Die Vereinigung der
beiden Armeen, die danach nicht länger zu verbergende Gewiſs-
heit, daſs die hirtuleische Armee nicht mehr war, das plötzliche
Stocken nach dem Sieg verbreiteten Schrecken unter den Ser-
torianern und wie es bei spanischen Heeren nicht selten vorkam,
verlief in Folge dieses Umschwungs der Dinge sich der gröſste
Theil der sertorianischen Soldaten. Indeſs die Entmuthigung
verflog so rasch wie sie gekommen war; die weiſse Hindin, die
die militärischen Plane des Feldherrn bei der Menge vertrat, war
bald populärer als je; in kurzer Zeit trat in der gleichen Gegend,
südlich von Saguntum (Murviedro), das fest an Rom hielt, Ser-
torius mit einer neuen Armee den Römern entgegen, während die
sertorianischen Kaper den Römern die Zufuhr von der Seeseite
erschwerten und bereits im römischen Lager der Mangel sich

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[26/0036] FÜEFTES BUCH. KAPITEL. I. herren persönlich ins Handgemenge kamen, Hirtuleius auch ver- wundet ward, schlug er diesen und zwang ihn das eigentlich römi- sche Gebiet zu räumen und sich nach Lusitanien zu werfen. Dieser Sieg gestattete Metellus im nächsten Feldzug (679) den Marsch nach dem diesseitigen Spanien anzutreten, um in der Gegend von Valentia mit Pompeius sich zu vereinigen und mit ihm gemein- schaftlich der feindlichen Hauptarmee die Schlacht anzubieten. Zwar warf sich Hirtuleius mit einem eiligst zusammengerafften Heer bei Segovia ihm in den Weg; allein er ward nicht bloſs ge- schlagen, sondern auch selbst mit seinem Bruder getödtet — ein unersetzlicher Verlust für die Sertorianer. Die Vereinigung der beiden römischen Feldherren war danach nicht länger zu hindern; aber während Metellus gegen Valentia heranzog, eilte Pompeius, um die Scharte von Lauro auszuwetzen und die gehofften Lor- beeren wo möglich allein zu gewinnen, dem feindlichen Haupt- heer die Schlacht zu liefern. Mit Freuden ergriff Sertorius die Gelegenheit mit dem Feinde zu schlagen, bevor Metellus eintraf und Hirtuleius Tod ruchbar ward. Am Flusse Sucro (Xucar) trafen die Heere aufeinander; nach heftigem Gefecht ward Pom- peius auf dem rechten Flügel geschlagen und selbst schwer ver- wundet vom Schlachtfelde weggetragen; zwar siegte Afranius mit dem linken und nahm das Lager der Sertorianer, allein während der Plünderung von Sertorius überrascht ward auch er gezwun- gen zu weichen. Hätte Sertorius am folgenden Tage die Schlacht zu erneuern vermocht, Pompeius Heer wäre vielleicht vernichtet worden. Allein inzwischen war Metellus herangekommen, hatte das gegen ihn aufgestellte Corps des Perpenna niedergerannt und dessen Lager genommen; es war nicht möglich die Schlacht gegen beide Heere zugleich aufzunehmen. Die Vereinigung der beiden Armeen, die danach nicht länger zu verbergende Gewiſs- heit, daſs die hirtuleische Armee nicht mehr war, das plötzliche Stocken nach dem Sieg verbreiteten Schrecken unter den Ser- torianern und wie es bei spanischen Heeren nicht selten vorkam, verlief in Folge dieses Umschwungs der Dinge sich der gröſste Theil der sertorianischen Soldaten. Indeſs die Entmuthigung verflog so rasch wie sie gekommen war; die weiſse Hindin, die die militärischen Plane des Feldherrn bei der Menge vertrat, war bald populärer als je; in kurzer Zeit trat in der gleichen Gegend, südlich von Saguntum (Murviedro), das fest an Rom hielt, Ser- torius mit einer neuen Armee den Römern entgegen, während die sertorianischen Kaper den Römern die Zufuhr von der Seeseite erschwerten und bereits im römischen Lager der Mangel sich

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/36>, abgerufen am 20.04.2024.