Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite
KAPITEL X.

Brundisium, Ilerda, Pharsalos und Thapsus.

Zwischen den beiden bisherigen Gesammtherrschern von
Rom sollten also die Waffen entscheiden, wer von ihnen berufen
sei Roms erster Alleinherrscher zu sein. Sehen wir, wie für die be-
vorstehende Kriegführung zwischen Caesar und Pompeius sich
das Machtverhältniss gestellt hatte.

Caesars Macht ruhte zunächst auf der durchaus unum-
schränkten Gewalt, deren er innerhalb seiner Partei genoss. Wenn
die Ideen der Demokratie und der Monarchie in ihr zusammen-
flossen, so war dies nicht die Folge einer zufällig eingegangenen
und zufällig lösbaren Coalition, sondern es war im tiefsten We-
sen der Demokratie ohne Repräsentativverfassung begründet,
dass Demokratie wie Monarchie zugleich ihren höchsten und letz-
ten Ausdruck in Caesar fanden. Innerhalb seiner Partei stand
Caesar ohne Genossen, nur umgeben von politischen und mili-
tärischen Adjutanten, die eben wie seine Soldaten geschult waren
nicht nach Grund und Zweck zu fragen, sondern unbedingt zu
gehorchen. In wie hohen Ehren er auch jedes brauchbare Werk-
zeug hielt, so blieb es doch immer Werkzeug, und Caesar ent-
schied politisch wie militärisch durchaus in erster und letzter
Instanz. Hieraus erklärt sich wohl auch der auffallende Umstand,
dass, als der Bürgerkrieg begann, keiner von Caesars Soldaten und
Offizieren in das feindliche Lager überging mit der einzigen Aus-
nahme des von allen am höchsten gestellten und geehrten Titus
Labienus. Caesar übertrug ihm im J. 704 den Oberbefehl im
diesseitigen Gallien, um ihm durch denselben den Weg zum Con-

KAPITEL X.

Brundisium, Ilerda, Pharsalos und Thapsus.

Zwischen den beiden bisherigen Gesammtherrschern von
Rom sollten also die Waffen entscheiden, wer von ihnen berufen
sei Roms erster Alleinherrscher zu sein. Sehen wir, wie für die be-
vorstehende Kriegführung zwischen Caesar und Pompeius sich
das Machtverhältniſs gestellt hatte.

Caesars Macht ruhte zunächst auf der durchaus unum-
schränkten Gewalt, deren er innerhalb seiner Partei genoſs. Wenn
die Ideen der Demokratie und der Monarchie in ihr zusammen-
flossen, so war dies nicht die Folge einer zufällig eingegangenen
und zufällig lösbaren Coalition, sondern es war im tiefsten We-
sen der Demokratie ohne Repräsentativverfassung begründet,
daſs Demokratie wie Monarchie zugleich ihren höchsten und letz-
ten Ausdruck in Caesar fanden. Innerhalb seiner Partei stand
Caesar ohne Genossen, nur umgeben von politischen und mili-
tärischen Adjutanten, die eben wie seine Soldaten geschult waren
nicht nach Grund und Zweck zu fragen, sondern unbedingt zu
gehorchen. In wie hohen Ehren er auch jedes brauchbare Werk-
zeug hielt, so blieb es doch immer Werkzeug, und Caesar ent-
schied politisch wie militärisch durchaus in erster und letzter
Instanz. Hieraus erklärt sich wohl auch der auffallende Umstand,
daſs, als der Bürgerkrieg begann, keiner von Caesars Soldaten und
Offizieren in das feindliche Lager überging mit der einzigen Aus-
nahme des von allen am höchsten gestellten und geehrten Titus
Labienus. Caesar übertrug ihm im J. 704 den Oberbefehl im
diesseitigen Gallien, um ihm durch denselben den Weg zum Con-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0352" n="[342]"/>
        <div n="2">
          <head>KAPITEL X.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/> <hi rendition="#g">Brundisium, Ilerda, Pharsalos und Thapsus</hi>.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">Z</hi>wischen den beiden bisherigen Gesammtherrschern von<lb/>
Rom sollten also die Waffen entscheiden, wer von ihnen berufen<lb/>
sei Roms erster Alleinherrscher zu sein. Sehen wir, wie für die be-<lb/>
vorstehende Kriegführung zwischen Caesar und Pompeius sich<lb/>
das Machtverhältni&#x017F;s gestellt hatte.</p><lb/>
          <p>Caesars Macht ruhte zunächst auf der durchaus unum-<lb/>
schränkten Gewalt, deren er innerhalb seiner Partei geno&#x017F;s. Wenn<lb/>
die Ideen der Demokratie und der Monarchie in ihr zusammen-<lb/>
flossen, so war dies nicht die Folge einer zufällig eingegangenen<lb/>
und zufällig lösbaren Coalition, sondern es war im tiefsten We-<lb/>
sen der Demokratie ohne Repräsentativverfassung begründet,<lb/>
da&#x017F;s Demokratie wie Monarchie zugleich ihren höchsten und letz-<lb/>
ten Ausdruck in Caesar fanden. Innerhalb seiner Partei stand<lb/>
Caesar ohne Genossen, nur umgeben von politischen und mili-<lb/>
tärischen Adjutanten, die eben wie seine Soldaten geschult waren<lb/>
nicht nach Grund und Zweck zu fragen, sondern unbedingt zu<lb/>
gehorchen. In wie hohen Ehren er auch jedes brauchbare Werk-<lb/>
zeug hielt, so blieb es doch immer Werkzeug, und Caesar ent-<lb/>
schied politisch wie militärisch durchaus in erster und letzter<lb/>
Instanz. Hieraus erklärt sich wohl auch der auffallende Umstand,<lb/>
da&#x017F;s, als der Bürgerkrieg begann, keiner von Caesars Soldaten und<lb/>
Offizieren in das feindliche Lager überging mit der einzigen Aus-<lb/>
nahme des von allen am höchsten gestellten und geehrten Titus<lb/>
Labienus. Caesar übertrug ihm im J. 704 den Oberbefehl im<lb/>
diesseitigen Gallien, um ihm durch denselben den Weg zum Con-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[342]/0352] KAPITEL X. Brundisium, Ilerda, Pharsalos und Thapsus. Zwischen den beiden bisherigen Gesammtherrschern von Rom sollten also die Waffen entscheiden, wer von ihnen berufen sei Roms erster Alleinherrscher zu sein. Sehen wir, wie für die be- vorstehende Kriegführung zwischen Caesar und Pompeius sich das Machtverhältniſs gestellt hatte. Caesars Macht ruhte zunächst auf der durchaus unum- schränkten Gewalt, deren er innerhalb seiner Partei genoſs. Wenn die Ideen der Demokratie und der Monarchie in ihr zusammen- flossen, so war dies nicht die Folge einer zufällig eingegangenen und zufällig lösbaren Coalition, sondern es war im tiefsten We- sen der Demokratie ohne Repräsentativverfassung begründet, daſs Demokratie wie Monarchie zugleich ihren höchsten und letz- ten Ausdruck in Caesar fanden. Innerhalb seiner Partei stand Caesar ohne Genossen, nur umgeben von politischen und mili- tärischen Adjutanten, die eben wie seine Soldaten geschult waren nicht nach Grund und Zweck zu fragen, sondern unbedingt zu gehorchen. In wie hohen Ehren er auch jedes brauchbare Werk- zeug hielt, so blieb es doch immer Werkzeug, und Caesar ent- schied politisch wie militärisch durchaus in erster und letzter Instanz. Hieraus erklärt sich wohl auch der auffallende Umstand, daſs, als der Bürgerkrieg begann, keiner von Caesars Soldaten und Offizieren in das feindliche Lager überging mit der einzigen Aus- nahme des von allen am höchsten gestellten und geehrten Titus Labienus. Caesar übertrug ihm im J. 704 den Oberbefehl im diesseitigen Gallien, um ihm durch denselben den Weg zum Con-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/352
Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. [342]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/352>, abgerufen am 21.11.2024.