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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
die Belehnung mit der Landschaft Melitene (um Malatia) bis an
den Euphrat erweitert hatte und dem Pompeius noch theils an
der Westgrenze einige von Kilikien abgerissene Bezirke von Kasta-
bala bis nach Derbe bei Ikonion, theils an der Ostgrenze die am
linken Euphratufer Melitene gegenüber gelegene anfänglich dem
armenischen Prinzen Tigranes zugedachte Landschaft Sophene
verlieh, wodurch also die wichtigste Euphratpassage ganz in die
Gewalt dieses Fürsten kam. Die kleine Landschaft Kommagene
zwischen Syrien und Kappadokien mit der Hauptstadt Samosata
(Samsat) blieb als abhängiges Königthum dem Antiochos, einem
Prinzen aus dem Hause der Seleukiden*; demselben wurden auch
die wichtige den südlicheren Uebergang über den Euphrat beherr-
schende Festung Seleukeia (bei Biradjik) und die nächsten Striche
am linken Ufer des Euphrat zugetheilt und somit dafür gesorgt,
dass die beiden Hauptübergänge über den Euphrat mit einem ent-
sprechenden Gebiet am östlichen Ufer in den Händen zweier von
Rom völlig abhängiger Dynasten blieben. Neben den Königen von
Kappadokien und Kommagene und an wirklicher Macht ihnen bei
weitem überlegen herrschte in Kleinasien der neue König Deiotarus.
Einer der Vierfürsten des um Pessinus ansässigen Keltenstammes
der Tolistoboier und mit den andern kleinen römischen Clienten
zur Heerfolge aufgeboten, hatte Deiotarus in den Feldzügen des
Lucullus und Pompeius im Gegensatz zu all den schlaffen Orien-
talen seine Zuverlässigkeit und seine Thatkraft so glänzend be-
währt, dass die römischen Feldherren zu seinem galatischen Erbe
und seinen Besitzungen in der reichen Landschaft zwischen Ami-
sos und der Halysmündung ihm die östliche Hälfte des ehemals
pontischen Reiches mit den Seestädten Pharnakia und Trapezus
und das pontische Armenien bis zur kolchischen und grossarme-
nischen Grenze als Königreich Kleinarmenien verliehen. Bald
nachher vermehrte er noch durch die Landschaft der keltischen
Trokmer, deren Vierfürsten er verdrängte, sein schon ansehnli-
ches Gebiet. So ward der geringe Lehnsmann einer der mächtig-
sten Dynasten Kleinasiens, dem die Hut eines wichtigen Theils
der Reichsgrenze anvertraut werden konnte. Vasallen geringerer
Bedeutung waren die übrigen zahlreichen galatischen Vierfürsten,

* Der Krieg, den dieser Antiochos mit Pompeius geführt haben soll
(Appian Mithr. 106. 117), stimmt sehr wenig zu dem Vertrag, den der-
selbe mit Lucullus abschloss (Dio 36, 4) und seinem ungestörten Verblei-
ben in der Herrschaft; vermuthlich ist auch er bloss daraus herausgespon-
nen, dass Antiochos von Kommagene unter den von Pompeius unterworfe-
nen Königen figurirte.

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
die Belehnung mit der Landschaft Melitene (um Malatia) bis an
den Euphrat erweitert hatte und dem Pompeius noch theils an
der Westgrenze einige von Kilikien abgerissene Bezirke von Kasta-
bala bis nach Derbe bei Ikonion, theils an der Ostgrenze die am
linken Euphratufer Melitene gegenüber gelegene anfänglich dem
armenischen Prinzen Tigranes zugedachte Landschaft Sophene
verlieh, wodurch also die wichtigste Euphratpassage ganz in die
Gewalt dieses Fürsten kam. Die kleine Landschaft Kommagene
zwischen Syrien und Kappadokien mit der Hauptstadt Samosata
(Samsat) blieb als abhängiges Königthum dem Antiochos, einem
Prinzen aus dem Hause der Seleukiden*; demselben wurden auch
die wichtige den südlicheren Uebergang über den Euphrat beherr-
schende Festung Seleukeia (bei Biradjik) und die nächsten Striche
am linken Ufer des Euphrat zugetheilt und somit dafür gesorgt,
daſs die beiden Hauptübergänge über den Euphrat mit einem ent-
sprechenden Gebiet am östlichen Ufer in den Händen zweier von
Rom völlig abhängiger Dynasten blieben. Neben den Königen von
Kappadokien und Kommagene und an wirklicher Macht ihnen bei
weitem überlegen herrschte in Kleinasien der neue König Deiotarus.
Einer der Vierfürsten des um Pessinus ansäſsigen Keltenstammes
der Tolistoboier und mit den andern kleinen römischen Clienten
zur Heerfolge aufgeboten, hatte Deiotarus in den Feldzügen des
Lucullus und Pompeius im Gegensatz zu all den schlaffen Orien-
talen seine Zuverlässigkeit und seine Thatkraft so glänzend be-
währt, daſs die römischen Feldherren zu seinem galatischen Erbe
und seinen Besitzungen in der reichen Landschaft zwischen Ami-
sos und der Halysmündung ihm die östliche Hälfte des ehemals
pontischen Reiches mit den Seestädten Pharnakia und Trapezus
und das pontische Armenien bis zur kolchischen und groſsarme-
nischen Grenze als Königreich Kleinarmenien verliehen. Bald
nachher vermehrte er noch durch die Landschaft der keltischen
Trokmer, deren Vierfürsten er verdrängte, sein schon ansehnli-
ches Gebiet. So ward der geringe Lehnsmann einer der mächtig-
sten Dynasten Kleinasiens, dem die Hut eines wichtigen Theils
der Reichsgrenze anvertraut werden konnte. Vasallen geringerer
Bedeutung waren die übrigen zahlreichen galatischen Vierfürsten,

* Der Krieg, den dieser Antiochos mit Pompeius geführt haben soll
(Appian Mithr. 106. 117), stimmt sehr wenig zu dem Vertrag, den der-
selbe mit Lucullus abschloſs (Dio 36, 4) und seinem ungestörten Verblei-
ben in der Herrschaft; vermuthlich ist auch er bloſs daraus herausgespon-
nen, daſs Antiochos von Kommagene unter den von Pompeius unterworfe-
nen Königen figurirte.
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[136/0146] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. die Belehnung mit der Landschaft Melitene (um Malatia) bis an den Euphrat erweitert hatte und dem Pompeius noch theils an der Westgrenze einige von Kilikien abgerissene Bezirke von Kasta- bala bis nach Derbe bei Ikonion, theils an der Ostgrenze die am linken Euphratufer Melitene gegenüber gelegene anfänglich dem armenischen Prinzen Tigranes zugedachte Landschaft Sophene verlieh, wodurch also die wichtigste Euphratpassage ganz in die Gewalt dieses Fürsten kam. Die kleine Landschaft Kommagene zwischen Syrien und Kappadokien mit der Hauptstadt Samosata (Samsat) blieb als abhängiges Königthum dem Antiochos, einem Prinzen aus dem Hause der Seleukiden *; demselben wurden auch die wichtige den südlicheren Uebergang über den Euphrat beherr- schende Festung Seleukeia (bei Biradjik) und die nächsten Striche am linken Ufer des Euphrat zugetheilt und somit dafür gesorgt, daſs die beiden Hauptübergänge über den Euphrat mit einem ent- sprechenden Gebiet am östlichen Ufer in den Händen zweier von Rom völlig abhängiger Dynasten blieben. Neben den Königen von Kappadokien und Kommagene und an wirklicher Macht ihnen bei weitem überlegen herrschte in Kleinasien der neue König Deiotarus. Einer der Vierfürsten des um Pessinus ansäſsigen Keltenstammes der Tolistoboier und mit den andern kleinen römischen Clienten zur Heerfolge aufgeboten, hatte Deiotarus in den Feldzügen des Lucullus und Pompeius im Gegensatz zu all den schlaffen Orien- talen seine Zuverlässigkeit und seine Thatkraft so glänzend be- währt, daſs die römischen Feldherren zu seinem galatischen Erbe und seinen Besitzungen in der reichen Landschaft zwischen Ami- sos und der Halysmündung ihm die östliche Hälfte des ehemals pontischen Reiches mit den Seestädten Pharnakia und Trapezus und das pontische Armenien bis zur kolchischen und groſsarme- nischen Grenze als Königreich Kleinarmenien verliehen. Bald nachher vermehrte er noch durch die Landschaft der keltischen Trokmer, deren Vierfürsten er verdrängte, sein schon ansehnli- ches Gebiet. So ward der geringe Lehnsmann einer der mächtig- sten Dynasten Kleinasiens, dem die Hut eines wichtigen Theils der Reichsgrenze anvertraut werden konnte. Vasallen geringerer Bedeutung waren die übrigen zahlreichen galatischen Vierfürsten, * Der Krieg, den dieser Antiochos mit Pompeius geführt haben soll (Appian Mithr. 106. 117), stimmt sehr wenig zu dem Vertrag, den der- selbe mit Lucullus abschloſs (Dio 36, 4) und seinem ungestörten Verblei- ben in der Herrschaft; vermuthlich ist auch er bloſs daraus herausgespon- nen, daſs Antiochos von Kommagene unter den von Pompeius unterworfe- nen Königen figurirte.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/146>, abgerufen am 24.11.2024.