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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
tamiens von den Römern ebenso wie Korduene zum armenischen
Reiche gelegt ward. Die Grenze zwischen Römern und Parthern
ward also statt des Euphrat die grosse syrisch-mesopotamische
Wüste; und auch dies schien nur vorläufig. Den parthischen Ge-
sandten, die kamen um auf das Einhalten der allerdings, wie es
scheint, nur mündlich abgeschlossenen Verträge hinsichtlich der
Euphratgrenze zu dringen, gab Pompeius die zweideutige Antwort,
dass Roms Gebiet sich soweit erstrecke wie sein Recht. Ein Com-
mentar zu dieser Rede schien der bedenkliche Verkehr, den der
römische Oberfeldherr mit Dareios, dem parthischen Satrapen
der Landschaft Elymais (oberhalb Ekbatana oder Hamadan) an-
spann*. Die Statthalter dieser gebirgigen, kriegerischen und ent-
legenen Provinz waren von je her bestrebt gewesen eine von dem
Grosskönig unabhängige Stellung zu gewinnen; um so verletzen-
der und bedrohlicher war es für die parthische Regierung, wenn
Pompeius von diesem Dynasten die dargebotene Huldigung an-
nahm. Nicht minder war es bezeichnend, dass der Titel des ,Kö-
nigs der Könige,' der dem Partherkönig bis dahin auch von den
Römern im officiellen Verkehr zugestanden worden war, jetzt auf
einmal von ihnen mit dem einfachen Königstitel vertauscht ward.
Es war das mehr noch eine Drohung als eine Verletzung der Eti-
kette. Seit Rom die Erbschaft der Seleukiden gethan, schien es
fast, als gedenke man dort im gelegenen Augenblick auf jene alten
Zeiten zurückzugreifen, da ganz Iran und Turan von Antiochia
aus beherrscht wurden und es noch kein parthisches Reich gab,
sondern nur eine parthische Satrapie. Der Hof von Ktesiphon

* Medien und dessen König Dareios werden in den Verzeichnissen der
von Pompeius besiegten Landschaften und Könige aufgeführt (Diodor fr.
Vat.
p. 140; Appian Mithr. 117). Dass Elymais gemeint ist, nicht, wie man
wohl vermuthet hat, Atropatene, macht Strabons (16, 744) Bericht über
die Stellung des parthischen Satrapen von Elymais wahrscheinlich. Dass
die Unterwerfung (upotaxis, Diodor) durch blosse Botensendung erfolgte,
sagt Plutarch (Pomp. 36); es ist sicher falsch, wenn Appian (Mithr. 106.
114) von einem Kriege mit den Medern spricht, Oros. 6, 4 (vergl. Vellei.
2, 40) nun gar von einem Marsch des Pompeius nach Ekbatana, das gar dem
Satrapen von Elymais nicht gehorchte. Allein eine Verwechselung mit der
fabelhaften gleichnamigen Stadt auf dem Karmel hat hier schwerlich statt-
gefunden; es ist einfach jene unleidliche, wie es scheint aus Pompeius gross-
wortigen und absichtlich zweideutigen Bülletins sich herleitende, Ueber-
treibung, die aus seiner Razzia gegen die Gaetuler (II, 319) einen Zug an
die africanische Westküste (Plut. Pomp. 38), aus seiner fehlgeschlagenen
Expedition gegen die Nabataeer eine Eroberung der Stadt Petra, aus sei-
nem Schiedsspruch hinsichtlich der Grenzen Armeniens eine Feststellung
der römischen Reichsgrenze jenseit Nisibis gemacht hat.

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
tamiens von den Römern ebenso wie Korduene zum armenischen
Reiche gelegt ward. Die Grenze zwischen Römern und Parthern
ward also statt des Euphrat die groſse syrisch-mesopotamische
Wüste; und auch dies schien nur vorläufig. Den parthischen Ge-
sandten, die kamen um auf das Einhalten der allerdings, wie es
scheint, nur mündlich abgeschlossenen Verträge hinsichtlich der
Euphratgrenze zu dringen, gab Pompeius die zweideutige Antwort,
daſs Roms Gebiet sich soweit erstrecke wie sein Recht. Ein Com-
mentar zu dieser Rede schien der bedenkliche Verkehr, den der
römische Oberfeldherr mit Dareios, dem parthischen Satrapen
der Landschaft Elymais (oberhalb Ekbatana oder Hamadan) an-
spann*. Die Statthalter dieser gebirgigen, kriegerischen und ent-
legenen Provinz waren von je her bestrebt gewesen eine von dem
Groſskönig unabhängige Stellung zu gewinnen; um so verletzen-
der und bedrohlicher war es für die parthische Regierung, wenn
Pompeius von diesem Dynasten die dargebotene Huldigung an-
nahm. Nicht minder war es bezeichnend, daſs der Titel des ‚Kö-
nigs der Könige,‘ der dem Partherkönig bis dahin auch von den
Römern im officiellen Verkehr zugestanden worden war, jetzt auf
einmal von ihnen mit dem einfachen Königstitel vertauscht ward.
Es war das mehr noch eine Drohung als eine Verletzung der Eti-
kette. Seit Rom die Erbschaft der Seleukiden gethan, schien es
fast, als gedenke man dort im gelegenen Augenblick auf jene alten
Zeiten zurückzugreifen, da ganz Iran und Turan von Antiochia
aus beherrscht wurden und es noch kein parthisches Reich gab,
sondern nur eine parthische Satrapie. Der Hof von Ktesiphon

* Medien und dessen König Dareios werden in den Verzeichnissen der
von Pompeius besiegten Landschaften und Könige aufgeführt (Diodor fr.
Vat.
p. 140; Appian Mithr. 117). Daſs Elymais gemeint ist, nicht, wie man
wohl vermuthet hat, Atropatene, macht Strabons (16, 744) Bericht über
die Stellung des parthischen Satrapen von Elymais wahrscheinlich. Daſs
die Unterwerfung (ὑπόταξις, Diodor) durch bloſse Botensendung erfolgte,
sagt Plutarch (Pomp. 36); es ist sicher falsch, wenn Appian (Mithr. 106.
114) von einem Kriege mit den Medern spricht, Oros. 6, 4 (vergl. Vellei.
2, 40) nun gar von einem Marsch des Pompeius nach Ekbatana, das gar dem
Satrapen von Elymais nicht gehorchte. Allein eine Verwechselung mit der
fabelhaften gleichnamigen Stadt auf dem Karmel hat hier schwerlich statt-
gefunden; es ist einfach jene unleidliche, wie es scheint aus Pompeius groſs-
wortigen und absichtlich zweideutigen Bülletins sich herleitende, Ueber-
treibung, die aus seiner Razzia gegen die Gaetuler (II, 319) einen Zug an
die africanische Westküste (Plut. Pomp. 38), aus seiner fehlgeschlagenen
Expedition gegen die Nabataeer eine Eroberung der Stadt Petra, aus sei-
nem Schiedsspruch hinsichtlich der Grenzen Armeniens eine Feststellung
der römischen Reichsgrenze jenseit Nisibis gemacht hat.
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[134/0144] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. tamiens von den Römern ebenso wie Korduene zum armenischen Reiche gelegt ward. Die Grenze zwischen Römern und Parthern ward also statt des Euphrat die groſse syrisch-mesopotamische Wüste; und auch dies schien nur vorläufig. Den parthischen Ge- sandten, die kamen um auf das Einhalten der allerdings, wie es scheint, nur mündlich abgeschlossenen Verträge hinsichtlich der Euphratgrenze zu dringen, gab Pompeius die zweideutige Antwort, daſs Roms Gebiet sich soweit erstrecke wie sein Recht. Ein Com- mentar zu dieser Rede schien der bedenkliche Verkehr, den der römische Oberfeldherr mit Dareios, dem parthischen Satrapen der Landschaft Elymais (oberhalb Ekbatana oder Hamadan) an- spann *. Die Statthalter dieser gebirgigen, kriegerischen und ent- legenen Provinz waren von je her bestrebt gewesen eine von dem Groſskönig unabhängige Stellung zu gewinnen; um so verletzen- der und bedrohlicher war es für die parthische Regierung, wenn Pompeius von diesem Dynasten die dargebotene Huldigung an- nahm. Nicht minder war es bezeichnend, daſs der Titel des ‚Kö- nigs der Könige,‘ der dem Partherkönig bis dahin auch von den Römern im officiellen Verkehr zugestanden worden war, jetzt auf einmal von ihnen mit dem einfachen Königstitel vertauscht ward. Es war das mehr noch eine Drohung als eine Verletzung der Eti- kette. Seit Rom die Erbschaft der Seleukiden gethan, schien es fast, als gedenke man dort im gelegenen Augenblick auf jene alten Zeiten zurückzugreifen, da ganz Iran und Turan von Antiochia aus beherrscht wurden und es noch kein parthisches Reich gab, sondern nur eine parthische Satrapie. Der Hof von Ktesiphon * Medien und dessen König Dareios werden in den Verzeichnissen der von Pompeius besiegten Landschaften und Könige aufgeführt (Diodor fr. Vat. p. 140; Appian Mithr. 117). Daſs Elymais gemeint ist, nicht, wie man wohl vermuthet hat, Atropatene, macht Strabons (16, 744) Bericht über die Stellung des parthischen Satrapen von Elymais wahrscheinlich. Daſs die Unterwerfung (ὑπόταξις, Diodor) durch bloſse Botensendung erfolgte, sagt Plutarch (Pomp. 36); es ist sicher falsch, wenn Appian (Mithr. 106. 114) von einem Kriege mit den Medern spricht, Oros. 6, 4 (vergl. Vellei. 2, 40) nun gar von einem Marsch des Pompeius nach Ekbatana, das gar dem Satrapen von Elymais nicht gehorchte. Allein eine Verwechselung mit der fabelhaften gleichnamigen Stadt auf dem Karmel hat hier schwerlich statt- gefunden; es ist einfach jene unleidliche, wie es scheint aus Pompeius groſs- wortigen und absichtlich zweideutigen Bülletins sich herleitende, Ueber- treibung, die aus seiner Razzia gegen die Gaetuler (II, 319) einen Zug an die africanische Westküste (Plut. Pomp. 38), aus seiner fehlgeschlagenen Expedition gegen die Nabataeer eine Eroberung der Stadt Petra, aus sei- nem Schiedsspruch hinsichtlich der Grenzen Armeniens eine Feststellung der römischen Reichsgrenze jenseit Nisibis gemacht hat.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/144>, abgerufen am 24.11.2024.