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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
stürzt und die gracchische Partei ans Ruder gekommen war. Man
hatte im Osten neue Grenzen erhalten, neue Nachbaren, neue
freundliche und feindliche Beziehungen. Neu traten unter die
mittelbar römischen Gebiete ein das Königreich Armenien und
die kaukasischen Fürstenthümer, ferner das Reich am kimmeri-
schen Bosporus, der geringe Ueberrest der ausgedehnten Erobe-
rungen Mithradates Eupators, das jetzt ein römischer Clientelstaat
unter der Regierung seines Sohnes und Mörders Pharnakes ward;
nur die Stadt Phanagoria, deren Befehlshaber Kastor das Signal
zum Aufstand gegeben hatte, wurde dafür von den Römern als
frei und unabhängig anerkannt. Der König der Nabataeer Aretas
hatte allerdings das jüdische Land geräumt, wie die Römer es be-
gehrten; allein immer noch gebot er in Damaskos und überhaupt
schien es wünschenswerth den Nachbarn im arabischen Lande
zu zeigen, dass jetzt am Orontes und am Jordan die römischen
Adler geboten und dass die Zeit vorbei war, wo die syrischen
Landschaften als herrenloses Gut zu brandschatzen Jedem frei
stand. Darum unternahm Pompeius im J. 691 eine Expedition
gegen Petra; allein aufgehalten durch den Aufstand der Juden,
der während dieses Zuges zum Ausbruch kam, überliess er sei-
nem Nachfolger Marcus Scaurus nicht ungern die Ausführung
der schwierigen Unternehmung gegen die fern inmitten der Wüste
gelegene Nabataeerstadt*. In der That sah auch Scaurus sich
bald genöthigt unverrichteter Sache umzukehren; er musste sich
begnügen in den Wüsten am linken Ufer des Jordan die Nabataeer
zu bekriegen, wo er sich auf die Juden zu stützen vermochte, aber
doch auch nur sehr unbedeutende Erfolge davontrug. Schliess-
lich überredete der gewandte jüdische Minister Antipatros aus Idu-
maea den Aretas sich die Gewähr seiner sämmtlichen Besitzun-
gen mit Einschluss von Damaskos von dem römischen Statthalter
um eine Geldsumme zu erkaufen; und dies ist denn der auf den
Münzen des Scaurus verherrlichte Friede, wo König Aretas, das
Kameel am Zügel, kniefällig dem Römer den Oelzweig darreichend

* Zwar lassen Orosius 6, 6 und Dio 37, 15, ohne Zweifel beide nach
Livius, Pompeius bis nach Petra gelangen, auch wohl die Stadt einnehmen
oder gar das rothe Meer erreichen; allein das Gegentheil, dass er bald nach
Empfang der Nachricht von dem Tode Mithradats, die ihm auf dem Marsche
nach Jerusalem zukam, aus Syrien nach Pontus zurückging, sagt Plutarch
(Pomp. 41. 42) und wird durch Florus 1, 39 und Josephus 14, 3, 3. 4 be-
stätigt. Wenn König Aretas unter den von Pompeius Besiegten in den
Bülletins figurirt, so genügte hiezu sein durch Pompeius veranlasster Abzug
von Jerusalem.

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
stürzt und die gracchische Partei ans Ruder gekommen war. Man
hatte im Osten neue Grenzen erhalten, neue Nachbaren, neue
freundliche und feindliche Beziehungen. Neu traten unter die
mittelbar römischen Gebiete ein das Königreich Armenien und
die kaukasischen Fürstenthümer, ferner das Reich am kimmeri-
schen Bosporus, der geringe Ueberrest der ausgedehnten Erobe-
rungen Mithradates Eupators, das jetzt ein römischer Clientelstaat
unter der Regierung seines Sohnes und Mörders Pharnakes ward;
nur die Stadt Phanagoria, deren Befehlshaber Kastor das Signal
zum Aufstand gegeben hatte, wurde dafür von den Römern als
frei und unabhängig anerkannt. Der König der Nabataeer Aretas
hatte allerdings das jüdische Land geräumt, wie die Römer es be-
gehrten; allein immer noch gebot er in Damaskos und überhaupt
schien es wünschenswerth den Nachbarn im arabischen Lande
zu zeigen, daſs jetzt am Orontes und am Jordan die römischen
Adler geboten und daſs die Zeit vorbei war, wo die syrischen
Landschaften als herrenloses Gut zu brandschatzen Jedem frei
stand. Darum unternahm Pompeius im J. 691 eine Expedition
gegen Petra; allein aufgehalten durch den Aufstand der Juden,
der während dieses Zuges zum Ausbruch kam, überlieſs er sei-
nem Nachfolger Marcus Scaurus nicht ungern die Ausführung
der schwierigen Unternehmung gegen die fern inmitten der Wüste
gelegene Nabataeerstadt*. In der That sah auch Scaurus sich
bald genöthigt unverrichteter Sache umzukehren; er muſste sich
begnügen in den Wüsten am linken Ufer des Jordan die Nabataeer
zu bekriegen, wo er sich auf die Juden zu stützen vermochte, aber
doch auch nur sehr unbedeutende Erfolge davontrug. Schlieſs-
lich überredete der gewandte jüdische Minister Antipatros aus Idu-
maea den Aretas sich die Gewähr seiner sämmtlichen Besitzun-
gen mit Einschluſs von Damaskos von dem römischen Statthalter
um eine Geldsumme zu erkaufen; und dies ist denn der auf den
Münzen des Scaurus verherrlichte Friede, wo König Aretas, das
Kameel am Zügel, kniefällig dem Römer den Oelzweig darreichend

* Zwar lassen Orosius 6, 6 und Dio 37, 15, ohne Zweifel beide nach
Livius, Pompeius bis nach Petra gelangen, auch wohl die Stadt einnehmen
oder gar das rothe Meer erreichen; allein das Gegentheil, daſs er bald nach
Empfang der Nachricht von dem Tode Mithradats, die ihm auf dem Marsche
nach Jerusalem zukam, aus Syrien nach Pontus zurückging, sagt Plutarch
(Pomp. 41. 42) und wird durch Florus 1, 39 und Josephus 14, 3, 3. 4 be-
stätigt. Wenn König Aretas unter den von Pompeius Besiegten in den
Bülletins figurirt, so genügte hiezu sein durch Pompeius veranlaſster Abzug
von Jerusalem.
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[132/0142] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. stürzt und die gracchische Partei ans Ruder gekommen war. Man hatte im Osten neue Grenzen erhalten, neue Nachbaren, neue freundliche und feindliche Beziehungen. Neu traten unter die mittelbar römischen Gebiete ein das Königreich Armenien und die kaukasischen Fürstenthümer, ferner das Reich am kimmeri- schen Bosporus, der geringe Ueberrest der ausgedehnten Erobe- rungen Mithradates Eupators, das jetzt ein römischer Clientelstaat unter der Regierung seines Sohnes und Mörders Pharnakes ward; nur die Stadt Phanagoria, deren Befehlshaber Kastor das Signal zum Aufstand gegeben hatte, wurde dafür von den Römern als frei und unabhängig anerkannt. Der König der Nabataeer Aretas hatte allerdings das jüdische Land geräumt, wie die Römer es be- gehrten; allein immer noch gebot er in Damaskos und überhaupt schien es wünschenswerth den Nachbarn im arabischen Lande zu zeigen, daſs jetzt am Orontes und am Jordan die römischen Adler geboten und daſs die Zeit vorbei war, wo die syrischen Landschaften als herrenloses Gut zu brandschatzen Jedem frei stand. Darum unternahm Pompeius im J. 691 eine Expedition gegen Petra; allein aufgehalten durch den Aufstand der Juden, der während dieses Zuges zum Ausbruch kam, überlieſs er sei- nem Nachfolger Marcus Scaurus nicht ungern die Ausführung der schwierigen Unternehmung gegen die fern inmitten der Wüste gelegene Nabataeerstadt *. In der That sah auch Scaurus sich bald genöthigt unverrichteter Sache umzukehren; er muſste sich begnügen in den Wüsten am linken Ufer des Jordan die Nabataeer zu bekriegen, wo er sich auf die Juden zu stützen vermochte, aber doch auch nur sehr unbedeutende Erfolge davontrug. Schlieſs- lich überredete der gewandte jüdische Minister Antipatros aus Idu- maea den Aretas sich die Gewähr seiner sämmtlichen Besitzun- gen mit Einschluſs von Damaskos von dem römischen Statthalter um eine Geldsumme zu erkaufen; und dies ist denn der auf den Münzen des Scaurus verherrlichte Friede, wo König Aretas, das Kameel am Zügel, kniefällig dem Römer den Oelzweig darreichend * Zwar lassen Orosius 6, 6 und Dio 37, 15, ohne Zweifel beide nach Livius, Pompeius bis nach Petra gelangen, auch wohl die Stadt einnehmen oder gar das rothe Meer erreichen; allein das Gegentheil, daſs er bald nach Empfang der Nachricht von dem Tode Mithradats, die ihm auf dem Marsche nach Jerusalem zukam, aus Syrien nach Pontus zurückging, sagt Plutarch (Pomp. 41. 42) und wird durch Florus 1, 39 und Josephus 14, 3, 3. 4 be- stätigt. Wenn König Aretas unter den von Pompeius Besiegten in den Bülletins figurirt, so genügte hiezu sein durch Pompeius veranlaſster Abzug von Jerusalem.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/142>, abgerufen am 23.11.2024.