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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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mando entfernt worden waren. Es begreift sich, dass diese Män-
ner alle Mittel, die ihr wichtiges und ernstes Amt ihnen an die
Hand gab, in Bewegung setzten um den neuen Machthabern zu
huldigen und den Senat zu ärgern. Mindestens der achte Theil
des Senats, vierundsechzig Senatoren, eine bis dahin unerhörte
Zahl wurden von der Liste gestrichen, darunter der einst von
Gaius Caesar ohne Erfolg angeklagte Gaius Antonius (S. 87)
und der Consul des J. 683 Publius Lentulus Sura, vermuthlich
auch nicht wenige der verhasstesten Creaturen Sullas.

So war man mit dem J. 684 wieder im Wesentlichen zu-
rückgekommen auf die Institutionen der Zeit vor der sullanischen
Restauration. Wieder ward die hauptstädtische Menge aus der
Staatskasse, das heisst von den Provinzen gespeist; wieder gab
die tribunicische Gewalt jedem Demagogen den gesetzlichen Frei-
brief die staatlichen Ordnungen zu verkehren; wieder erhob der
Geldadel neben der Regierung als Inhaber der Steuerpachtungen
und der gerichtlichen Controle über die Statthalter so mächtig
wie nur je zuvor sein Haupt; wieder zitterte der Senat vor dem
Verdict der Geschwornen des Ritterstandes und vor der censori-
schen Rüge. Das System Sullas, das auf die politische Vernich-
tung der kaufmännischen Aristokratie und der Demagogie die
Alleinherrschaft der Nobilität begründet hatte, war damit voll-
ständig über den Haufen geworfen. Abgesehen von einzelnen
untergeordneten Bestimmungen, deren Abschaffung erst später
nachgeholt wurde, wie zum Beispiel der Zurückgabe des Selbst-
ergänzungsrechts an die Priestercollegien (II, 335), blieb von
Sullas allgemeinen Ordnungen hienach nichts übrig als theils die
Concessionen, die er selbst der Opposition zu machen nothwen-
dig gefunden hatte, wie namentlich die Anerkennung des römi-
schen Bürgerrechts der sämmtlichen Italiker, theils Verfügungen
ohne schroffe Parteitendenz, an denen desshalb auch die ver-
ständigen Demokraten nichts auszusetzen fanden, wie unter an-
derm die Beschränkungen der Freigelassenen und die materiellen
Aenderungen im Criminalrecht. -- Weit bedenklicher als diese
principiellen waren die persönlichen Fragen, die die Staatsum-
wälzung von 684 nach sich zog. Begreiflicher Weise liessen die
Demokraten sich nicht genügen mit der allgemeinen Anerkennung
ihres Programms, sondern auch sie forderten jetzt eine Restau-
ration in ihrem Sinn: Wiederherstellung des Andenkens ihrer
Todten, Bestrafung der Mörder, Rückberufung der Geächteten
aus der Verbannung, Aufhebung der auf ihren Kindern lastenden
politischen Zurücksetzung, Rückgabe der von Sulla eingezogenen

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mando entfernt worden waren. Es begreift sich, daſs diese Män-
ner alle Mittel, die ihr wichtiges und ernstes Amt ihnen an die
Hand gab, in Bewegung setzten um den neuen Machthabern zu
huldigen und den Senat zu ärgern. Mindestens der achte Theil
des Senats, vierundsechzig Senatoren, eine bis dahin unerhörte
Zahl wurden von der Liste gestrichen, darunter der einst von
Gaius Caesar ohne Erfolg angeklagte Gaius Antonius (S. 87)
und der Consul des J. 683 Publius Lentulus Sura, vermuthlich
auch nicht wenige der verhaſstesten Creaturen Sullas.

So war man mit dem J. 684 wieder im Wesentlichen zu-
rückgekommen auf die Institutionen der Zeit vor der sullanischen
Restauration. Wieder ward die hauptstädtische Menge aus der
Staatskasse, das heiſst von den Provinzen gespeist; wieder gab
die tribunicische Gewalt jedem Demagogen den gesetzlichen Frei-
brief die staatlichen Ordnungen zu verkehren; wieder erhob der
Geldadel neben der Regierung als Inhaber der Steuerpachtungen
und der gerichtlichen Controle über die Statthalter so mächtig
wie nur je zuvor sein Haupt; wieder zitterte der Senat vor dem
Verdict der Geschwornen des Ritterstandes und vor der censori-
schen Rüge. Das System Sullas, das auf die politische Vernich-
tung der kaufmännischen Aristokratie und der Demagogie die
Alleinherrschaft der Nobilität begründet hatte, war damit voll-
ständig über den Haufen geworfen. Abgesehen von einzelnen
untergeordneten Bestimmungen, deren Abschaffung erst später
nachgeholt wurde, wie zum Beispiel der Zurückgabe des Selbst-
ergänzungsrechts an die Priestercollegien (II, 335), blieb von
Sullas allgemeinen Ordnungen hienach nichts übrig als theils die
Concessionen, die er selbst der Opposition zu machen nothwen-
dig gefunden hatte, wie namentlich die Anerkennung des römi-
schen Bürgerrechts der sämmtlichen Italiker, theils Verfügungen
ohne schroffe Parteitendenz, an denen deſshalb auch die ver-
ständigen Demokraten nichts auszusetzen fanden, wie unter an-
derm die Beschränkungen der Freigelassenen und die materiellen
Aenderungen im Criminalrecht. — Weit bedenklicher als diese
principiellen waren die persönlichen Fragen, die die Staatsum-
wälzung von 684 nach sich zog. Begreiflicher Weise lieſsen die
Demokraten sich nicht genügen mit der allgemeinen Anerkennung
ihres Programms, sondern auch sie forderten jetzt eine Restau-
ration in ihrem Sinn: Wiederherstellung des Andenkens ihrer
Todten, Bestrafung der Mörder, Rückberufung der Geächteten
aus der Verbannung, Aufhebung der auf ihren Kindern lastenden
politischen Zurücksetzung, Rückgabe der von Sulla eingezogenen

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[93/0103] STURZ DER OLIGARCHIE. mando entfernt worden waren. Es begreift sich, daſs diese Män- ner alle Mittel, die ihr wichtiges und ernstes Amt ihnen an die Hand gab, in Bewegung setzten um den neuen Machthabern zu huldigen und den Senat zu ärgern. Mindestens der achte Theil des Senats, vierundsechzig Senatoren, eine bis dahin unerhörte Zahl wurden von der Liste gestrichen, darunter der einst von Gaius Caesar ohne Erfolg angeklagte Gaius Antonius (S. 87) und der Consul des J. 683 Publius Lentulus Sura, vermuthlich auch nicht wenige der verhaſstesten Creaturen Sullas. So war man mit dem J. 684 wieder im Wesentlichen zu- rückgekommen auf die Institutionen der Zeit vor der sullanischen Restauration. Wieder ward die hauptstädtische Menge aus der Staatskasse, das heiſst von den Provinzen gespeist; wieder gab die tribunicische Gewalt jedem Demagogen den gesetzlichen Frei- brief die staatlichen Ordnungen zu verkehren; wieder erhob der Geldadel neben der Regierung als Inhaber der Steuerpachtungen und der gerichtlichen Controle über die Statthalter so mächtig wie nur je zuvor sein Haupt; wieder zitterte der Senat vor dem Verdict der Geschwornen des Ritterstandes und vor der censori- schen Rüge. Das System Sullas, das auf die politische Vernich- tung der kaufmännischen Aristokratie und der Demagogie die Alleinherrschaft der Nobilität begründet hatte, war damit voll- ständig über den Haufen geworfen. Abgesehen von einzelnen untergeordneten Bestimmungen, deren Abschaffung erst später nachgeholt wurde, wie zum Beispiel der Zurückgabe des Selbst- ergänzungsrechts an die Priestercollegien (II, 335), blieb von Sullas allgemeinen Ordnungen hienach nichts übrig als theils die Concessionen, die er selbst der Opposition zu machen nothwen- dig gefunden hatte, wie namentlich die Anerkennung des römi- schen Bürgerrechts der sämmtlichen Italiker, theils Verfügungen ohne schroffe Parteitendenz, an denen deſshalb auch die ver- ständigen Demokraten nichts auszusetzen fanden, wie unter an- derm die Beschränkungen der Freigelassenen und die materiellen Aenderungen im Criminalrecht. — Weit bedenklicher als diese principiellen waren die persönlichen Fragen, die die Staatsum- wälzung von 684 nach sich zog. Begreiflicher Weise lieſsen die Demokraten sich nicht genügen mit der allgemeinen Anerkennung ihres Programms, sondern auch sie forderten jetzt eine Restau- ration in ihrem Sinn: Wiederherstellung des Andenkens ihrer Todten, Bestrafung der Mörder, Rückberufung der Geächteten aus der Verbannung, Aufhebung der auf ihren Kindern lastenden politischen Zurücksetzung, Rückgabe der von Sulla eingezogenen

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/103>, abgerufen am 23.11.2024.