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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.

Unvollständiger als in der nur durch schmale Meere von
Italien getrennten africanischen und makedonisch-hellenischen
Landschaft entwickelte sich die römische Herrschaft in dem drit-
ten entfernteren Welttheil. -- In Vorderasien war durch die Zu-
rückdrängung der Seleukiden das Reich von Pergamon die erste
Macht geworden. Nicht geirrt durch die Traditionen der Alexan-
dermonarchien, einsichtig und kühl genug um auf das Unmögliche
zu verzichten verhielten die Attaliden sich ruhig und strebten nicht
ihre Grenze zu erweitern oder der römischen Hegemonie sich zu
entziehen, sondern den Wohlstand ihres Reiches, so weit die
Römer es erlaubten, zu fördern und die Künste des Friedens zu
pflegen. Doch entgingen auch sie dem Argwohn Roms nicht
ganz. Im Besitz der europäischen Küste der Propontis, der
Westküste Kleinasiens und des kleinasiatischen Binnenlandes bis
zur kappadokischen und kilikischen Grenze, in enger Verbindung
mit den syrischen Königen, von denen Antiochos Epiphanes
(+ 590) durch die Hülfe der Attaliden auf den Thron gelangt
war, hatte König Eumenes II durch seine bei dem immer tiefe-
ren Sinken Makedoniens und Syriens um so ansehnlicher er-
scheinende Macht selbst den Begründern derselben Bedenken
eingeflösst; es ist schon erzählt worden (I, 591), wie der Senat
darauf bedacht war nach dem dritten makedonischen Krieg die-
sen Bundesgenossen durch unfeine diplomatische Künste zu de-
müthigen und zu schwächen. Durch diese Verstimmung der
Schutzherren wurden für den Herrn von Pergamon die Schwie-
rigkeiten noch grösser, als sie es ohnehin schon waren in Folge
der unaufhörlichen Verwickelungen mit den ganz und halb
freien Handelsstädten innerhalb seines Reiches und den bar-
barischen Nachbarn an dessen Grenzen. Da es nicht klar war,
ob nach dem Friedensvertrag von 565 die Taurushöhen in der
pamphylischen und pisidischen Landschaft zum syrischen oder
zum pergamenischen Reich gehörten, leisteten die tapferen
Selger, es scheint unter nomineller Anerkennung der syrischen
Oberhoheit, den Königen Eumenes II und Attalos II langjäh-
rigen und energischen Widerstand in den schwer zugäng i-
chen Gebirgen Pisidiens. Auch die asiatischen Kelten hätten,

terschied ,korinthisches' oder ,delisches Kupfer' genannt werden. Die Be-
zeichnung ist in Italien begreiflicher Weise nicht von den Fabrications-,
sondern von den Exportplätzen hergenommen (Plin. n. h. 34, 2, 9); womit
natürlich nicht geleugnet wird, dass dergleichen Gefässe häufig in Korinth
und Delos selbst fabricirt wurden.
Röm. Gesch. II. 4
DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.

Unvollständiger als in der nur durch schmale Meere von
Italien getrennten africanischen und makedonisch-hellenischen
Landschaft entwickelte sich die römische Herrschaft in dem drit-
ten entfernteren Welttheil. — In Vorderasien war durch die Zu-
rückdrängung der Seleukiden das Reich von Pergamon die erste
Macht geworden. Nicht geirrt durch die Traditionen der Alexan-
dermonarchien, einsichtig und kühl genug um auf das Unmögliche
zu verzichten verhielten die Attaliden sich ruhig und strebten nicht
ihre Grenze zu erweitern oder der römischen Hegemonie sich zu
entziehen, sondern den Wohlstand ihres Reiches, so weit die
Römer es erlaubten, zu fördern und die Künste des Friedens zu
pflegen. Doch entgingen auch sie dem Argwohn Roms nicht
ganz. Im Besitz der europäischen Küste der Propontis, der
Westküste Kleinasiens und des kleinasiatischen Binnenlandes bis
zur kappadokischen und kilikischen Grenze, in enger Verbindung
mit den syrischen Königen, von denen Antiochos Epiphanes
(† 590) durch die Hülfe der Attaliden auf den Thron gelangt
war, hatte König Eumenes II durch seine bei dem immer tiefe-
ren Sinken Makedoniens und Syriens um so ansehnlicher er-
scheinende Macht selbst den Begründern derselben Bedenken
eingeflöſst; es ist schon erzählt worden (I, 591), wie der Senat
darauf bedacht war nach dem dritten makedonischen Krieg die-
sen Bundesgenossen durch unfeine diplomatische Künste zu de-
müthigen und zu schwächen. Durch diese Verstimmung der
Schutzherren wurden für den Herrn von Pergamon die Schwie-
rigkeiten noch gröſser, als sie es ohnehin schon waren in Folge
der unaufhörlichen Verwickelungen mit den ganz und halb
freien Handelsstädten innerhalb seines Reiches und den bar-
barischen Nachbarn an dessen Grenzen. Da es nicht klar war,
ob nach dem Friedensvertrag von 565 die Taurushöhen in der
pamphylischen und pisidischen Landschaft zum syrischen oder
zum pergamenischen Reich gehörten, leisteten die tapferen
Selger, es scheint unter nomineller Anerkennung der syrischen
Oberhoheit, den Königen Eumenes II und Attalos II langjäh-
rigen und energischen Widerstand in den schwer zugäng i-
chen Gebirgen Pisidiens. Auch die asiatischen Kelten hätten,

terschied ‚korinthisches‘ oder ‚delisches Kupfer‘ genannt werden. Die Be-
zeichnung ist in Italien begreiflicher Weise nicht von den Fabrications-,
sondern von den Exportplätzen hergenommen (Plin. n. h. 34, 2, 9); womit
natürlich nicht geleugnet wird, daſs dergleichen Gefäſse häufig in Korinth
und Delos selbst fabricirt wurden.
Röm. Gesch. II. 4
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[49/0059] DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. Unvollständiger als in der nur durch schmale Meere von Italien getrennten africanischen und makedonisch-hellenischen Landschaft entwickelte sich die römische Herrschaft in dem drit- ten entfernteren Welttheil. — In Vorderasien war durch die Zu- rückdrängung der Seleukiden das Reich von Pergamon die erste Macht geworden. Nicht geirrt durch die Traditionen der Alexan- dermonarchien, einsichtig und kühl genug um auf das Unmögliche zu verzichten verhielten die Attaliden sich ruhig und strebten nicht ihre Grenze zu erweitern oder der römischen Hegemonie sich zu entziehen, sondern den Wohlstand ihres Reiches, so weit die Römer es erlaubten, zu fördern und die Künste des Friedens zu pflegen. Doch entgingen auch sie dem Argwohn Roms nicht ganz. Im Besitz der europäischen Küste der Propontis, der Westküste Kleinasiens und des kleinasiatischen Binnenlandes bis zur kappadokischen und kilikischen Grenze, in enger Verbindung mit den syrischen Königen, von denen Antiochos Epiphanes († 590) durch die Hülfe der Attaliden auf den Thron gelangt war, hatte König Eumenes II durch seine bei dem immer tiefe- ren Sinken Makedoniens und Syriens um so ansehnlicher er- scheinende Macht selbst den Begründern derselben Bedenken eingeflöſst; es ist schon erzählt worden (I, 591), wie der Senat darauf bedacht war nach dem dritten makedonischen Krieg die- sen Bundesgenossen durch unfeine diplomatische Künste zu de- müthigen und zu schwächen. Durch diese Verstimmung der Schutzherren wurden für den Herrn von Pergamon die Schwie- rigkeiten noch gröſser, als sie es ohnehin schon waren in Folge der unaufhörlichen Verwickelungen mit den ganz und halb freien Handelsstädten innerhalb seines Reiches und den bar- barischen Nachbarn an dessen Grenzen. Da es nicht klar war, ob nach dem Friedensvertrag von 565 die Taurushöhen in der pamphylischen und pisidischen Landschaft zum syrischen oder zum pergamenischen Reich gehörten, leisteten die tapferen Selger, es scheint unter nomineller Anerkennung der syrischen Oberhoheit, den Königen Eumenes II und Attalos II langjäh- rigen und energischen Widerstand in den schwer zugäng i- chen Gebirgen Pisidiens. Auch die asiatischen Kelten hätten, * * terschied ‚korinthisches‘ oder ‚delisches Kupfer‘ genannt werden. Die Be- zeichnung ist in Italien begreiflicher Weise nicht von den Fabrications-, sondern von den Exportplätzen hergenommen (Plin. n. h. 34, 2, 9); womit natürlich nicht geleugnet wird, daſs dergleichen Gefäſse häufig in Korinth und Delos selbst fabricirt wurden. Röm. Gesch. II. 4

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/59>, abgerufen am 22.11.2024.