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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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VIERTES BUCH. KAPITEL XI.
der Schatzung des J. 684 910000 waffenfähige Männer, wobei,
um den Betrag der freien Bevölkerung auf der Halbinsel zu er-
halten, die in der Schätzung zufällig Uebergangenen, die Latiner
in der Landschaft zwischen den Alpen und dem Po und die ausser-
italischen in Italien domicilirten Insassen hinzu, die auswärts do-
micilirenden römischen Bürger dagegen abzurechnen sind. Es wird
danach kaum möglich sein die freie Bevölkerung der Halbinsel
höher als auf 6-7 Mill. Köpfe anzusetzen. Wenn die damalige
Gesammtbevölkerung derselben der gegenwärtigen gleichkam, so
hätte man danach eine Sclavenmasse von 13-14 Mill. Köpfen
anzunehmen. Es bedarf indess solcher trüglichen Berechnungen
nicht, um die gefährliche Spannung dieser Verhältnisse anschaulich
zu machen; laut genug reden die partiellen Sclaveninsurrectionen
und der seit dem Beginn der Revolution am Schlusse eines jeden
Aufstandes erschallende Aufruf an die Sclaven die Waffen gegen
ihre Herren zu ergreifen und die Freiheit sich zu erfechten. Wenn
man sich England vorstellt mit seinen Lords, seinen Squires
und vor allem seiner City, aber die Freeholders und Pächter in
Proletarier, die Arbeiter und Matrosen in Sclaven verwandelt, so
wird man ein ungefähres Bild der damaligen Bevölkerung der
Halbinsel gewinnen.

Wie im klaren Spiegel liegen die ökonomischen Verhältnisse
dieser Epoche noch heute uns vor in dem römischen Münzwesen.
Die Behandlung des Münzwesens zeigt durchaus den einsichtigen
Kaufmann. Seit langer Zeit standen Gold und Silber als allge-
meine Zahlmittel neben einander, so dass zwar zum Zweck all-
gemeiner Kassebilanzen ein festes Werthverhältniss zwischen
beiden Metallen gesetzlich normirt war (I, 617), aber doch regel-
mässig es nicht freistand ein Metall für das andere zu geben,
sondern je nach dem Inhalt der Verschreibung Gold- oder Sil-
berzahlung gefordert werden konnte. Auf diesem Wege wurden
die grossen Uebelstände vermieden, die sonst an die Feststel-
lung eines doppelten Werthmetalls unvermeidlich sich knüpfen;
wenn der Goldwerth ins Schwanken kam, wie er denn zum
Beispiel um 600 in Folge der Entdeckung der tauriskischen Gold-
lager (S. 160) auf einmal in Italien um 33 1/3 % abschlug, so
wirkte eine solche Krise wenigstens nicht direct auf die Silber-
münze und den Kleinverkehr. Es lag aber in der Natur der Sache,
dass das Gold, je mehr der überseeische Verkehr sich ausdehnte,
desto entschiedener aus der zweiten in die erste Stelle eintrat,
was denn auch die Angaben über die Staatskassenbestände und
die Staatskassengeschäfte bestätigen. Aber nur um so mehr hielt

VIERTES BUCH. KAPITEL XI.
der Schatzung des J. 684 910000 waffenfähige Männer, wobei,
um den Betrag der freien Bevölkerung auf der Halbinsel zu er-
halten, die in der Schätzung zufällig Uebergangenen, die Latiner
in der Landschaft zwischen den Alpen und dem Po und die auſser-
italischen in Italien domicilirten Insassen hinzu, die auswärts do-
micilirenden römischen Bürger dagegen abzurechnen sind. Es wird
danach kaum möglich sein die freie Bevölkerung der Halbinsel
höher als auf 6-7 Mill. Köpfe anzusetzen. Wenn die damalige
Gesammtbevölkerung derselben der gegenwärtigen gleichkam, so
hätte man danach eine Sclavenmasse von 13-14 Mill. Köpfen
anzunehmen. Es bedarf indeſs solcher trüglichen Berechnungen
nicht, um die gefährliche Spannung dieser Verhältnisse anschaulich
zu machen; laut genug reden die partiellen Sclaveninsurrectionen
und der seit dem Beginn der Revolution am Schlusse eines jeden
Aufstandes erschallende Aufruf an die Sclaven die Waffen gegen
ihre Herren zu ergreifen und die Freiheit sich zu erfechten. Wenn
man sich England vorstellt mit seinen Lords, seinen Squires
und vor allem seiner City, aber die Freeholders und Pächter in
Proletarier, die Arbeiter und Matrosen in Sclaven verwandelt, so
wird man ein ungefähres Bild der damaligen Bevölkerung der
Halbinsel gewinnen.

Wie im klaren Spiegel liegen die ökonomischen Verhältnisse
dieser Epoche noch heute uns vor in dem römischen Münzwesen.
Die Behandlung des Münzwesens zeigt durchaus den einsichtigen
Kaufmann. Seit langer Zeit standen Gold und Silber als allge-
meine Zahlmittel neben einander, so daſs zwar zum Zweck all-
gemeiner Kassebilanzen ein festes Werthverhältniſs zwischen
beiden Metallen gesetzlich normirt war (I, 617), aber doch regel-
mäſsig es nicht freistand ein Metall für das andere zu geben,
sondern je nach dem Inhalt der Verschreibung Gold- oder Sil-
berzahlung gefordert werden konnte. Auf diesem Wege wurden
die groſsen Uebelstände vermieden, die sonst an die Feststel-
lung eines doppelten Werthmetalls unvermeidlich sich knüpfen;
wenn der Goldwerth ins Schwanken kam, wie er denn zum
Beispiel um 600 in Folge der Entdeckung der tauriskischen Gold-
lager (S. 160) auf einmal in Italien um 33⅓ % abschlug, so
wirkte eine solche Krise wenigstens nicht direct auf die Silber-
münze und den Kleinverkehr. Es lag aber in der Natur der Sache,
daſs das Gold, je mehr der überseeische Verkehr sich ausdehnte,
desto entschiedener aus der zweiten in die erste Stelle eintrat,
was denn auch die Angaben über die Staatskassenbestände und
die Staatskassengeschäfte bestätigen. Aber nur um so mehr hielt

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[378/0388] VIERTES BUCH. KAPITEL XI. der Schatzung des J. 684 910000 waffenfähige Männer, wobei, um den Betrag der freien Bevölkerung auf der Halbinsel zu er- halten, die in der Schätzung zufällig Uebergangenen, die Latiner in der Landschaft zwischen den Alpen und dem Po und die auſser- italischen in Italien domicilirten Insassen hinzu, die auswärts do- micilirenden römischen Bürger dagegen abzurechnen sind. Es wird danach kaum möglich sein die freie Bevölkerung der Halbinsel höher als auf 6-7 Mill. Köpfe anzusetzen. Wenn die damalige Gesammtbevölkerung derselben der gegenwärtigen gleichkam, so hätte man danach eine Sclavenmasse von 13-14 Mill. Köpfen anzunehmen. Es bedarf indeſs solcher trüglichen Berechnungen nicht, um die gefährliche Spannung dieser Verhältnisse anschaulich zu machen; laut genug reden die partiellen Sclaveninsurrectionen und der seit dem Beginn der Revolution am Schlusse eines jeden Aufstandes erschallende Aufruf an die Sclaven die Waffen gegen ihre Herren zu ergreifen und die Freiheit sich zu erfechten. Wenn man sich England vorstellt mit seinen Lords, seinen Squires und vor allem seiner City, aber die Freeholders und Pächter in Proletarier, die Arbeiter und Matrosen in Sclaven verwandelt, so wird man ein ungefähres Bild der damaligen Bevölkerung der Halbinsel gewinnen. Wie im klaren Spiegel liegen die ökonomischen Verhältnisse dieser Epoche noch heute uns vor in dem römischen Münzwesen. Die Behandlung des Münzwesens zeigt durchaus den einsichtigen Kaufmann. Seit langer Zeit standen Gold und Silber als allge- meine Zahlmittel neben einander, so daſs zwar zum Zweck all- gemeiner Kassebilanzen ein festes Werthverhältniſs zwischen beiden Metallen gesetzlich normirt war (I, 617), aber doch regel- mäſsig es nicht freistand ein Metall für das andere zu geben, sondern je nach dem Inhalt der Verschreibung Gold- oder Sil- berzahlung gefordert werden konnte. Auf diesem Wege wurden die groſsen Uebelstände vermieden, die sonst an die Feststel- lung eines doppelten Werthmetalls unvermeidlich sich knüpfen; wenn der Goldwerth ins Schwanken kam, wie er denn zum Beispiel um 600 in Folge der Entdeckung der tauriskischen Gold- lager (S. 160) auf einmal in Italien um 33⅓ % abschlug, so wirkte eine solche Krise wenigstens nicht direct auf die Silber- münze und den Kleinverkehr. Es lag aber in der Natur der Sache, daſs das Gold, je mehr der überseeische Verkehr sich ausdehnte, desto entschiedener aus der zweiten in die erste Stelle eintrat, was denn auch die Angaben über die Staatskassenbestände und die Staatskassengeschäfte bestätigen. Aber nur um so mehr hielt

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/388>, abgerufen am 26.11.2024.