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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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VIERTES BUCH. KAPITEL VII.
Person in den Urversammlungen oder von der Stadt, und dass
der grosse Gedanke die Volkssouveränetät auszudrücken durch
eine Repräsentantenversammlung, dieser Gedanke, ohne den der
freie Staat ein Unding wäre, ganz und vollkommen modern ist.
Selbst die italischen freien Städte, obwohl sie in den gewisser-
massen repräsentativen Senaten und in dem Zurücktreten der
Comitien dem freien Staat sich nähern, haben doch weder als
Rom noch als Italia jemals die Grenzlinie zu überschreiten ver-
mocht.

So begann wenige Monate nach Drusus Tode im Winter
663/4 der Kampf, wie eine der Insurgentenmünzen ihn darstellt,
des sabellischen Stiers gegen die römische Wölfin. Beiderseits
rüstete man eifrig; in Italia wurden grosse Vorräthe an Waffen,
Zufuhr und Geld aufgehäuft; in Rom bezog man aus den Pro-
vinzen, namentlich aus Sicilien, die erforderlichen Vorräthe und
setzte für alle Fälle die lange vernachlässigten Mauern in Verthei-
digungsstand. Die Streitkräfte waren einigermassen gleich ge-
wogen. Die Römer füllten die Lücken in den italischen Contin-
genten theils durch gesteigerte Aushebung aus der Bürgerschaft
und aus den schon fast ganz romanisirten Bewohnern der Kelten-
landschaften diesseit der Alpen, von denen allein bei der campa-
nischen Armee 10000 dienten*, theils durch die Zuzüge der Nu-
midier und anderer überseeischer Nationen, und brachten mit
Hülfe der griechischen und kleinasiatischen Freistädte eine Kriegs-
flotte zusammen**. Beiderseits wurden ohne die Besatzungen zu
rechnen bis 100000 Soldaten mobil gemacht*** und an Tüch-
tigkeit der Mannschaft, an Kriegstaktik und Bewaffnung standen
die Italiker hinter den Römern in nichts zurück. Die Führung
des Krieges war für die Insurgenten wie für die Römer deswegen
sehr schwierig, weil das aufständische Gebiet sehr ausgedehnt
und eine grosse Zahl zu Rom haltender Festungen in demselben

* Die Schleuderbleie von Asculum beweisen, dass auch im Heere des
Strabo die Gallier sehr zahlreich waren.
** Wir haben noch einen römischen Senatsbeschluss vom 22. Mai 676,
welcher dreien griechischen Schiffscapitänen von Karystos, Klazomenae
und Miletos für die seit dem Beginn des italischen Krieges (664) geleiste-
ten treuen Dienste bei ihrer Entlassung Ehren und Vortheile zuerkennt.
Gleichartig ist die Nachricht Memnons, dass von Herakleia am schwarzen
Meer für den italischen Krieg zwei Trieren aufgeboten und dieselben im
elften Jahre mit reichen Ehrengaben heimgekehrt seien.
*** Dass diese Angabe Appians nicht übertrieben ist, beweisen die
Schleuderbleie von Asculum, die die achtzehnte Legion nennen.

VIERTES BUCH. KAPITEL VII.
Person in den Urversammlungen oder von der Stadt, und daſs
der groſse Gedanke die Volkssouveränetät auszudrücken durch
eine Repräsentantenversammlung, dieser Gedanke, ohne den der
freie Staat ein Unding wäre, ganz und vollkommen modern ist.
Selbst die italischen freien Städte, obwohl sie in den gewisser-
maſsen repräsentativen Senaten und in dem Zurücktreten der
Comitien dem freien Staat sich nähern, haben doch weder als
Rom noch als Italia jemals die Grenzlinie zu überschreiten ver-
mocht.

So begann wenige Monate nach Drusus Tode im Winter
663/4 der Kampf, wie eine der Insurgentenmünzen ihn darstellt,
des sabellischen Stiers gegen die römische Wölfin. Beiderseits
rüstete man eifrig; in Italia wurden groſse Vorräthe an Waffen,
Zufuhr und Geld aufgehäuft; in Rom bezog man aus den Pro-
vinzen, namentlich aus Sicilien, die erforderlichen Vorräthe und
setzte für alle Fälle die lange vernachlässigten Mauern in Verthei-
digungsstand. Die Streitkräfte waren einigermaſsen gleich ge-
wogen. Die Römer füllten die Lücken in den italischen Contin-
genten theils durch gesteigerte Aushebung aus der Bürgerschaft
und aus den schon fast ganz romanisirten Bewohnern der Kelten-
landschaften diesseit der Alpen, von denen allein bei der campa-
nischen Armee 10000 dienten*, theils durch die Zuzüge der Nu-
midier und anderer überseeischer Nationen, und brachten mit
Hülfe der griechischen und kleinasiatischen Freistädte eine Kriegs-
flotte zusammen**. Beiderseits wurden ohne die Besatzungen zu
rechnen bis 100000 Soldaten mobil gemacht*** und an Tüch-
tigkeit der Mannschaft, an Kriegstaktik und Bewaffnung standen
die Italiker hinter den Römern in nichts zurück. Die Führung
des Krieges war für die Insurgenten wie für die Römer deswegen
sehr schwierig, weil das aufständische Gebiet sehr ausgedehnt
und eine groſse Zahl zu Rom haltender Festungen in demselben

* Die Schleuderbleie von Asculum beweisen, daſs auch im Heere des
Strabo die Gallier sehr zahlreich waren.
** Wir haben noch einen römischen Senatsbeschluſs vom 22. Mai 676,
welcher dreien griechischen Schiffscapitänen von Karystos, Klazomenae
und Miletos für die seit dem Beginn des italischen Krieges (664) geleiste-
ten treuen Dienste bei ihrer Entlassung Ehren und Vortheile zuerkennt.
Gleichartig ist die Nachricht Memnons, daſs von Herakleia am schwarzen
Meer für den italischen Krieg zwei Trieren aufgeboten und dieselben im
elften Jahre mit reichen Ehrengaben heimgekehrt seien.
*** Daſs diese Angabe Appians nicht übertrieben ist, beweisen die
Schleuderbleie von Asculum, die die achtzehnte Legion nennen.
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[222/0232] VIERTES BUCH. KAPITEL VII. Person in den Urversammlungen oder von der Stadt, und daſs der groſse Gedanke die Volkssouveränetät auszudrücken durch eine Repräsentantenversammlung, dieser Gedanke, ohne den der freie Staat ein Unding wäre, ganz und vollkommen modern ist. Selbst die italischen freien Städte, obwohl sie in den gewisser- maſsen repräsentativen Senaten und in dem Zurücktreten der Comitien dem freien Staat sich nähern, haben doch weder als Rom noch als Italia jemals die Grenzlinie zu überschreiten ver- mocht. So begann wenige Monate nach Drusus Tode im Winter 663/4 der Kampf, wie eine der Insurgentenmünzen ihn darstellt, des sabellischen Stiers gegen die römische Wölfin. Beiderseits rüstete man eifrig; in Italia wurden groſse Vorräthe an Waffen, Zufuhr und Geld aufgehäuft; in Rom bezog man aus den Pro- vinzen, namentlich aus Sicilien, die erforderlichen Vorräthe und setzte für alle Fälle die lange vernachlässigten Mauern in Verthei- digungsstand. Die Streitkräfte waren einigermaſsen gleich ge- wogen. Die Römer füllten die Lücken in den italischen Contin- genten theils durch gesteigerte Aushebung aus der Bürgerschaft und aus den schon fast ganz romanisirten Bewohnern der Kelten- landschaften diesseit der Alpen, von denen allein bei der campa- nischen Armee 10000 dienten *, theils durch die Zuzüge der Nu- midier und anderer überseeischer Nationen, und brachten mit Hülfe der griechischen und kleinasiatischen Freistädte eine Kriegs- flotte zusammen **. Beiderseits wurden ohne die Besatzungen zu rechnen bis 100000 Soldaten mobil gemacht *** und an Tüch- tigkeit der Mannschaft, an Kriegstaktik und Bewaffnung standen die Italiker hinter den Römern in nichts zurück. Die Führung des Krieges war für die Insurgenten wie für die Römer deswegen sehr schwierig, weil das aufständische Gebiet sehr ausgedehnt und eine groſse Zahl zu Rom haltender Festungen in demselben * Die Schleuderbleie von Asculum beweisen, daſs auch im Heere des Strabo die Gallier sehr zahlreich waren. ** Wir haben noch einen römischen Senatsbeschluſs vom 22. Mai 676, welcher dreien griechischen Schiffscapitänen von Karystos, Klazomenae und Miletos für die seit dem Beginn des italischen Krieges (664) geleiste- ten treuen Dienste bei ihrer Entlassung Ehren und Vortheile zuerkennt. Gleichartig ist die Nachricht Memnons, daſs von Herakleia am schwarzen Meer für den italischen Krieg zwei Trieren aufgeboten und dieselben im elften Jahre mit reichen Ehrengaben heimgekehrt seien. *** Daſs diese Angabe Appians nicht übertrieben ist, beweisen die Schleuderbleie von Asculum, die die achtzehnte Legion nennen.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/232>, abgerufen am 24.11.2024.