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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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gerichtet zu werden, ein Anfang gemacht die so schwer durch-
zubringenden und doch unmöglich auf die Länge abzuweisenden
Ansprüche der Italiker auf Gleichstellung mit den Römern zu
befriedigen. Zunächst aber wurde, wenn das Gesetz durchging
und Marius zur selbständigen Ausführung dieser ungeheuren Er-
oberungs- und Auftheilungspläne berufen ward, derselbe that-
sächlich Monarch von Rom und musste es bleiben bis zur Reali-
sirung jener Pläne oder vielmehr bei der Unbestimmtheit und
Schrankenlosigkeit derselben auf Zeit seines Lebens; wozu denn
vermuthlich, wie Gracchus das Tribunat, so Marius das Consulat
alljährlich sich erneuern zu lassen gedachte. Ueberhaupt ist bei der
sonstigen Uebereinstimmung der für den jüngeren Gracchus und
für Marius entworfenen politischen Stellungen in allen wesentli-
chen Stücken doch zwischen dem landanweisenden Tribun und
dem landanweisenden Consul darin ein sehr wesentlicher Unter-
schied, dass jener eine rein bürgerliche, dieser daneben eine mili-
tärische Stellung einnehmen sollte; ein Unterschied, der zwar mit,
aber doch keineswegs allein aus den persönlichen Verhältnissen
hervorging, unter denen die beiden Männer an die Spitze des Staa-
tes getreten waren. -- Wenn also das Ziel beschaffen war, das Ma-
rius und seine Genossen sich vorgesteckt hatten, so fragte es sich
weiter um die Mittel, durch welche man den voraussichtlich hart-
näckigen Widerstand der Regierungspartei zu brechen gedachte.
Gaius Gracchus hatte seine Schlachten geschlagen mit dem Ca-
pitalistenstand und dem Proletariat. Seine Nachfolger versäumten
zwar nicht auch diesen entgegenzukommen. Den Rittern liess man
nicht bloss die Gerichte, sondern ihre Geschwornengewalt wurde
ansehnlich gesteigert durch eine verschärfte Ordnung für die den
Kaufleuten vor allem wichtige stehende Commission wegen Er-
pressungen seitens der Staatsbeamten in den Provinzen, welche
Glaucia, und durch die Errichtung einer ausserordentlichen Com-
mission zur Untersuchung der während der kimbrischen Unru-
hen vorgekommenen Landesverräthereien, welche Saturninus,
beide wahrscheinlich in diesem Jahr, durchbrachten. Zum
Frommen des hauptstädtischen Proletariats ferner ward der bis-
her bei den Getreidevertheilungen für den Scheffel zu entrich-
tende Schleuderpreis von 6 1/3 As herabgesetzt auf eine blosse Re-
cognitionsgebühr von 5/6 As. Indess obwohl man das Bündniss
mit den Rittern und dem hauptstädtischen Proletariat nicht ver-
schmähte, so ruhte doch die eigentlich zwingende Macht der Ver-
bündeten wesentlich nicht in ihnen, sondern in den entlassenen
Soldaten der marianischen Armee, welche eben desshalb in dem

Röm. Gesch. II. 13

MARIUS UND DRUSUS.
gerichtet zu werden, ein Anfang gemacht die so schwer durch-
zubringenden und doch unmöglich auf die Länge abzuweisenden
Ansprüche der Italiker auf Gleichstellung mit den Römern zu
befriedigen. Zunächst aber wurde, wenn das Gesetz durchging
und Marius zur selbständigen Ausführung dieser ungeheuren Er-
oberungs- und Auftheilungspläne berufen ward, derselbe that-
sächlich Monarch von Rom und muſste es bleiben bis zur Reali-
sirung jener Pläne oder vielmehr bei der Unbestimmtheit und
Schrankenlosigkeit derselben auf Zeit seines Lebens; wozu denn
vermuthlich, wie Gracchus das Tribunat, so Marius das Consulat
alljährlich sich erneuern zu lassen gedachte. Ueberhaupt ist bei der
sonstigen Uebereinstimmung der für den jüngeren Gracchus und
für Marius entworfenen politischen Stellungen in allen wesentli-
chen Stücken doch zwischen dem landanweisenden Tribun und
dem landanweisenden Consul darin ein sehr wesentlicher Unter-
schied, daſs jener eine rein bürgerliche, dieser daneben eine mili-
tärische Stellung einnehmen sollte; ein Unterschied, der zwar mit,
aber doch keineswegs allein aus den persönlichen Verhältnissen
hervorging, unter denen die beiden Männer an die Spitze des Staa-
tes getreten waren. — Wenn also das Ziel beschaffen war, das Ma-
rius und seine Genossen sich vorgesteckt hatten, so fragte es sich
weiter um die Mittel, durch welche man den voraussichtlich hart-
näckigen Widerstand der Regierungspartei zu brechen gedachte.
Gaius Gracchus hatte seine Schlachten geschlagen mit dem Ca-
pitalistenstand und dem Proletariat. Seine Nachfolger versäumten
zwar nicht auch diesen entgegenzukommen. Den Rittern lieſs man
nicht bloſs die Gerichte, sondern ihre Geschwornengewalt wurde
ansehnlich gesteigert durch eine verschärfte Ordnung für die den
Kaufleuten vor allem wichtige stehende Commission wegen Er-
pressungen seitens der Staatsbeamten in den Provinzen, welche
Glaucia, und durch die Errichtung einer auſserordentlichen Com-
mission zur Untersuchung der während der kimbrischen Unru-
hen vorgekommenen Landesverräthereien, welche Saturninus,
beide wahrscheinlich in diesem Jahr, durchbrachten. Zum
Frommen des hauptstädtischen Proletariats ferner ward der bis-
her bei den Getreidevertheilungen für den Scheffel zu entrich-
tende Schleuderpreis von 6⅓ As herabgesetzt auf eine bloſse Re-
cognitionsgebühr von ⅚ As. Indeſs obwohl man das Bündniſs
mit den Rittern und dem hauptstädtischen Proletariat nicht ver-
schmähte, so ruhte doch die eigentlich zwingende Macht der Ver-
bündeten wesentlich nicht in ihnen, sondern in den entlassenen
Soldaten der marianischen Armee, welche eben deſshalb in dem

Röm. Gesch. II. 13
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[193/0203] MARIUS UND DRUSUS. gerichtet zu werden, ein Anfang gemacht die so schwer durch- zubringenden und doch unmöglich auf die Länge abzuweisenden Ansprüche der Italiker auf Gleichstellung mit den Römern zu befriedigen. Zunächst aber wurde, wenn das Gesetz durchging und Marius zur selbständigen Ausführung dieser ungeheuren Er- oberungs- und Auftheilungspläne berufen ward, derselbe that- sächlich Monarch von Rom und muſste es bleiben bis zur Reali- sirung jener Pläne oder vielmehr bei der Unbestimmtheit und Schrankenlosigkeit derselben auf Zeit seines Lebens; wozu denn vermuthlich, wie Gracchus das Tribunat, so Marius das Consulat alljährlich sich erneuern zu lassen gedachte. Ueberhaupt ist bei der sonstigen Uebereinstimmung der für den jüngeren Gracchus und für Marius entworfenen politischen Stellungen in allen wesentli- chen Stücken doch zwischen dem landanweisenden Tribun und dem landanweisenden Consul darin ein sehr wesentlicher Unter- schied, daſs jener eine rein bürgerliche, dieser daneben eine mili- tärische Stellung einnehmen sollte; ein Unterschied, der zwar mit, aber doch keineswegs allein aus den persönlichen Verhältnissen hervorging, unter denen die beiden Männer an die Spitze des Staa- tes getreten waren. — Wenn also das Ziel beschaffen war, das Ma- rius und seine Genossen sich vorgesteckt hatten, so fragte es sich weiter um die Mittel, durch welche man den voraussichtlich hart- näckigen Widerstand der Regierungspartei zu brechen gedachte. Gaius Gracchus hatte seine Schlachten geschlagen mit dem Ca- pitalistenstand und dem Proletariat. Seine Nachfolger versäumten zwar nicht auch diesen entgegenzukommen. Den Rittern lieſs man nicht bloſs die Gerichte, sondern ihre Geschwornengewalt wurde ansehnlich gesteigert durch eine verschärfte Ordnung für die den Kaufleuten vor allem wichtige stehende Commission wegen Er- pressungen seitens der Staatsbeamten in den Provinzen, welche Glaucia, und durch die Errichtung einer auſserordentlichen Com- mission zur Untersuchung der während der kimbrischen Unru- hen vorgekommenen Landesverräthereien, welche Saturninus, beide wahrscheinlich in diesem Jahr, durchbrachten. Zum Frommen des hauptstädtischen Proletariats ferner ward der bis- her bei den Getreidevertheilungen für den Scheffel zu entrich- tende Schleuderpreis von 6⅓ As herabgesetzt auf eine bloſse Re- cognitionsgebühr von ⅚ As. Indeſs obwohl man das Bündniſs mit den Rittern und dem hauptstädtischen Proletariat nicht ver- schmähte, so ruhte doch die eigentlich zwingende Macht der Ver- bündeten wesentlich nicht in ihnen, sondern in den entlassenen Soldaten der marianischen Armee, welche eben deſshalb in dem Röm. Gesch. II. 13

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/203>, abgerufen am 27.11.2024.