Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.DIE VÖLKER DES NORDENS. der erobern zu helfen, aber in der Gegend von Aix geschlagenwurde. Da die Allobrogen indess nichts desto weniger sich wei- gerten den Salyerkönig auszuliefern, drang Calvinus Nachfolger Gnaeus Domitius Ahenobarbus in ihr eigenes Gebiet ein (632). Bisher hatte der führende keltische Stamm dem Umsichgreifen der italischen Nachbarn zugesehen; der Arvernerkönig Betuitus, jenes Luerius Sohn, schien nicht sehr geneigt des losen Schutz- verhältnisses wegen, in dem die östlichen Gaue zu ihm stehen mochten, in einen bedenklichen Krieg sich einzulassen. Indess als die Römer Miene machten die Allobrogen auf ihrem eige- nen Gebiet anzugreifen, bot er seine Vermittlung an, deren Zu- rückweisung zur Folge hatte, dass er mit seiner gesammten Macht den Allobrogen zu Hülfe erschien; wogegen wieder die Haeduer Partei ergriffen für die Römer. Auch die Römer sandten auf die Nachricht von der Schilderhebung der Arverner den Con- sul des J. 633 Quintus Fabius Maximus, in Verbindung mit Ahe- nobarbus dem drohenden Sturm zu begegnen. An der südlichen Grenze des allobrogischen Cantons am Einfluss der Isere in die Rhone, die das Arvernerheer auf einer Schiffbrücke überschritt, ward am 8. August 633 die Schlacht geschlagen, die über die Herrschaft im südlichen Gallien entschied. König Betuitus, da er die zahllosen Haufen der abhängigen Clans über die Brücke her- anziehen und dagegen die dreimal schwächeren Römer sich auf- stellen sah, soll ausgerufen haben, dass ihrer ja nicht genug seien um die Hunde des Keltenheeres zu sättigen. Allein Maximus, ein Enkel des Siegers von Pydna, erfocht dennoch einen entschei- denden Sieg, welcher, da die Schiffbrücke unter der Masse der Flüchtenden zusammenbrach, mit der Vernichtung des grössten Theils der arvernischen Armee endigte. Die Allobrogen, denen ferner Beistand zu leisten der Arvernerkönig sich unfähig er- klärte und denen er selber rieth mit Maximus ihren Frieden zu machen, unterwarfen sich dem Consul, worauf derselbe, fortan der Allobrogiker genannt, nach Italien zurückging und die nicht mehr ferne Beendigung des arvernischen Krieges dem Ahenobar- bus überliess. Dieser, auf König Betuitus persönlich erbittert, weil er die Allobrogen veranlasst sich dem Maximus und nicht ihm zu ergeben, bemächtigte sich in treuloser Weise der Person des Königs und sandte ihn nach Rom, wo der Senat den Bruch des Treuworts zwar missbilligte, aber nicht bloss den verrathenen Mann festhielt, sondern auch befahl den Sohn desselben Congon- netiacus gleichfalls nach Rom zu senden. Dies scheint die Ur- sache gewesen zu sein, dass der fast schon thatsächlich beendigte DIE VÖLKER DES NORDENS. der erobern zu helfen, aber in der Gegend von Aix geschlagenwurde. Da die Allobrogen indeſs nichts desto weniger sich wei- gerten den Salyerkönig auszuliefern, drang Calvinus Nachfolger Gnaeus Domitius Ahenobarbus in ihr eigenes Gebiet ein (632). Bisher hatte der führende keltische Stamm dem Umsichgreifen der italischen Nachbarn zugesehen; der Arvernerkönig Betuitus, jenes Luerius Sohn, schien nicht sehr geneigt des losen Schutz- verhältnisses wegen, in dem die östlichen Gaue zu ihm stehen mochten, in einen bedenklichen Krieg sich einzulassen. Indeſs als die Römer Miene machten die Allobrogen auf ihrem eige- nen Gebiet anzugreifen, bot er seine Vermittlung an, deren Zu- rückweisung zur Folge hatte, daſs er mit seiner gesammten Macht den Allobrogen zu Hülfe erschien; wogegen wieder die Haeduer Partei ergriffen für die Römer. Auch die Römer sandten auf die Nachricht von der Schilderhebung der Arverner den Con- sul des J. 633 Quintus Fabius Maximus, in Verbindung mit Ahe- nobarbus dem drohenden Sturm zu begegnen. An der südlichen Grenze des allobrogischen Cantons am Einfluſs der Isere in die Rhone, die das Arvernerheer auf einer Schiffbrücke überschritt, ward am 8. August 633 die Schlacht geschlagen, die über die Herrschaft im südlichen Gallien entschied. König Betuitus, da er die zahllosen Haufen der abhängigen Clans über die Brücke her- anziehen und dagegen die dreimal schwächeren Römer sich auf- stellen sah, soll ausgerufen haben, daſs ihrer ja nicht genug seien um die Hunde des Keltenheeres zu sättigen. Allein Maximus, ein Enkel des Siegers von Pydna, erfocht dennoch einen entschei- denden Sieg, welcher, da die Schiffbrücke unter der Masse der Flüchtenden zusammenbrach, mit der Vernichtung des gröſsten Theils der arvernischen Armee endigte. Die Allobrogen, denen ferner Beistand zu leisten der Arvernerkönig sich unfähig er- klärte und denen er selber rieth mit Maximus ihren Frieden zu machen, unterwarfen sich dem Consul, worauf derselbe, fortan der Allobrogiker genannt, nach Italien zurückging und die nicht mehr ferne Beendigung des arvernischen Krieges dem Ahenobar- bus überlieſs. Dieser, auf König Betuitus persönlich erbittert, weil er die Allobrogen veranlaſst sich dem Maximus und nicht ihm zu ergeben, bemächtigte sich in treuloser Weise der Person des Königs und sandte ihn nach Rom, wo der Senat den Bruch des Treuworts zwar miſsbilligte, aber nicht bloſs den verrathenen Mann festhielt, sondern auch befahl den Sohn desselben Congon- netiacus gleichfalls nach Rom zu senden. 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DIE VÖLKER DES NORDENS.
der erobern zu helfen, aber in der Gegend von Aix geschlagen
wurde. Da die Allobrogen indeſs nichts desto weniger sich wei-
gerten den Salyerkönig auszuliefern, drang Calvinus Nachfolger
Gnaeus Domitius Ahenobarbus in ihr eigenes Gebiet ein (632).
Bisher hatte der führende keltische Stamm dem Umsichgreifen
der italischen Nachbarn zugesehen; der Arvernerkönig Betuitus,
jenes Luerius Sohn, schien nicht sehr geneigt des losen Schutz-
verhältnisses wegen, in dem die östlichen Gaue zu ihm stehen
mochten, in einen bedenklichen Krieg sich einzulassen. Indeſs
als die Römer Miene machten die Allobrogen auf ihrem eige-
nen Gebiet anzugreifen, bot er seine Vermittlung an, deren Zu-
rückweisung zur Folge hatte, daſs er mit seiner gesammten
Macht den Allobrogen zu Hülfe erschien; wogegen wieder die
Haeduer Partei ergriffen für die Römer. Auch die Römer sandten
auf die Nachricht von der Schilderhebung der Arverner den Con-
sul des J. 633 Quintus Fabius Maximus, in Verbindung mit Ahe-
nobarbus dem drohenden Sturm zu begegnen. An der südlichen
Grenze des allobrogischen Cantons am Einfluſs der Isere in die
Rhone, die das Arvernerheer auf einer Schiffbrücke überschritt,
ward am 8. August 633 die Schlacht geschlagen, die über die
Herrschaft im südlichen Gallien entschied. König Betuitus, da er
die zahllosen Haufen der abhängigen Clans über die Brücke her-
anziehen und dagegen die dreimal schwächeren Römer sich auf-
stellen sah, soll ausgerufen haben, daſs ihrer ja nicht genug seien
um die Hunde des Keltenheeres zu sättigen. Allein Maximus, ein
Enkel des Siegers von Pydna, erfocht dennoch einen entschei-
denden Sieg, welcher, da die Schiffbrücke unter der Masse der
Flüchtenden zusammenbrach, mit der Vernichtung des gröſsten
Theils der arvernischen Armee endigte. Die Allobrogen, denen
ferner Beistand zu leisten der Arvernerkönig sich unfähig er-
klärte und denen er selber rieth mit Maximus ihren Frieden zu
machen, unterwarfen sich dem Consul, worauf derselbe, fortan
der Allobrogiker genannt, nach Italien zurückging und die nicht
mehr ferne Beendigung des arvernischen Krieges dem Ahenobar-
bus überlieſs. Dieser, auf König Betuitus persönlich erbittert,
weil er die Allobrogen veranlaſst sich dem Maximus und nicht
ihm zu ergeben, bemächtigte sich in treuloser Weise der Person
des Königs und sandte ihn nach Rom, wo der Senat den Bruch
des Treuworts zwar miſsbilligte, aber nicht bloſs den verrathenen
Mann festhielt, sondern auch befahl den Sohn desselben Congon-
netiacus gleichfalls nach Rom zu senden. Dies scheint die Ur-
sache gewesen zu sein, daſs der fast schon thatsächlich beendigte
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