Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.DRITTES BUCH. KAPITEL IX. Städten, die am Tage der Schlacht von Magnesia frei undden Römern beigetreten waren, wurde ihre Freiheit bestätigt und sie alle mit Ausnahme der dem Eumenes zinspflichtigen der Tributzahlung für die Zukunft enthoben. So wurden na- mentlich frei die Städte Dardanos und Ilion, die alten Stamm- genossen der Römer von Aeneas Zeiten her, ferner Kyme, Smyrna, Klazomenae, Erythrae, Chios, Kolophon, Miletos und andere altberühmte Namen. Phokaea, das gegen die Capi- tulation von den römischen Flottensoldaten geplündert worden war, erhielt zum Ersatz dafür gleichfalls ausnahmsweise sein Gebiet zurück und die Freiheit. Die meisten Städte der grie- chisch-asiatischen Hansa erhielten überdiess Gebietserweiterung und andere Vortheile. Am besten ward natürlich Rhodos bedacht, das Lykien mit Ausschluss von Telmissos und den grössern Theil von Karien südlich vom Maeander empfing; ausserdem garantirte Antiochos den Rhodiern in seinem Ge- biet ihr Eigenthum und ihre Forderungen so wie die bisher genossene Zollfreiheit. -- Alles Uebrige, also bei weitem der grösste Theil der Beute fiel an die Attaliden, deren alte Treue gegen Rom so wie die in diesem Kriege bestandenen Drang- sale und Eumenes persönliches Verdienst um den Ausfall der entscheidenden Schlacht in einer Weise belohnt ward wie nie ein König seinem Verbündeten gelohnt hat. Eumenes empfing in Europa den Chersonesos mit Lysimacheia; in Asien ausser Mysien, das er schon besass, die Provinzen Phrygien am Hel- lespont, Lydien mit Ephesos und Sardes, den nördlichen Streif von Karien bis zum Maeander mit Tralles und Magnesia, Grossphrygien und Lykaonien, die milysche Landschaft zwi- schen Phrygien und Lykien und als Hafenplatz am südlichen Meer die lykische Stadt Telmissos; über Pamphylien ward später zwischen Eumenes und Antiochos gestritten, ob es dies- oder jenseit des Tauros liege. Ausserdem erhielt er die Schutzherrschaft und das Zinsrecht in den griechischen Städten, die nicht unbeschränkt die Freiheit empfingen; doch wurde auch hier bestimmt, dass den Städten ihre Freibriefe bleiben und die Abgabe nicht erhöht werden solle. Ferner musste Antiochos sich anheischig machen dem Eumenes die 350 Talente (1/2 Mill. Thlr.), die derselbe dem Vater Attalos schuldig geworden war, zu entrichten, ebenso ihn mit 127 Talenten (190000 Thlr.) für die rückständigen Getreidelieferun- gen zu entschädigen. Endlich erhielt er die königlichen For- sten und die von Antiochos abgelieferten Elephanten, nich DRITTES BUCH. KAPITEL IX. Städten, die am Tage der Schlacht von Magnesia frei undden Römern beigetreten waren, wurde ihre Freiheit bestätigt und sie alle mit Ausnahme der dem Eumenes zinspflichtigen der Tributzahlung für die Zukunft enthoben. So wurden na- mentlich frei die Städte Dardanos und Ilion, die alten Stamm- genossen der Römer von Aeneas Zeiten her, ferner Kyme, Smyrna, Klazomenae, Erythrae, Chios, Kolophon, Miletos und andere altberühmte Namen. Phokaea, das gegen die Capi- tulation von den römischen Flottensoldaten geplündert worden war, erhielt zum Ersatz dafür gleichfalls ausnahmsweise sein Gebiet zurück und die Freiheit. Die meisten Städte der grie- chisch-asiatischen Hansa erhielten überdieſs Gebietserweiterung und andere Vortheile. Am besten ward natürlich Rhodos bedacht, das Lykien mit Ausschluſs von Telmissos und den gröſsern Theil von Karien südlich vom Maeander empfing; auſserdem garantirte Antiochos den Rhodiern in seinem Ge- biet ihr Eigenthum und ihre Forderungen so wie die bisher genossene Zollfreiheit. — Alles Uebrige, also bei weitem der gröſste Theil der Beute fiel an die Attaliden, deren alte Treue gegen Rom so wie die in diesem Kriege bestandenen Drang- sale und Eumenes persönliches Verdienst um den Ausfall der entscheidenden Schlacht in einer Weise belohnt ward wie nie ein König seinem Verbündeten gelohnt hat. Eumenes empfing in Europa den Chersonesos mit Lysimacheia; in Asien auſser Mysien, das er schon besaſs, die Provinzen Phrygien am Hel- lespont, Lydien mit Ephesos und Sardes, den nördlichen Streif von Karien bis zum Maeander mit Tralles und Magnesia, Groſsphrygien und Lykaonien, die milysche Landschaft zwi- schen Phrygien und Lykien und als Hafenplatz am südlichen Meer die lykische Stadt Telmissos; über Pamphylien ward später zwischen Eumenes und Antiochos gestritten, ob es dies- oder jenseit des Tauros liege. Auſserdem erhielt er die Schutzherrschaft und das Zinsrecht in den griechischen Städten, die nicht unbeschränkt die Freiheit empfingen; doch wurde auch hier bestimmt, daſs den Städten ihre Freibriefe bleiben und die Abgabe nicht erhöht werden solle. Ferner muſste Antiochos sich anheischig machen dem Eumenes die 350 Talente (½ Mill. Thlr.), die derselbe dem Vater Attalos schuldig geworden war, zu entrichten, ebenso ihn mit 127 Talenten (190000 Thlr.) für die rückständigen Getreidelieferun- gen zu entschädigen. Endlich erhielt er die königlichen For- sten und die von Antiochos abgelieferten Elephanten, nich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0576" n="562"/><fw place="top" type="header">DRITTES BUCH. KAPITEL IX.</fw><lb/> Städten, die am Tage der Schlacht von Magnesia frei und<lb/> den Römern beigetreten waren, wurde ihre Freiheit bestätigt<lb/> und sie alle mit Ausnahme der dem Eumenes zinspflichtigen<lb/> der Tributzahlung für die Zukunft enthoben. So wurden na-<lb/> mentlich frei die Städte Dardanos und Ilion, die alten Stamm-<lb/> genossen der Römer von Aeneas Zeiten her, ferner Kyme,<lb/> Smyrna, Klazomenae, Erythrae, Chios, Kolophon, Miletos und<lb/> andere altberühmte Namen. Phokaea, das gegen die Capi-<lb/> tulation von den römischen Flottensoldaten geplündert worden<lb/> war, erhielt zum Ersatz dafür gleichfalls ausnahmsweise sein<lb/> Gebiet zurück und die Freiheit. Die meisten Städte der grie-<lb/> chisch-asiatischen Hansa erhielten überdieſs Gebietserweiterung<lb/> und andere Vortheile. Am besten ward natürlich Rhodos<lb/> bedacht, das Lykien mit Ausschluſs von Telmissos und den<lb/> gröſsern Theil von Karien südlich vom Maeander empfing;<lb/> auſserdem garantirte Antiochos den Rhodiern in seinem Ge-<lb/> biet ihr Eigenthum und ihre Forderungen so wie die bisher<lb/> genossene Zollfreiheit. — Alles Uebrige, also bei weitem der<lb/> gröſste Theil der Beute fiel an die Attaliden, deren alte Treue<lb/> gegen Rom so wie die in diesem Kriege bestandenen Drang-<lb/> sale und Eumenes persönliches Verdienst um den Ausfall der<lb/> entscheidenden Schlacht in einer Weise belohnt ward wie nie<lb/> ein König seinem Verbündeten gelohnt hat. Eumenes empfing<lb/> in Europa den Chersonesos mit Lysimacheia; in Asien auſser<lb/> Mysien, das er schon besaſs, die Provinzen Phrygien am Hel-<lb/> lespont, Lydien mit Ephesos und Sardes, den nördlichen<lb/> Streif von Karien bis zum Maeander mit Tralles und Magnesia,<lb/> Groſsphrygien und Lykaonien, die milysche Landschaft zwi-<lb/> schen Phrygien und Lykien und als Hafenplatz am südlichen<lb/> Meer die lykische Stadt Telmissos; über Pamphylien ward<lb/> später zwischen Eumenes und Antiochos gestritten, ob es<lb/> dies- oder jenseit des Tauros liege. Auſserdem erhielt er<lb/> die Schutzherrschaft und das Zinsrecht in den griechischen<lb/> Städten, die nicht unbeschränkt die Freiheit empfingen; doch<lb/> wurde auch hier bestimmt, daſs den Städten ihre Freibriefe<lb/> bleiben und die Abgabe nicht erhöht werden solle. Ferner<lb/> muſste Antiochos sich anheischig machen dem Eumenes die<lb/> 350 Talente (½ Mill. Thlr.), die derselbe dem Vater Attalos<lb/> schuldig geworden war, zu entrichten, ebenso ihn mit 127<lb/> Talenten (190000 Thlr.) für die rückständigen Getreidelieferun-<lb/> gen zu entschädigen. Endlich erhielt er die königlichen For-<lb/> sten und die von Antiochos abgelieferten Elephanten, nich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [562/0576]
DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
Städten, die am Tage der Schlacht von Magnesia frei und
den Römern beigetreten waren, wurde ihre Freiheit bestätigt
und sie alle mit Ausnahme der dem Eumenes zinspflichtigen
der Tributzahlung für die Zukunft enthoben. So wurden na-
mentlich frei die Städte Dardanos und Ilion, die alten Stamm-
genossen der Römer von Aeneas Zeiten her, ferner Kyme,
Smyrna, Klazomenae, Erythrae, Chios, Kolophon, Miletos und
andere altberühmte Namen. Phokaea, das gegen die Capi-
tulation von den römischen Flottensoldaten geplündert worden
war, erhielt zum Ersatz dafür gleichfalls ausnahmsweise sein
Gebiet zurück und die Freiheit. Die meisten Städte der grie-
chisch-asiatischen Hansa erhielten überdieſs Gebietserweiterung
und andere Vortheile. Am besten ward natürlich Rhodos
bedacht, das Lykien mit Ausschluſs von Telmissos und den
gröſsern Theil von Karien südlich vom Maeander empfing;
auſserdem garantirte Antiochos den Rhodiern in seinem Ge-
biet ihr Eigenthum und ihre Forderungen so wie die bisher
genossene Zollfreiheit. — Alles Uebrige, also bei weitem der
gröſste Theil der Beute fiel an die Attaliden, deren alte Treue
gegen Rom so wie die in diesem Kriege bestandenen Drang-
sale und Eumenes persönliches Verdienst um den Ausfall der
entscheidenden Schlacht in einer Weise belohnt ward wie nie
ein König seinem Verbündeten gelohnt hat. Eumenes empfing
in Europa den Chersonesos mit Lysimacheia; in Asien auſser
Mysien, das er schon besaſs, die Provinzen Phrygien am Hel-
lespont, Lydien mit Ephesos und Sardes, den nördlichen
Streif von Karien bis zum Maeander mit Tralles und Magnesia,
Groſsphrygien und Lykaonien, die milysche Landschaft zwi-
schen Phrygien und Lykien und als Hafenplatz am südlichen
Meer die lykische Stadt Telmissos; über Pamphylien ward
später zwischen Eumenes und Antiochos gestritten, ob es
dies- oder jenseit des Tauros liege. Auſserdem erhielt er
die Schutzherrschaft und das Zinsrecht in den griechischen
Städten, die nicht unbeschränkt die Freiheit empfingen; doch
wurde auch hier bestimmt, daſs den Städten ihre Freibriefe
bleiben und die Abgabe nicht erhöht werden solle. Ferner
muſste Antiochos sich anheischig machen dem Eumenes die
350 Talente (½ Mill. Thlr.), die derselbe dem Vater Attalos
schuldig geworden war, zu entrichten, ebenso ihn mit 127
Talenten (190000 Thlr.) für die rückständigen Getreidelieferun-
gen zu entschädigen. Endlich erhielt er die königlichen For-
sten und die von Antiochos abgelieferten Elephanten, nich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |