der Herniker wenigstens zeitweise in Vertrag mit der latini- schen, ohne dass doch die hernikischen Gemeinden unmittel- bar eingetreten wären in den Latinerbund. Mit den Aequern, Sabinern und Etruskern fehlte es an Fehden nicht, allein zu dauernden Eroberungen scheinen dieselben nicht geführt zu haben, am wenigsten gegen die mächtigen Etrusker; selbst von Fidenae, das auf der latinischen Seite der Tiber 6000 Schritt von Rom lag, gewannen die Römer nicht so festen Besitz, dass nicht in Zeiten der Schwäche die Veienter wieder versucht hätten sich ihrer alten Offensivbasis wieder zu be- mächtigen. Dagegen scheint das eigentliche Latium, wenn auch einzelne Gemeinden, wie zum Beispiel Lavici und be- sonders Gabii, gelegentlich der römischen Botmässigkeit sich entzogen, doch im Allgemeinen nach Alba's Fall ohne vielen Widerstand sich der römischen Hegemonie gefügt und treu daran festgehalten zu haben; begreiflich genug, denn nur mit und durch Rom, die zu Lande wie zur See mächtigste latini- sche Gemeinde, konnten die Latiner ihre Küsten gegen Kar- thager, Hellenen und Etrusker, ihre Grenzen gegen die mächt- tigen Nachbarn sichern und die Herrschaft über die halb unterworfenen Volsker aufrecht erhalten. Die Einigung des latinischen Stammes unter römischer Hegemonie ist das histo- rische Ergebniss der römischen Königszeit.
Die Form der römischen Hegemonie über Latium war im Ganzen die eines gleichen Bündnisses zwischen der römischen Gemeinde einer- und der latinischen Eidgenossenschaft andrer- seits, wodurch ein ewiger Landfrieden in der ganzen Mark und ein ewiges Bündniss für den Angriff wie für die Verthei- digung festgestellt ward. ,Friede soll sein zwischen den Rö- mern und allen Gemeinden der Latiner, so lange Himmel und Erde bestehen; sie sollen nicht Krieg führen unter einander noch Feinde ins Land rufen noch Feinden den Durchzug gestatten; dem Angegriffenen soll Hülfe geleistet werden mit gesammter Hand und gleichmässig vertheilt werden, was ge- wonnen ist im gemeinschaftlichen Krieg.' Die festgesetzte Rechtsgleichheit im Handel und Wandel, im Creditverkehr wie im Erbrecht, verflocht die Interessen der schon durch die gleiche Sprache und Sitte verbundenen Gemeinden noch durch die tausendfachen Beziehungen des Geschäftsverkehrs und es ward damit etwas Aehnliches erreicht wie in unserer Zeit durch die Beseitigung der Zollschranken. Allerdings blieb jeder Gemeinde formell ihr eigenes Recht; bis auf den Bun-
ROMS HEGEMONIE IN LATIUM.
der Herniker wenigstens zeitweise in Vertrag mit der latini- schen, ohne daſs doch die hernikischen Gemeinden unmittel- bar eingetreten wären in den Latinerbund. Mit den Aequern, Sabinern und Etruskern fehlte es an Fehden nicht, allein zu dauernden Eroberungen scheinen dieselben nicht geführt zu haben, am wenigsten gegen die mächtigen Etrusker; selbst von Fidenae, das auf der latinischen Seite der Tiber 6000 Schritt von Rom lag, gewannen die Römer nicht so festen Besitz, daſs nicht in Zeiten der Schwäche die Veienter wieder versucht hätten sich ihrer alten Offensivbasis wieder zu be- mächtigen. Dagegen scheint das eigentliche Latium, wenn auch einzelne Gemeinden, wie zum Beispiel Lavici und be- sonders Gabii, gelegentlich der römischen Botmäſsigkeit sich entzogen, doch im Allgemeinen nach Alba's Fall ohne vielen Widerstand sich der römischen Hegemonie gefügt und treu daran festgehalten zu haben; begreiflich genug, denn nur mit und durch Rom, die zu Lande wie zur See mächtigste latini- sche Gemeinde, konnten die Latiner ihre Küsten gegen Kar- thager, Hellenen und Etrusker, ihre Grenzen gegen die mächt- tigen Nachbarn sichern und die Herrschaft über die halb unterworfenen Volsker aufrecht erhalten. Die Einigung des latinischen Stammes unter römischer Hegemonie ist das histo- rische Ergebniſs der römischen Königszeit.
Die Form der römischen Hegemonie über Latium war im Ganzen die eines gleichen Bündnisses zwischen der römischen Gemeinde einer- und der latinischen Eidgenossenschaft andrer- seits, wodurch ein ewiger Landfrieden in der ganzen Mark und ein ewiges Bündniſs für den Angriff wie für die Verthei- digung festgestellt ward. ‚Friede soll sein zwischen den Rö- mern und allen Gemeinden der Latiner, so lange Himmel und Erde bestehen; sie sollen nicht Krieg führen unter einander noch Feinde ins Land rufen noch Feinden den Durchzug gestatten; dem Angegriffenen soll Hülfe geleistet werden mit gesammter Hand und gleichmäſsig vertheilt werden, was ge- wonnen ist im gemeinschaftlichen Krieg.‘ Die festgesetzte Rechtsgleichheit im Handel und Wandel, im Creditverkehr wie im Erbrecht, verflocht die Interessen der schon durch die gleiche Sprache und Sitte verbundenen Gemeinden noch durch die tausendfachen Beziehungen des Geschäftsverkehrs und es ward damit etwas Aehnliches erreicht wie in unserer Zeit durch die Beseitigung der Zollschranken. Allerdings blieb jeder Gemeinde formell ihr eigenes Recht; bis auf den Bun-
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ROMS HEGEMONIE IN LATIUM.
der Herniker wenigstens zeitweise in Vertrag mit der latini-
schen, ohne daſs doch die hernikischen Gemeinden unmittel-
bar eingetreten wären in den Latinerbund. Mit den Aequern,
Sabinern und Etruskern fehlte es an Fehden nicht, allein zu
dauernden Eroberungen scheinen dieselben nicht geführt zu
haben, am wenigsten gegen die mächtigen Etrusker; selbst
von Fidenae, das auf der latinischen Seite der Tiber 6000
Schritt von Rom lag, gewannen die Römer nicht so festen
Besitz, daſs nicht in Zeiten der Schwäche die Veienter wieder
versucht hätten sich ihrer alten Offensivbasis wieder zu be-
mächtigen. Dagegen scheint das eigentliche Latium, wenn
auch einzelne Gemeinden, wie zum Beispiel Lavici und be-
sonders Gabii, gelegentlich der römischen Botmäſsigkeit sich
entzogen, doch im Allgemeinen nach Alba's Fall ohne vielen
Widerstand sich der römischen Hegemonie gefügt und treu
daran festgehalten zu haben; begreiflich genug, denn nur mit
und durch Rom, die zu Lande wie zur See mächtigste latini-
sche Gemeinde, konnten die Latiner ihre Küsten gegen Kar-
thager, Hellenen und Etrusker, ihre Grenzen gegen die mächt-
tigen Nachbarn sichern und die Herrschaft über die halb
unterworfenen Volsker aufrecht erhalten. Die Einigung des
latinischen Stammes unter römischer Hegemonie ist das histo-
rische Ergebniſs der römischen Königszeit.
Die Form der römischen Hegemonie über Latium war im
Ganzen die eines gleichen Bündnisses zwischen der römischen
Gemeinde einer- und der latinischen Eidgenossenschaft andrer-
seits, wodurch ein ewiger Landfrieden in der ganzen Mark
und ein ewiges Bündniſs für den Angriff wie für die Verthei-
digung festgestellt ward. ‚Friede soll sein zwischen den Rö-
mern und allen Gemeinden der Latiner, so lange Himmel und
Erde bestehen; sie sollen nicht Krieg führen unter einander
noch Feinde ins Land rufen noch Feinden den Durchzug
gestatten; dem Angegriffenen soll Hülfe geleistet werden mit
gesammter Hand und gleichmäſsig vertheilt werden, was ge-
wonnen ist im gemeinschaftlichen Krieg.‘ Die festgesetzte
Rechtsgleichheit im Handel und Wandel, im Creditverkehr wie
im Erbrecht, verflocht die Interessen der schon durch die
gleiche Sprache und Sitte verbundenen Gemeinden noch durch
die tausendfachen Beziehungen des Geschäftsverkehrs und es
ward damit etwas Aehnliches erreicht wie in unserer Zeit
durch die Beseitigung der Zollschranken. Allerdings blieb
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/57>, abgerufen am 16.02.2025.
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