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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
Consuls aufgegebene Eroberung der Stadt Lamia in Achaia
Phthiotis die Erlaubniss ward sich der sämmtlichen zu Antio-
chos übergetretenen Gemeinden im eigentlichen Thessalien
und selbst des aetolischen Grenzgebiets, der dolopischen und
aperantischen Landschaften zu bemächtigen. Was sich in
Griechenland für Antiochos ausgesprochen hatte, eilte seinen
Frieden zu machen: die Epeiroten baten demüthig um Ver-
zeihung für ihr zweideutiges Benehmen, die Boeoter ergaben
sich auf Gnade und Ungnade, die Eleer und Messenier fügten
sich, die letzterem nach einigem Sträuben, den Achaeern. Es
erfüllte sich, was Hannibal dem König vorhergesagt hatte,
dass auf die Griechen, die jedem Sieger sich unterwerfen
würden, schlechterdings gar nichts ankomme. Selbst die Ae-
toler versuchten, nachdem ihr in Herakleia eingeschlossenes
Corps nach hartnäckiger Gegenwehr zur Capitulation gezwun-
gen worden war, mit den schwer gereizten Römern ihren
Frieden zu machen; indess die strengen Forderungen des
römischen Consuls und eine rechtzeitig von Antiochos ein-
laufende Geldsendung gaben ihnen den Muth die Verhand-
lungen noch einmal abzubrechen und während zwei ganzer
Monate die Belagerung in Naupaktos auszuhalten. Schon war
die Stadt aufs Aeusserste gebracht und es war vorherzusehen,
dass die Erstürmung oder die Capitulation nicht mehr fern
sei, als Flamininus, der seiner alten Politik getreu jede helle-
nische Gemeinde vor den ärgsten Folgen ihres eigenen Un-
verstandes und vor der Strenge seiner rauheren Collegen zu
bewahren bemüht war, sich ins Mittel schlug und zunächst
einen leidlichen Waffenstillstand zu Stande brachte. Damit
war auch der letzte Widerstand in Griechenland vorläufig
wenigstens beseitigt.

Ein ernsterer Krieg stand in Asien bevor, den nicht so
sehr der Feind, als die weite Entfernung und die unsichere
Verbindung mit der Heimath in sehr bedenklichem Licht er-
scheinen liessen, während doch bei Antiochos kurzsichtigem
Eigensinn sich nicht darauf rechnen liess den Krieg anders als
durch einen Angriff im eigenen Lande des Feindes zu beendigen.
Es galt zunächst die See zu sichern. Die römische Flotte, die
während des Feldzugs in Griechenland die Aufgabe gehabt
hatte die Verbindung zwischen Griechenland und Kleinasien
aufzuheben und der es in der That gelungen war um die Zeit
der Schlacht bei den Thermopylen einen starken asiatischen
Transport bei Andros aufzugreifen, war seitdem beschäftigt

DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
Consuls aufgegebene Eroberung der Stadt Lamia in Achaia
Phthiotis die Erlaubniſs ward sich der sämmtlichen zu Antio-
chos übergetretenen Gemeinden im eigentlichen Thessalien
und selbst des aetolischen Grenzgebiets, der dolopischen und
aperantischen Landschaften zu bemächtigen. Was sich in
Griechenland für Antiochos ausgesprochen hatte, eilte seinen
Frieden zu machen: die Epeiroten baten demüthig um Ver-
zeihung für ihr zweideutiges Benehmen, die Boeoter ergaben
sich auf Gnade und Ungnade, die Eleer und Messenier fügten
sich, die letzterem nach einigem Sträuben, den Achaeern. Es
erfüllte sich, was Hannibal dem König vorhergesagt hatte,
daſs auf die Griechen, die jedem Sieger sich unterwerfen
würden, schlechterdings gar nichts ankomme. Selbst die Ae-
toler versuchten, nachdem ihr in Herakleia eingeschlossenes
Corps nach hartnäckiger Gegenwehr zur Capitulation gezwun-
gen worden war, mit den schwer gereizten Römern ihren
Frieden zu machen; indeſs die strengen Forderungen des
römischen Consuls und eine rechtzeitig von Antiochos ein-
laufende Geldsendung gaben ihnen den Muth die Verhand-
lungen noch einmal abzubrechen und während zwei ganzer
Monate die Belagerung in Naupaktos auszuhalten. Schon war
die Stadt aufs Aeuſserste gebracht und es war vorherzusehen,
daſs die Erstürmung oder die Capitulation nicht mehr fern
sei, als Flamininus, der seiner alten Politik getreu jede helle-
nische Gemeinde vor den ärgsten Folgen ihres eigenen Un-
verstandes und vor der Strenge seiner rauheren Collegen zu
bewahren bemüht war, sich ins Mittel schlug und zunächst
einen leidlichen Waffenstillstand zu Stande brachte. Damit
war auch der letzte Widerstand in Griechenland vorläufig
wenigstens beseitigt.

Ein ernsterer Krieg stand in Asien bevor, den nicht so
sehr der Feind, als die weite Entfernung und die unsichere
Verbindung mit der Heimath in sehr bedenklichem Licht er-
scheinen lieſsen, während doch bei Antiochos kurzsichtigem
Eigensinn sich nicht darauf rechnen lieſs den Krieg anders als
durch einen Angriff im eigenen Lande des Feindes zu beendigen.
Es galt zunächst die See zu sichern. Die römische Flotte, die
während des Feldzugs in Griechenland die Aufgabe gehabt
hatte die Verbindung zwischen Griechenland und Kleinasien
aufzuheben und der es in der That gelungen war um die Zeit
der Schlacht bei den Thermopylen einen starken asiatischen
Transport bei Andros aufzugreifen, war seitdem beschäftigt

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[552/0566] DRITTES BUCH. KAPITEL IX. Consuls aufgegebene Eroberung der Stadt Lamia in Achaia Phthiotis die Erlaubniſs ward sich der sämmtlichen zu Antio- chos übergetretenen Gemeinden im eigentlichen Thessalien und selbst des aetolischen Grenzgebiets, der dolopischen und aperantischen Landschaften zu bemächtigen. Was sich in Griechenland für Antiochos ausgesprochen hatte, eilte seinen Frieden zu machen: die Epeiroten baten demüthig um Ver- zeihung für ihr zweideutiges Benehmen, die Boeoter ergaben sich auf Gnade und Ungnade, die Eleer und Messenier fügten sich, die letzterem nach einigem Sträuben, den Achaeern. Es erfüllte sich, was Hannibal dem König vorhergesagt hatte, daſs auf die Griechen, die jedem Sieger sich unterwerfen würden, schlechterdings gar nichts ankomme. Selbst die Ae- toler versuchten, nachdem ihr in Herakleia eingeschlossenes Corps nach hartnäckiger Gegenwehr zur Capitulation gezwun- gen worden war, mit den schwer gereizten Römern ihren Frieden zu machen; indeſs die strengen Forderungen des römischen Consuls und eine rechtzeitig von Antiochos ein- laufende Geldsendung gaben ihnen den Muth die Verhand- lungen noch einmal abzubrechen und während zwei ganzer Monate die Belagerung in Naupaktos auszuhalten. Schon war die Stadt aufs Aeuſserste gebracht und es war vorherzusehen, daſs die Erstürmung oder die Capitulation nicht mehr fern sei, als Flamininus, der seiner alten Politik getreu jede helle- nische Gemeinde vor den ärgsten Folgen ihres eigenen Un- verstandes und vor der Strenge seiner rauheren Collegen zu bewahren bemüht war, sich ins Mittel schlug und zunächst einen leidlichen Waffenstillstand zu Stande brachte. Damit war auch der letzte Widerstand in Griechenland vorläufig wenigstens beseitigt. Ein ernsterer Krieg stand in Asien bevor, den nicht so sehr der Feind, als die weite Entfernung und die unsichere Verbindung mit der Heimath in sehr bedenklichem Licht er- scheinen lieſsen, während doch bei Antiochos kurzsichtigem Eigensinn sich nicht darauf rechnen lieſs den Krieg anders als durch einen Angriff im eigenen Lande des Feindes zu beendigen. Es galt zunächst die See zu sichern. Die römische Flotte, die während des Feldzugs in Griechenland die Aufgabe gehabt hatte die Verbindung zwischen Griechenland und Kleinasien aufzuheben und der es in der That gelungen war um die Zeit der Schlacht bei den Thermopylen einen starken asiatischen Transport bei Andros aufzugreifen, war seitdem beschäftigt

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/566>, abgerufen am 22.11.2024.