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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
auf sie hören wollten, vorspiegelten, dass die Landung des
Königs näher sei als sie es wirklich war. So gelang es ihnen
in der That den einfältigen Eigensinn des Nabis zum Los-
schlagen zu bestimmen und damit in Griechenland das Kriegs-
feuer zwei Jahre nach Flamininus Entfernung, im Frühling 562
wieder anzufachen; allein sie verfehlten damit ihren Zweck.
Nabis warf sich auf Gythion, eine der durch den letzten Ver-
trag an die Achaeer gekommenen Städte der freien Lakonen,
und nahm sie ein, allein der kriegserfahrene Strateg der
Achaeer Philopoemen schlug ihn an den harbosthenischen Ber-
gen und kaum den vierten Theil seines Heeres brachte der
Tyrann wieder in seine Hauptstadt zurück, in der ihn Philo-
poemen einschloss. Da ein solcher Anfang freilich nicht ge-
nügte um Antiochos nach Europa zu rufen, beschlossen die
Aetoler sich selber in den Besitz von Sparta, Chalkis und
Demetrias zu setzen und durch den Gewinn dieser wichtigen
Städte den König zur Einschiffung zu bestimmen. Zunächst
gedachte man sich Spartas dadurch zu bemächtigen, dass der
Aetoler Alexamenos, mit 1000 Mann in die Stadt einrückend
unter dem Vorgeben bundesmässigen Zuzug zu bringen, bei die-
ser Gelegenheit den Nabis aus dem Wege räume und die Stadt
besetze. Es geschah so und Nabis ward bei einer Heerschau
erschlagen; allein die Aetoler zerstreuten sich darauf um die Stadt
zu plündern und wurden von den Lakedaemoniern, die Zeit fan-
den sich zu sammeln, sämmtlich niedergemacht. Die Stadt
liess dann sich von Philopoemen bestimmen in den achaei-
schen Bund einzutreten. Nachdem das löbliche Project also
verdientermassen nicht bloss gescheitert war, sondern gerade
den entgegengesetzten Erfolg gehabt hatte fast den ganzen
Peloponnes in den Händen der Gegenpartei zu einigen, ging
es den Aetolern auch in Chalkis wenig besser: es gelang da-
selbst der römischen Partei gegen die Aetoler und die chalkidi-
schen Verbannten die römisch gesinnten Bürgerschaften von
Eretria und Karystos auf Euboea rechtzeitig herbeizurufen.
Dagegen glückte die Besetzung von Demetrias, da die Magne-
ten, denen die Stadt zugefallen war, nicht ohne Grund fürch-
teten, dass sie von den Römern Philippos als Preis für die
Hülfe gegen Antiochos versprochen sei; es kam hinzu, dass
mehrere Schwadronen aetolischer Reiter unter dem Vorwande
dem Eurylochos, dem zurückgerufenen Haupt der Opposition
gegen Rom, das Geleite zu geben sich in die Stadt einzu-
schleichen wussten. So traten die Magneten halb freiwillig

DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
auf sie hören wollten, vorspiegelten, daſs die Landung des
Königs näher sei als sie es wirklich war. So gelang es ihnen
in der That den einfältigen Eigensinn des Nabis zum Los-
schlagen zu bestimmen und damit in Griechenland das Kriegs-
feuer zwei Jahre nach Flamininus Entfernung, im Frühling 562
wieder anzufachen; allein sie verfehlten damit ihren Zweck.
Nabis warf sich auf Gythion, eine der durch den letzten Ver-
trag an die Achaeer gekommenen Städte der freien Lakonen,
und nahm sie ein, allein der kriegserfahrene Strateg der
Achaeer Philopoemen schlug ihn an den harbosthenischen Ber-
gen und kaum den vierten Theil seines Heeres brachte der
Tyrann wieder in seine Hauptstadt zurück, in der ihn Philo-
poemen einschloſs. Da ein solcher Anfang freilich nicht ge-
nügte um Antiochos nach Europa zu rufen, beschlossen die
Aetoler sich selber in den Besitz von Sparta, Chalkis und
Demetrias zu setzen und durch den Gewinn dieser wichtigen
Städte den König zur Einschiffung zu bestimmen. Zunächst
gedachte man sich Spartas dadurch zu bemächtigen, daſs der
Aetoler Alexamenos, mit 1000 Mann in die Stadt einrückend
unter dem Vorgeben bundesmäſsigen Zuzug zu bringen, bei die-
ser Gelegenheit den Nabis aus dem Wege räume und die Stadt
besetze. Es geschah so und Nabis ward bei einer Heerschau
erschlagen; allein die Aetoler zerstreuten sich darauf um die Stadt
zu plündern und wurden von den Lakedaemoniern, die Zeit fan-
den sich zu sammeln, sämmtlich niedergemacht. Die Stadt
lieſs dann sich von Philopoemen bestimmen in den achaei-
schen Bund einzutreten. Nachdem das löbliche Project also
verdientermaſsen nicht bloſs gescheitert war, sondern gerade
den entgegengesetzten Erfolg gehabt hatte fast den ganzen
Peloponnes in den Händen der Gegenpartei zu einigen, ging
es den Aetolern auch in Chalkis wenig besser: es gelang da-
selbst der römischen Partei gegen die Aetoler und die chalkidi-
schen Verbannten die römisch gesinnten Bürgerschaften von
Eretria und Karystos auf Euboea rechtzeitig herbeizurufen.
Dagegen glückte die Besetzung von Demetrias, da die Magne-
ten, denen die Stadt zugefallen war, nicht ohne Grund fürch-
teten, daſs sie von den Römern Philippos als Preis für die
Hülfe gegen Antiochos versprochen sei; es kam hinzu, daſs
mehrere Schwadronen aetolischer Reiter unter dem Vorwande
dem Eurylochos, dem zurückgerufenen Haupt der Opposition
gegen Rom, das Geleite zu geben sich in die Stadt einzu-
schleichen wuſsten. So traten die Magneten halb freiwillig

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[546/0560] DRITTES BUCH. KAPITEL IX. auf sie hören wollten, vorspiegelten, daſs die Landung des Königs näher sei als sie es wirklich war. So gelang es ihnen in der That den einfältigen Eigensinn des Nabis zum Los- schlagen zu bestimmen und damit in Griechenland das Kriegs- feuer zwei Jahre nach Flamininus Entfernung, im Frühling 562 wieder anzufachen; allein sie verfehlten damit ihren Zweck. Nabis warf sich auf Gythion, eine der durch den letzten Ver- trag an die Achaeer gekommenen Städte der freien Lakonen, und nahm sie ein, allein der kriegserfahrene Strateg der Achaeer Philopoemen schlug ihn an den harbosthenischen Ber- gen und kaum den vierten Theil seines Heeres brachte der Tyrann wieder in seine Hauptstadt zurück, in der ihn Philo- poemen einschloſs. Da ein solcher Anfang freilich nicht ge- nügte um Antiochos nach Europa zu rufen, beschlossen die Aetoler sich selber in den Besitz von Sparta, Chalkis und Demetrias zu setzen und durch den Gewinn dieser wichtigen Städte den König zur Einschiffung zu bestimmen. Zunächst gedachte man sich Spartas dadurch zu bemächtigen, daſs der Aetoler Alexamenos, mit 1000 Mann in die Stadt einrückend unter dem Vorgeben bundesmäſsigen Zuzug zu bringen, bei die- ser Gelegenheit den Nabis aus dem Wege räume und die Stadt besetze. Es geschah so und Nabis ward bei einer Heerschau erschlagen; allein die Aetoler zerstreuten sich darauf um die Stadt zu plündern und wurden von den Lakedaemoniern, die Zeit fan- den sich zu sammeln, sämmtlich niedergemacht. Die Stadt lieſs dann sich von Philopoemen bestimmen in den achaei- schen Bund einzutreten. Nachdem das löbliche Project also verdientermaſsen nicht bloſs gescheitert war, sondern gerade den entgegengesetzten Erfolg gehabt hatte fast den ganzen Peloponnes in den Händen der Gegenpartei zu einigen, ging es den Aetolern auch in Chalkis wenig besser: es gelang da- selbst der römischen Partei gegen die Aetoler und die chalkidi- schen Verbannten die römisch gesinnten Bürgerschaften von Eretria und Karystos auf Euboea rechtzeitig herbeizurufen. Dagegen glückte die Besetzung von Demetrias, da die Magne- ten, denen die Stadt zugefallen war, nicht ohne Grund fürch- teten, daſs sie von den Römern Philippos als Preis für die Hülfe gegen Antiochos versprochen sei; es kam hinzu, daſs mehrere Schwadronen aetolischer Reiter unter dem Vorwande dem Eurylochos, dem zurückgerufenen Haupt der Opposition gegen Rom, das Geleite zu geben sich in die Stadt einzu- schleichen wuſsten. So traten die Magneten halb freiwillig

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/560>, abgerufen am 22.11.2024.