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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN.
Thron von Pergamon gefolgt war, die Zurückgabe der ihm
abgenommenen Städte und gleichfalls eine seiner Töchter zur
Gemahlin, wenn er von dem römischen Bündniss lassen wolle.
Ebenso vermählte er eine Tochter dem König Ariarathes von
Kappadokien und gewann die Galater durch Geschenke, wäh-
rend er die stets aufrührerischen Pisidier und andere kleine
Völkerschaften mit den Waffen bezwang. Den Byzantiern
wurden ausgedehnte Privilegien bewilligt; in Hinsicht der klein-
asiatischen Städte erklärte der König, dass er die Unabhängig-
keit der alten Freistädte, wie Rhodos und Kyzikos zugestehen
und hinsichtlich der übrigen sich begnügen wolle mit einer
bloss formellen Anerkennung seiner landesherrlichen Gewalt,
ja er gab zu verstehen, dass er bereit sei sich dem Schieds-
gericht der Rhodier zu unterwerfen. Im europäischen Grie-
chenland war man der Aetoler gewiss und hoffte auch Philip-
pos wieder unter die Waffen zu bringen. Ja es ward ein Plan
gutgeheissen, den Hannibal vorlegte, wonach der Karthager von
Antiochos eine Flotte von 100 Segeln und ein Landheer von 10000
Mann zu Fuss und 1000 Reitern erhalten sollte und damit zu-
erst in Karthago anlaufen, um dort den dritten punischen, und
dann in Italien landen, um daselbst den zweiten hanniba-
lischen Krieg zu erwecken; tyrische Emissäre gingen nach
Karthago um die Schilderhebung daselbst einzuleiten. Man
hoffte endlich auf Erfolge der spanischen Insurrection, die
eben als Hannibal Karthago verliess auf ihrem Höhepunct
stand. -- Während also von langer Hand und im weitesten
Umfang der Sturm gegen Rom vorbereitet ward, waren die
in diese Unternehmung verwickelten Hellenen wie immer die-
jenigen, die am wenigsten bedeuteten und am wichtigsten und
ungeduldigsten thaten. Es waren dies die erbitterten und
übermüthigen Aetoler, welche nach gerade selber zu glauben
anfingen, dass Philippos von ihnen und nicht von den Römern
überwunden worden sei, und es gar nicht erwarten konnten,
dass Antiochos in Griechenland einrückte. Sie charakterisirt
die Antwort, die ihr Strateg bald darauf dem Flamininus gab,
da derselbe eine Abschrift der Kriegserklärung gegen Rom
begehrte: die werde er selber ihm überbringen, wenn das
aetolische Heer an der Tiber lagern werde. Die Aetoler
machten die Geschäftsträger des syrischen Königs für Grie-
chenland und täuschten beide Theile, indem sie den König glau-
ben machten, dass alle Hellenen die Arme nach ihm als ihrem
rechten Erlöser ausstreckten, und denen, die in Griechenland

Röm. Gesch. I. 35

DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN.
Thron von Pergamon gefolgt war, die Zurückgabe der ihm
abgenommenen Städte und gleichfalls eine seiner Töchter zur
Gemahlin, wenn er von dem römischen Bündniſs lassen wolle.
Ebenso vermählte er eine Tochter dem König Ariarathes von
Kappadokien und gewann die Galater durch Geschenke, wäh-
rend er die stets aufrührerischen Pisidier und andere kleine
Völkerschaften mit den Waffen bezwang. Den Byzantiern
wurden ausgedehnte Privilegien bewilligt; in Hinsicht der klein-
asiatischen Städte erklärte der König, daſs er die Unabhängig-
keit der alten Freistädte, wie Rhodos und Kyzikos zugestehen
und hinsichtlich der übrigen sich begnügen wolle mit einer
bloſs formellen Anerkennung seiner landesherrlichen Gewalt,
ja er gab zu verstehen, daſs er bereit sei sich dem Schieds-
gericht der Rhodier zu unterwerfen. Im europäischen Grie-
chenland war man der Aetoler gewiſs und hoffte auch Philip-
pos wieder unter die Waffen zu bringen. Ja es ward ein Plan
gutgeheiſsen, den Hannibal vorlegte, wonach der Karthager von
Antiochos eine Flotte von 100 Segeln und ein Landheer von 10000
Mann zu Fuſs und 1000 Reitern erhalten sollte und damit zu-
erst in Karthago anlaufen, um dort den dritten punischen, und
dann in Italien landen, um daselbst den zweiten hanniba-
lischen Krieg zu erwecken; tyrische Emissäre gingen nach
Karthago um die Schilderhebung daselbst einzuleiten. Man
hoffte endlich auf Erfolge der spanischen Insurrection, die
eben als Hannibal Karthago verlieſs auf ihrem Höhepunct
stand. — Während also von langer Hand und im weitesten
Umfang der Sturm gegen Rom vorbereitet ward, waren die
in diese Unternehmung verwickelten Hellenen wie immer die-
jenigen, die am wenigsten bedeuteten und am wichtigsten und
ungeduldigsten thaten. Es waren dies die erbitterten und
übermüthigen Aetoler, welche nach gerade selber zu glauben
anfingen, daſs Philippos von ihnen und nicht von den Römern
überwunden worden sei, und es gar nicht erwarten konnten,
daſs Antiochos in Griechenland einrückte. Sie charakterisirt
die Antwort, die ihr Strateg bald darauf dem Flamininus gab,
da derselbe eine Abschrift der Kriegserklärung gegen Rom
begehrte: die werde er selber ihm überbringen, wenn das
aetolische Heer an der Tiber lagern werde. Die Aetoler
machten die Geschäftsträger des syrischen Königs für Grie-
chenland und täuschten beide Theile, indem sie den König glau-
ben machten, daſs alle Hellenen die Arme nach ihm als ihrem
rechten Erlöser ausstreckten, und denen, die in Griechenland

Röm. Gesch. I. 35
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[545/0559] DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN. Thron von Pergamon gefolgt war, die Zurückgabe der ihm abgenommenen Städte und gleichfalls eine seiner Töchter zur Gemahlin, wenn er von dem römischen Bündniſs lassen wolle. Ebenso vermählte er eine Tochter dem König Ariarathes von Kappadokien und gewann die Galater durch Geschenke, wäh- rend er die stets aufrührerischen Pisidier und andere kleine Völkerschaften mit den Waffen bezwang. Den Byzantiern wurden ausgedehnte Privilegien bewilligt; in Hinsicht der klein- asiatischen Städte erklärte der König, daſs er die Unabhängig- keit der alten Freistädte, wie Rhodos und Kyzikos zugestehen und hinsichtlich der übrigen sich begnügen wolle mit einer bloſs formellen Anerkennung seiner landesherrlichen Gewalt, ja er gab zu verstehen, daſs er bereit sei sich dem Schieds- gericht der Rhodier zu unterwerfen. Im europäischen Grie- chenland war man der Aetoler gewiſs und hoffte auch Philip- pos wieder unter die Waffen zu bringen. Ja es ward ein Plan gutgeheiſsen, den Hannibal vorlegte, wonach der Karthager von Antiochos eine Flotte von 100 Segeln und ein Landheer von 10000 Mann zu Fuſs und 1000 Reitern erhalten sollte und damit zu- erst in Karthago anlaufen, um dort den dritten punischen, und dann in Italien landen, um daselbst den zweiten hanniba- lischen Krieg zu erwecken; tyrische Emissäre gingen nach Karthago um die Schilderhebung daselbst einzuleiten. Man hoffte endlich auf Erfolge der spanischen Insurrection, die eben als Hannibal Karthago verlieſs auf ihrem Höhepunct stand. — Während also von langer Hand und im weitesten Umfang der Sturm gegen Rom vorbereitet ward, waren die in diese Unternehmung verwickelten Hellenen wie immer die- jenigen, die am wenigsten bedeuteten und am wichtigsten und ungeduldigsten thaten. Es waren dies die erbitterten und übermüthigen Aetoler, welche nach gerade selber zu glauben anfingen, daſs Philippos von ihnen und nicht von den Römern überwunden worden sei, und es gar nicht erwarten konnten, daſs Antiochos in Griechenland einrückte. Sie charakterisirt die Antwort, die ihr Strateg bald darauf dem Flamininus gab, da derselbe eine Abschrift der Kriegserklärung gegen Rom begehrte: die werde er selber ihm überbringen, wenn das aetolische Heer an der Tiber lagern werde. Die Aetoler machten die Geschäftsträger des syrischen Königs für Grie- chenland und täuschten beide Theile, indem sie den König glau- ben machten, daſs alle Hellenen die Arme nach ihm als ihrem rechten Erlöser ausstreckten, und denen, die in Griechenland Röm. Gesch. I. 35

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/559>, abgerufen am 25.11.2024.