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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HANNIBALISCHER KRIEG.
an dem Eintreffen der erwarteten spanischen Hülfstruppen, um
die Römer vollständig zu blokiren. Der kühne Entschluss des
Proconsuls mit seinen besten Truppen den Spaniern entgegen-
zugehen, bevor deren Erscheinen die Lücke in der Blokade
füllte, endigte nicht glücklich. Die Römer waren wohl anfangs
im Vortheil; allein die numidischen Reiter, die den Ausfal-
lenden rasch waren nachgesandt worden, erreichten sie bald und
hemmten sowohl die Verfolgung des halb schon erfochtenen Sie-
ges als auch den Rückmarsch, bis dass die punische Infan-
terie herankam und endlich der Fall des Feldherrn die ver-
lorene Schlacht in eine Niederlage verwandelte. Nachdem
Publius also erlegen war, fand Gnaeus, während er langsam
zurückweichend sich des einen karthagischen Heeres mühsam
erwehrte, plötzlich von dreien zugleich sich angefallen und
durch die numidische Reiterei jeden Rückzug sich abge-
schnitten. Auf einen nackten Hügel gedrängt, der nicht ein-
mal die Möglichkeit bot ein Lager zu schlagen, wurde das
ganze Corps niedergehauen oder kriegsgefangen; von dem
Feldherrn selbst ward nie wieder sichere Kunde vernommen.
Eine kleine Abtheilung allein rettete ein trefflicher Offizier aus
Gnaeus Schule, Gaius Marcius hinüber auf das andere Ufer
des Ebro und ebendahin gelang es dem Legaten Titus Fon-
teius den von dem Corps des Publius im Lager gebliebenen
Theil in Sicherheit zu bringen; sogar die meisten im jen-
seitigen Spanien zerstreuten römischen Besatzungen vermoch-
ten sich dorthin zu flüchten. Aber in ganz Spanien bis zum
Ebro herrschten die Punier ungestört und der Augenblick schien
nicht fern, wo der Fluss überschritten, die Pyrenäen frei und
die Verbindung mit Italien hergestellt sein würde. Allein die
Noth rief im römischen Lager den rechten Mann an die Spitze.
Die Wahl der Soldaten berief mit Umgehung älterer nicht un-
tüchtiger Offiziere zum Führer des Heeres den Gaius Marcius,
und an seiner gewandten Leitung und vielleicht ebenso sehr an
dem Neid und Hader unter den drei karthagischen Feldher-
ren scheiterten deren Versuche den wichtigen Sieg zu verfolgen.
Die Karthager wurden zurückgeworfen über den Fluss und
zunächst die Ebrolinie behauptet, bis Rom Zeit gewann ein
neues Heer und einen neuen Feldherrn zu senden. Zum
Glück gestattete dies die Wendung des Kriegs in Italien, wo
so eben Capua gefallen war; es kam eine starke Legion --
12000 Mann -- unter dem Propraetor Gaius Claudius Nero,
die das Gleichgewicht der Waffen wieder herstellte. Eine

Röm. Gesch. I. 29

HANNIBALISCHER KRIEG.
an dem Eintreffen der erwarteten spanischen Hülfstruppen, um
die Römer vollständig zu blokiren. Der kühne Entschluſs des
Proconsuls mit seinen besten Truppen den Spaniern entgegen-
zugehen, bevor deren Erscheinen die Lücke in der Blokade
füllte, endigte nicht glücklich. Die Römer waren wohl anfangs
im Vortheil; allein die numidischen Reiter, die den Ausfal-
lenden rasch waren nachgesandt worden, erreichten sie bald und
hemmten sowohl die Verfolgung des halb schon erfochtenen Sie-
ges als auch den Rückmarsch, bis daſs die punische Infan-
terie herankam und endlich der Fall des Feldherrn die ver-
lorene Schlacht in eine Niederlage verwandelte. Nachdem
Publius also erlegen war, fand Gnaeus, während er langsam
zurückweichend sich des einen karthagischen Heeres mühsam
erwehrte, plötzlich von dreien zugleich sich angefallen und
durch die numidische Reiterei jeden Rückzug sich abge-
schnitten. Auf einen nackten Hügel gedrängt, der nicht ein-
mal die Möglichkeit bot ein Lager zu schlagen, wurde das
ganze Corps niedergehauen oder kriegsgefangen; von dem
Feldherrn selbst ward nie wieder sichere Kunde vernommen.
Eine kleine Abtheilung allein rettete ein trefflicher Offizier aus
Gnaeus Schule, Gaius Marcius hinüber auf das andere Ufer
des Ebro und ebendahin gelang es dem Legaten Titus Fon-
teius den von dem Corps des Publius im Lager gebliebenen
Theil in Sicherheit zu bringen; sogar die meisten im jen-
seitigen Spanien zerstreuten römischen Besatzungen vermoch-
ten sich dorthin zu flüchten. Aber in ganz Spanien bis zum
Ebro herrschten die Punier ungestört und der Augenblick schien
nicht fern, wo der Fluſs überschritten, die Pyrenäen frei und
die Verbindung mit Italien hergestellt sein würde. Allein die
Noth rief im römischen Lager den rechten Mann an die Spitze.
Die Wahl der Soldaten berief mit Umgehung älterer nicht un-
tüchtiger Offiziere zum Führer des Heeres den Gaius Marcius,
und an seiner gewandten Leitung und vielleicht ebenso sehr an
dem Neid und Hader unter den drei karthagischen Feldher-
ren scheiterten deren Versuche den wichtigen Sieg zu verfolgen.
Die Karthager wurden zurückgeworfen über den Fluſs und
zunächst die Ebrolinie behauptet, bis Rom Zeit gewann ein
neues Heer und einen neuen Feldherrn zu senden. Zum
Glück gestattete dies die Wendung des Kriegs in Italien, wo
so eben Capua gefallen war; es kam eine starke Legion —
12000 Mann — unter dem Propraetor Gaius Claudius Nero,
die das Gleichgewicht der Waffen wieder herstellte. Eine

Röm. Gesch. I. 29
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[449/0463] HANNIBALISCHER KRIEG. an dem Eintreffen der erwarteten spanischen Hülfstruppen, um die Römer vollständig zu blokiren. Der kühne Entschluſs des Proconsuls mit seinen besten Truppen den Spaniern entgegen- zugehen, bevor deren Erscheinen die Lücke in der Blokade füllte, endigte nicht glücklich. Die Römer waren wohl anfangs im Vortheil; allein die numidischen Reiter, die den Ausfal- lenden rasch waren nachgesandt worden, erreichten sie bald und hemmten sowohl die Verfolgung des halb schon erfochtenen Sie- ges als auch den Rückmarsch, bis daſs die punische Infan- terie herankam und endlich der Fall des Feldherrn die ver- lorene Schlacht in eine Niederlage verwandelte. Nachdem Publius also erlegen war, fand Gnaeus, während er langsam zurückweichend sich des einen karthagischen Heeres mühsam erwehrte, plötzlich von dreien zugleich sich angefallen und durch die numidische Reiterei jeden Rückzug sich abge- schnitten. Auf einen nackten Hügel gedrängt, der nicht ein- mal die Möglichkeit bot ein Lager zu schlagen, wurde das ganze Corps niedergehauen oder kriegsgefangen; von dem Feldherrn selbst ward nie wieder sichere Kunde vernommen. Eine kleine Abtheilung allein rettete ein trefflicher Offizier aus Gnaeus Schule, Gaius Marcius hinüber auf das andere Ufer des Ebro und ebendahin gelang es dem Legaten Titus Fon- teius den von dem Corps des Publius im Lager gebliebenen Theil in Sicherheit zu bringen; sogar die meisten im jen- seitigen Spanien zerstreuten römischen Besatzungen vermoch- ten sich dorthin zu flüchten. Aber in ganz Spanien bis zum Ebro herrschten die Punier ungestört und der Augenblick schien nicht fern, wo der Fluſs überschritten, die Pyrenäen frei und die Verbindung mit Italien hergestellt sein würde. Allein die Noth rief im römischen Lager den rechten Mann an die Spitze. Die Wahl der Soldaten berief mit Umgehung älterer nicht un- tüchtiger Offiziere zum Führer des Heeres den Gaius Marcius, und an seiner gewandten Leitung und vielleicht ebenso sehr an dem Neid und Hader unter den drei karthagischen Feldher- ren scheiterten deren Versuche den wichtigen Sieg zu verfolgen. Die Karthager wurden zurückgeworfen über den Fluſs und zunächst die Ebrolinie behauptet, bis Rom Zeit gewann ein neues Heer und einen neuen Feldherrn zu senden. Zum Glück gestattete dies die Wendung des Kriegs in Italien, wo so eben Capua gefallen war; es kam eine starke Legion — 12000 Mann — unter dem Propraetor Gaius Claudius Nero, die das Gleichgewicht der Waffen wieder herstellte. Eine Röm. Gesch. I. 29

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/463>, abgerufen am 24.11.2024.