Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

DRITTES BUCH. KAPITEL II.
karthagische Admiral liess es geschehen, dass die feindlichen
Truppen sich einschifften; aber auf der weiteren Fahrt nach
Africa fanden die Römer die feindliche Flotte auf der Höhe
von Eknomos in Schlachtordnung aufgestellt, um die Heimath
vor der Invasion zu decken. Nicht leicht haben grössere
Massen zur See gefochten als in dieser Schlacht gegen ein-
ander standen. Die römische Flotte von 330 Segeln zählte
wenigstens 100000 Mann an Schiffsbemannung ausser der et-
wa 40000 Mann starken Landungsarmee; die karthagische
von 350 Schiffen trug an Bemannung mindestens die gleiche
Zahl, so dass gegen dreimalhunderttausend Menschen an die-
sem Tage aufgeboten waren, um zwischen den beiden mäch-
tigen Bürgerschaften zu entscheiden. Die Punier standen in
einfacher weitausgedehnter Linie, mit dem linken Flügel ge-
lehnt an die sicilische Küste. Die Römer ordneten sich ins
Dreieck, die Admiralschiffe der beiden Consuln an der Spitze,
in schräger Linie rechts und links neben ihnen das erste und
zweite Geschwader, endlich das dritte mit den zum Transport
der Kavallerie gebauten Fahrzeugen am Schlepptau in der
Linie, die das Dreieck schloss. Also segelten sie dichtge-
schlossen auf den Feind. Langsamer folgte ein viertes in Re-
serve gestelltes Geschwader. Der keilförmige Angriff durch-
brach ohne Mühe die karthagische Linie, da das zunächst
angegriffene Centrum derselben absichtlich zurückwich. Die
Schlacht löste sich auf in drei gesonderte Treffen. Während
die Admirale mit den beiden auf ihren Flügeln aufgestellten
Geschwadern dem karthagischen Centrum nachsetzten und mit
ihm handgemein wurden, schwenkte der linke an der Küste
aufgestellte Flügel der Karthager auf das dritte römische Ge-
schwader ein, welches durch die Schleppschiffe gehindert
ward den beiden vorderen zu folgen, und drängte dasselbe in
heftigem und überlegenem Angriff gegen das Ufer; gleichzeitig
wurde die römische Reserve von dem rechten karthagischen
Flügel auf der hohen See umgangen und von hinten ange-
fallen. Indess das erste dieser drei Treffen war bald zu
Ende; die Schiffe des karthagischen Mitteltreffens, offenbar
viel schwächer als die beiden gegen sie fechtenden römischen
Geschwader, suchten das Weite. Mittlerweile hatten die bei-
den andern Abtheilungen der Römer einen harten Stand gegen
den überlegenen Feind; allein im Nahgefecht kamen die ge-
fürchteten Enterbrücken ihnen zu Statten und mit deren Hülfe
gelang es sich so lange zu halten, bis die beiden Admirale

DRITTES BUCH. KAPITEL II.
karthagische Admiral lieſs es geschehen, daſs die feindlichen
Truppen sich einschifften; aber auf der weiteren Fahrt nach
Africa fanden die Römer die feindliche Flotte auf der Höhe
von Eknomos in Schlachtordnung aufgestellt, um die Heimath
vor der Invasion zu decken. Nicht leicht haben gröſsere
Massen zur See gefochten als in dieser Schlacht gegen ein-
ander standen. Die römische Flotte von 330 Segeln zählte
wenigstens 100000 Mann an Schiffsbemannung auſser der et-
wa 40000 Mann starken Landungsarmee; die karthagische
von 350 Schiffen trug an Bemannung mindestens die gleiche
Zahl, so daſs gegen dreimalhunderttausend Menschen an die-
sem Tage aufgeboten waren, um zwischen den beiden mäch-
tigen Bürgerschaften zu entscheiden. Die Punier standen in
einfacher weitausgedehnter Linie, mit dem linken Flügel ge-
lehnt an die sicilische Küste. Die Römer ordneten sich ins
Dreieck, die Admiralschiffe der beiden Consuln an der Spitze,
in schräger Linie rechts und links neben ihnen das erste und
zweite Geschwader, endlich das dritte mit den zum Transport
der Kavallerie gebauten Fahrzeugen am Schlepptau in der
Linie, die das Dreieck schloſs. Also segelten sie dichtge-
schlossen auf den Feind. Langsamer folgte ein viertes in Re-
serve gestelltes Geschwader. Der keilförmige Angriff durch-
brach ohne Mühe die karthagische Linie, da das zunächst
angegriffene Centrum derselben absichtlich zurückwich. Die
Schlacht löste sich auf in drei gesonderte Treffen. Während
die Admirale mit den beiden auf ihren Flügeln aufgestellten
Geschwadern dem karthagischen Centrum nachsetzten und mit
ihm handgemein wurden, schwenkte der linke an der Küste
aufgestellte Flügel der Karthager auf das dritte römische Ge-
schwader ein, welches durch die Schleppschiffe gehindert
ward den beiden vorderen zu folgen, und drängte dasselbe in
heftigem und überlegenem Angriff gegen das Ufer; gleichzeitig
wurde die römische Reserve von dem rechten karthagischen
Flügel auf der hohen See umgangen und von hinten ange-
fallen. Indeſs das erste dieser drei Treffen war bald zu
Ende; die Schiffe des karthagischen Mitteltreffens, offenbar
viel schwächer als die beiden gegen sie fechtenden römischen
Geschwader, suchten das Weite. Mittlerweile hatten die bei-
den andern Abtheilungen der Römer einen harten Stand gegen
den überlegenen Feind; allein im Nahgefecht kamen die ge-
fürchteten Enterbrücken ihnen zu Statten und mit deren Hülfe
gelang es sich so lange zu halten, bis die beiden Admirale

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0358" n="344"/><fw place="top" type="header">DRITTES BUCH. KAPITEL II.</fw><lb/>
karthagische Admiral lie&#x017F;s es geschehen, da&#x017F;s die feindlichen<lb/>
Truppen sich einschifften; aber auf der weiteren Fahrt nach<lb/>
Africa fanden die Römer die feindliche Flotte auf der Höhe<lb/>
von Eknomos in Schlachtordnung aufgestellt, um die Heimath<lb/>
vor der Invasion zu decken. Nicht leicht haben grö&#x017F;sere<lb/>
Massen zur See gefochten als in dieser Schlacht gegen ein-<lb/>
ander standen. Die römische Flotte von 330 Segeln zählte<lb/>
wenigstens 100000 Mann an Schiffsbemannung au&#x017F;ser der et-<lb/>
wa 40000 Mann starken Landungsarmee; die karthagische<lb/>
von 350 Schiffen trug an Bemannung mindestens die gleiche<lb/>
Zahl, so da&#x017F;s gegen dreimalhunderttausend Menschen an die-<lb/>
sem Tage aufgeboten waren, um zwischen den beiden mäch-<lb/>
tigen Bürgerschaften zu entscheiden. Die Punier standen in<lb/>
einfacher weitausgedehnter Linie, mit dem linken Flügel ge-<lb/>
lehnt an die sicilische Küste. Die Römer ordneten sich ins<lb/>
Dreieck, die Admiralschiffe der beiden Consuln an der Spitze,<lb/>
in schräger Linie rechts und links neben ihnen das erste und<lb/>
zweite Geschwader, endlich das dritte mit den zum Transport<lb/>
der Kavallerie gebauten Fahrzeugen am Schlepptau in der<lb/>
Linie, die das Dreieck schlo&#x017F;s. Also segelten sie dichtge-<lb/>
schlossen auf den Feind. Langsamer folgte ein viertes in Re-<lb/>
serve gestelltes Geschwader. Der keilförmige Angriff durch-<lb/>
brach ohne Mühe die karthagische Linie, da das zunächst<lb/>
angegriffene Centrum derselben absichtlich zurückwich. Die<lb/>
Schlacht löste sich auf in drei gesonderte Treffen. Während<lb/>
die Admirale mit den beiden auf ihren Flügeln aufgestellten<lb/>
Geschwadern dem karthagischen Centrum nachsetzten und mit<lb/>
ihm handgemein wurden, schwenkte der linke an der Küste<lb/>
aufgestellte Flügel der Karthager auf das dritte römische Ge-<lb/>
schwader ein, welches durch die Schleppschiffe gehindert<lb/>
ward den beiden vorderen zu folgen, und drängte dasselbe in<lb/>
heftigem und überlegenem Angriff gegen das Ufer; gleichzeitig<lb/>
wurde die römische Reserve von dem rechten karthagischen<lb/>
Flügel auf der hohen See umgangen und von hinten ange-<lb/>
fallen. Inde&#x017F;s das erste dieser drei Treffen war bald zu<lb/>
Ende; die Schiffe des karthagischen Mitteltreffens, offenbar<lb/>
viel schwächer als die beiden gegen sie fechtenden römischen<lb/>
Geschwader, suchten das Weite. Mittlerweile hatten die bei-<lb/>
den andern Abtheilungen der Römer einen harten Stand gegen<lb/>
den überlegenen Feind; allein im Nahgefecht kamen die ge-<lb/>
fürchteten Enterbrücken ihnen zu Statten und mit deren Hülfe<lb/>
gelang es sich so lange zu halten, bis die beiden Admirale<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0358] DRITTES BUCH. KAPITEL II. karthagische Admiral lieſs es geschehen, daſs die feindlichen Truppen sich einschifften; aber auf der weiteren Fahrt nach Africa fanden die Römer die feindliche Flotte auf der Höhe von Eknomos in Schlachtordnung aufgestellt, um die Heimath vor der Invasion zu decken. Nicht leicht haben gröſsere Massen zur See gefochten als in dieser Schlacht gegen ein- ander standen. Die römische Flotte von 330 Segeln zählte wenigstens 100000 Mann an Schiffsbemannung auſser der et- wa 40000 Mann starken Landungsarmee; die karthagische von 350 Schiffen trug an Bemannung mindestens die gleiche Zahl, so daſs gegen dreimalhunderttausend Menschen an die- sem Tage aufgeboten waren, um zwischen den beiden mäch- tigen Bürgerschaften zu entscheiden. Die Punier standen in einfacher weitausgedehnter Linie, mit dem linken Flügel ge- lehnt an die sicilische Küste. Die Römer ordneten sich ins Dreieck, die Admiralschiffe der beiden Consuln an der Spitze, in schräger Linie rechts und links neben ihnen das erste und zweite Geschwader, endlich das dritte mit den zum Transport der Kavallerie gebauten Fahrzeugen am Schlepptau in der Linie, die das Dreieck schloſs. Also segelten sie dichtge- schlossen auf den Feind. Langsamer folgte ein viertes in Re- serve gestelltes Geschwader. Der keilförmige Angriff durch- brach ohne Mühe die karthagische Linie, da das zunächst angegriffene Centrum derselben absichtlich zurückwich. Die Schlacht löste sich auf in drei gesonderte Treffen. Während die Admirale mit den beiden auf ihren Flügeln aufgestellten Geschwadern dem karthagischen Centrum nachsetzten und mit ihm handgemein wurden, schwenkte der linke an der Küste aufgestellte Flügel der Karthager auf das dritte römische Ge- schwader ein, welches durch die Schleppschiffe gehindert ward den beiden vorderen zu folgen, und drängte dasselbe in heftigem und überlegenem Angriff gegen das Ufer; gleichzeitig wurde die römische Reserve von dem rechten karthagischen Flügel auf der hohen See umgangen und von hinten ange- fallen. Indeſs das erste dieser drei Treffen war bald zu Ende; die Schiffe des karthagischen Mitteltreffens, offenbar viel schwächer als die beiden gegen sie fechtenden römischen Geschwader, suchten das Weite. Mittlerweile hatten die bei- den andern Abtheilungen der Römer einen harten Stand gegen den überlegenen Feind; allein im Nahgefecht kamen die ge- fürchteten Enterbrücken ihnen zu Statten und mit deren Hülfe gelang es sich so lange zu halten, bis die beiden Admirale

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/358
Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/358>, abgerufen am 17.05.2024.