nung der Consuln, selbst die Kasernen und die Batterie Pascha Tabiassi verzehrt. Ein Glück, daß die dicken Mauern des Sultani-Hissar widerstanden hatten, in welchem die Pulvervorräthe angehäuft waren.
17. Der thrakische Chersones.
Bujukdere, den 5. September 1836.
Seit ich Dir das letztemal geschrieben, bin ich zum drittenmal in den Dardanellen gewesen. Der große Brand hatte eine geräumige Esplanade rings um das Fort von Sultani-Hissar gebildet, welche für die Vertheidigung so vortheilhaft werden konnte, daß man dem Pascha die Ehre anthat, ihm die Feuersbrunst zuzuschreiben und an meinem Antheil an diesem Geschäft nicht zweifelte.
Der Aufenthalt hier in Bujukdere, wo ich mich jetzt eingerichtet, ist sehr angenehm; der beständige Nordwind erhält die Temperatur niedrig, und es ist kaum wärmer als in Berlin, dabei fortwährend schönes Wetter und blauer Himmel. Seit drei oder vier Monaten hat es nicht ge- regnet, und in Pera fängt der Wassermangel an sehr fühl- bar zu werden. Das gute Trinkwasser ist dort halb so theuer, als der schlechte Wein. Um Konstantinopel ist Al- les verdorrt, nur hier am Bosphor bewirkt die feuchte Seeluft des Schwarzen Meeres, daß die Bäume und der Zwerg-Lorbeer, welcher die Bergwände bekränzt, noch im- mer mit frischem Grün prangen.
Jn einer Schaluppe machen wir oft Ausflüge, welche uns bald ins Marmor-, bald ins Schwarze Meer führen. Aber auch zu Pferde sind die Promenaden sehr unterhaltend. Die grade Straße von Pera hierher führt über die Höhe, und zieht zwei Meilen weit durch eine fortwährende Ein- öde. Der Weg am Ufer des Bosphorus dagegen ist län- ger und beschwerlich wegen des Steinpflasters, aber sehr
nung der Conſuln, ſelbſt die Kaſernen und die Batterie Paſcha Tabiaſſi verzehrt. Ein Gluͤck, daß die dicken Mauern des Sultani-Hiſſar widerſtanden hatten, in welchem die Pulvervorraͤthe angehaͤuft waren.
17. Der thrakiſche Cherſones.
Bujukdere, den 5. September 1836.
Seit ich Dir das letztemal geſchrieben, bin ich zum drittenmal in den Dardanellen geweſen. Der große Brand hatte eine geraͤumige Esplanade rings um das Fort von Sultani-Hiſſar gebildet, welche fuͤr die Vertheidigung ſo vortheilhaft werden konnte, daß man dem Paſcha die Ehre anthat, ihm die Feuersbrunſt zuzuſchreiben und an meinem Antheil an dieſem Geſchaͤft nicht zweifelte.
Der Aufenthalt hier in Bujukdere, wo ich mich jetzt eingerichtet, iſt ſehr angenehm; der beſtaͤndige Nordwind erhaͤlt die Temperatur niedrig, und es iſt kaum waͤrmer als in Berlin, dabei fortwaͤhrend ſchoͤnes Wetter und blauer Himmel. Seit drei oder vier Monaten hat es nicht ge- regnet, und in Pera faͤngt der Waſſermangel an ſehr fuͤhl- bar zu werden. Das gute Trinkwaſſer iſt dort halb ſo theuer, als der ſchlechte Wein. Um Konſtantinopel iſt Al- les verdorrt, nur hier am Bosphor bewirkt die feuchte Seeluft des Schwarzen Meeres, daß die Baͤume und der Zwerg-Lorbeer, welcher die Bergwaͤnde bekraͤnzt, noch im- mer mit friſchem Gruͤn prangen.
Jn einer Schaluppe machen wir oft Ausfluͤge, welche uns bald ins Marmor-, bald ins Schwarze Meer fuͤhren. Aber auch zu Pferde ſind die Promenaden ſehr unterhaltend. Die grade Straße von Pera hierher fuͤhrt uͤber die Hoͤhe, und zieht zwei Meilen weit durch eine fortwaͤhrende Ein- oͤde. Der Weg am Ufer des Bosphorus dagegen iſt laͤn- ger und beſchwerlich wegen des Steinpflaſters, aber ſehr
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nung der Conſuln, ſelbſt die Kaſernen und die Batterie
Paſcha Tabiaſſi verzehrt. Ein Gluͤck, daß die dicken Mauern
des Sultani-Hiſſar widerſtanden hatten, in welchem die
Pulvervorraͤthe angehaͤuft waren.
17.
Der thrakiſche Cherſones.
Bujukdere, den 5. September 1836.
Seit ich Dir das letztemal geſchrieben, bin ich zum
drittenmal in den Dardanellen geweſen. Der große Brand
hatte eine geraͤumige Esplanade rings um das Fort von
Sultani-Hiſſar gebildet, welche fuͤr die Vertheidigung ſo
vortheilhaft werden konnte, daß man dem Paſcha die Ehre
anthat, ihm die Feuersbrunſt zuzuſchreiben und an meinem
Antheil an dieſem Geſchaͤft nicht zweifelte.
Der Aufenthalt hier in Bujukdere, wo ich mich jetzt
eingerichtet, iſt ſehr angenehm; der beſtaͤndige Nordwind
erhaͤlt die Temperatur niedrig, und es iſt kaum waͤrmer
als in Berlin, dabei fortwaͤhrend ſchoͤnes Wetter und blauer
Himmel. Seit drei oder vier Monaten hat es nicht ge-
regnet, und in Pera faͤngt der Waſſermangel an ſehr fuͤhl-
bar zu werden. Das gute Trinkwaſſer iſt dort halb ſo
theuer, als der ſchlechte Wein. Um Konſtantinopel iſt Al-
les verdorrt, nur hier am Bosphor bewirkt die feuchte
Seeluft des Schwarzen Meeres, daß die Baͤume und der
Zwerg-Lorbeer, welcher die Bergwaͤnde bekraͤnzt, noch im-
mer mit friſchem Gruͤn prangen.
Jn einer Schaluppe machen wir oft Ausfluͤge, welche
uns bald ins Marmor-, bald ins Schwarze Meer fuͤhren.
Aber auch zu Pferde ſind die Promenaden ſehr unterhaltend.
Die grade Straße von Pera hierher fuͤhrt uͤber die Hoͤhe,
und zieht zwei Meilen weit durch eine fortwaͤhrende Ein-
oͤde. Der Weg am Ufer des Bosphorus dagegen iſt laͤn-
ger und beſchwerlich wegen des Steinpflaſters, aber ſehr
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/85>, abgerufen am 24.11.2024.
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