Stande. Ein Maulesel trägt bequem vier Zelte, und das Bataillon braucht etwa sechzehn bis zwanzig dieser Thiere; Kameele sind unendlich vortheilhafter, und vier dieser un- schätzbaren Thiere reichen für ein Bataillon aus. Man hat kürzlich den Arabern wieder einige hundert abgejagt, die uns trefflich zu statten kommen werden, wenn es zum Kriege kommen sollte.
Was das Exerzier-Reglement anbelangt, so würde es doch nicht gut sein, etwas bereits Eingeführtes wieder um- zustoßen, um es durch Neues, wenn auch Besseres, zu er- setzen. Das Commando, die Details der Griffe etc., das Alles muß schon so bleiben, aber vereinfachen müßte man, und zwar muß eine Revision von der höchsten Behörde be- fohlen werden.
Und nun laß mich in Gedanken einen Augenblick in Deinen luftigen großen Salon am Bosphor hinein schlü- pfen, und, nach sechswöchentlichem Kauern im Zelte, mich gemächlich auf den breiten Divan hinstrecken; ich werde Dir tausend Dinge zu erzählen haben, wie Manches sehr schön im fernen Asien, aber doch Manches auch sehr lang- weilig und verdrießlich ist -- doch das sind Träume. --
Bivouak im Karsann-Gebirg, den 14. Juni 1838.
Gleich nach meinem letzten Schreiben, in welchem ich Dir unsern kleinen Feldzug gegen die Kurden im Karsann- Gebirg schilderte, fühlte ich mich schon wohl genug, um mich wieder in das Bivouak zu begeben, welches Hafiß- Pascha seit den letzten kriegerischen Ereignissen bezogen, und in welchem er nun schon acht Tage unbeweglich steht. Die reine kühle Bergluft stärkt mich sehr, und ich bin bald wieder ganz zu Kräften gelangt.
Während meiner Abwesenheit hat M. sich das große Verdienst erworben, dem Pascha freimüthig die üblen Fol- gen vorzuhalten, welche das System der bezahlten Ohren und Köpfe nothwendig haben muß. Hafiß-Pascha hat
Stande. Ein Mauleſel traͤgt bequem vier Zelte, und das Bataillon braucht etwa ſechzehn bis zwanzig dieſer Thiere; Kameele ſind unendlich vortheilhafter, und vier dieſer un- ſchaͤtzbaren Thiere reichen fuͤr ein Bataillon aus. Man hat kuͤrzlich den Arabern wieder einige hundert abgejagt, die uns trefflich zu ſtatten kommen werden, wenn es zum Kriege kommen ſollte.
Was das Exerzier-Reglement anbelangt, ſo wuͤrde es doch nicht gut ſein, etwas bereits Eingefuͤhrtes wieder um- zuſtoßen, um es durch Neues, wenn auch Beſſeres, zu er- ſetzen. Das Commando, die Details der Griffe ꝛc., das Alles muß ſchon ſo bleiben, aber vereinfachen muͤßte man, und zwar muß eine Reviſion von der hoͤchſten Behoͤrde be- fohlen werden.
Und nun laß mich in Gedanken einen Augenblick in Deinen luftigen großen Salon am Bosphor hinein ſchluͤ- pfen, und, nach ſechswoͤchentlichem Kauern im Zelte, mich gemaͤchlich auf den breiten Divan hinſtrecken; ich werde Dir tauſend Dinge zu erzaͤhlen haben, wie Manches ſehr ſchoͤn im fernen Aſien, aber doch Manches auch ſehr lang- weilig und verdrießlich iſt — doch das ſind Traͤume. —
Bivouak im Karſann-Gebirg, den 14. Juni 1838.
Gleich nach meinem letzten Schreiben, in welchem ich Dir unſern kleinen Feldzug gegen die Kurden im Karſann- Gebirg ſchilderte, fuͤhlte ich mich ſchon wohl genug, um mich wieder in das Bivouak zu begeben, welches Hafiß- Paſcha ſeit den letzten kriegeriſchen Ereigniſſen bezogen, und in welchem er nun ſchon acht Tage unbeweglich ſteht. Die reine kuͤhle Bergluft ſtaͤrkt mich ſehr, und ich bin bald wieder ganz zu Kraͤften gelangt.
Waͤhrend meiner Abweſenheit hat M. ſich das große Verdienſt erworben, dem Paſcha freimuͤthig die uͤblen Fol- gen vorzuhalten, welche das Syſtem der bezahlten Ohren und Koͤpfe nothwendig haben muß. Hafiß-Paſcha hat
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Stande. Ein Mauleſel traͤgt bequem vier Zelte, und das
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Kameele ſind unendlich vortheilhafter, und vier dieſer un-
ſchaͤtzbaren Thiere reichen fuͤr ein Bataillon aus. Man
hat kuͤrzlich den Arabern wieder einige hundert abgejagt,
die uns trefflich zu ſtatten kommen werden, wenn es zum
Kriege kommen ſollte.
Was das Exerzier-Reglement anbelangt, ſo wuͤrde es
doch nicht gut ſein, etwas bereits Eingefuͤhrtes wieder um-
zuſtoßen, um es durch Neues, wenn auch Beſſeres, zu er-
ſetzen. Das Commando, die Details der Griffe ꝛc., das
Alles muß ſchon ſo bleiben, aber vereinfachen muͤßte man,
und zwar muß eine Reviſion von der hoͤchſten Behoͤrde be-
fohlen werden.
Und nun laß mich in Gedanken einen Augenblick in
Deinen luftigen großen Salon am Bosphor hinein ſchluͤ-
pfen, und, nach ſechswoͤchentlichem Kauern im Zelte, mich
gemaͤchlich auf den breiten Divan hinſtrecken; ich werde
Dir tauſend Dinge zu erzaͤhlen haben, wie Manches ſehr
ſchoͤn im fernen Aſien, aber doch Manches auch ſehr lang-
weilig und verdrießlich iſt — doch das ſind Traͤume. —
Bivouak im Karſann-Gebirg, den 14. Juni 1838.
Gleich nach meinem letzten Schreiben, in welchem ich
Dir unſern kleinen Feldzug gegen die Kurden im Karſann-
Gebirg ſchilderte, fuͤhlte ich mich ſchon wohl genug, um
mich wieder in das Bivouak zu begeben, welches Hafiß-
Paſcha ſeit den letzten kriegeriſchen Ereigniſſen bezogen,
und in welchem er nun ſchon acht Tage unbeweglich ſteht.
Die reine kuͤhle Bergluft ſtaͤrkt mich ſehr, und ich bin bald
wieder ganz zu Kraͤften gelangt.
Waͤhrend meiner Abweſenheit hat M. ſich das große
Verdienſt erworben, dem Paſcha freimuͤthig die uͤblen Fol-
gen vorzuhalten, welche das Syſtem der bezahlten Ohren
und Koͤpfe nothwendig haben muß. Hafiß-Paſcha hat
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/288>, abgerufen am 24.11.2024.
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