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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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hoch. Als unmittelbare Folge davon werden alle Ausfuhr-
gegenstände der Türkei, Oel, Seide, Baumwolle, Früchte,
Wein, Färbestoffe, Kupfer, Teppiche, Marokins, lebhafter
gesucht und ihre Bedürfnisse an Fabrikaten wohlfeiler werden.

Der Handel von Jndien, Persien und China durchzog
vormals die Länder, welche jetzt das Gebiet des osmani-
schen Reichs ausmachen, Mangel an Sicherheit nöthigte
ihn, auf einem unermeßlichen Umweg um den halben Erd-
ball eine neue Bahn zu suchen. Heute, nachdem Sultan
Mahmud Ordnung und Sicherheit des Eigenthums in
seinem Reiche hergestellt, trachtet jener wichtige Handel,
die ursprüngliche kürzere Verbindung wiederzugewinnen, aus
welcher dem Lande noch viel wesentlichere Vortheile erwach-
sen müssen, sobald das Hemmniß der Quarantainen und
der Pest aufhört. Dann werden die Capitalien der reich-
sten Länder nach der Türkei fließen, wo noch so Vieles zu
schaffen ist. Fabriken und Manufakturen werden die rohen
Erzeugnisse im Lande selbst verwerthen, dem Ackerbau auf-
helfen und die Städte aufs Neue emporblühen lassen. Das
Aufhören der Pest würde eine sehr bedeutende Zunahme der
Bevölkerung zur Folge haben, Landbau und Betriebsamkeit
gewönnen die Arme, deren sie so sehr entbehren, und der
Ersatz des Heeres würde künftig um so leichter zu beschaf-
fen sein, als die Pest jetzt eben unter den Truppen ihre
furchtbarste Verheerung anrichtet.

Die Beherrscher dieses Reichs haben Schlachten ge-
wonnen und Länder erobert, sie haben Wasserleitungen und
Moscheen erbaut, Schulen und Spitäler gegründet, welche
ihre Namen der Nachwelt überlieferten; aber der, welcher
sein Volk von der Geißel der Pest befreite, würde den Dank
der ganzen Menschheit erwerben und sein Andenken würde
den Ruhm seiner Vorfahren überstrahlen.

hoch. Als unmittelbare Folge davon werden alle Ausfuhr-
gegenſtaͤnde der Tuͤrkei, Oel, Seide, Baumwolle, Fruͤchte,
Wein, Faͤrbeſtoffe, Kupfer, Teppiche, Marokins, lebhafter
geſucht und ihre Beduͤrfniſſe an Fabrikaten wohlfeiler werden.

Der Handel von Jndien, Perſien und China durchzog
vormals die Laͤnder, welche jetzt das Gebiet des osmani-
ſchen Reichs ausmachen, Mangel an Sicherheit noͤthigte
ihn, auf einem unermeßlichen Umweg um den halben Erd-
ball eine neue Bahn zu ſuchen. Heute, nachdem Sultan
Mahmud Ordnung und Sicherheit des Eigenthums in
ſeinem Reiche hergeſtellt, trachtet jener wichtige Handel,
die urſpruͤngliche kuͤrzere Verbindung wiederzugewinnen, aus
welcher dem Lande noch viel weſentlichere Vortheile erwach-
ſen muͤſſen, ſobald das Hemmniß der Quarantainen und
der Peſt aufhoͤrt. Dann werden die Capitalien der reich-
ſten Laͤnder nach der Tuͤrkei fließen, wo noch ſo Vieles zu
ſchaffen iſt. Fabriken und Manufakturen werden die rohen
Erzeugniſſe im Lande ſelbſt verwerthen, dem Ackerbau auf-
helfen und die Staͤdte aufs Neue emporbluͤhen laſſen. Das
Aufhoͤren der Peſt wuͤrde eine ſehr bedeutende Zunahme der
Bevoͤlkerung zur Folge haben, Landbau und Betriebſamkeit
gewoͤnnen die Arme, deren ſie ſo ſehr entbehren, und der
Erſatz des Heeres wuͤrde kuͤnftig um ſo leichter zu beſchaf-
fen ſein, als die Peſt jetzt eben unter den Truppen ihre
furchtbarſte Verheerung anrichtet.

Die Beherrſcher dieſes Reichs haben Schlachten ge-
wonnen und Laͤnder erobert, ſie haben Waſſerleitungen und
Moſcheen erbaut, Schulen und Spitaͤler gegruͤndet, welche
ihre Namen der Nachwelt uͤberlieferten; aber der, welcher
ſein Volk von der Geißel der Peſt befreite, wuͤrde den Dank
der ganzen Menſchheit erwerben und ſein Andenken wuͤrde
den Ruhm ſeiner Vorfahren uͤberſtrahlen.

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[124/0134] hoch. Als unmittelbare Folge davon werden alle Ausfuhr- gegenſtaͤnde der Tuͤrkei, Oel, Seide, Baumwolle, Fruͤchte, Wein, Faͤrbeſtoffe, Kupfer, Teppiche, Marokins, lebhafter geſucht und ihre Beduͤrfniſſe an Fabrikaten wohlfeiler werden. Der Handel von Jndien, Perſien und China durchzog vormals die Laͤnder, welche jetzt das Gebiet des osmani- ſchen Reichs ausmachen, Mangel an Sicherheit noͤthigte ihn, auf einem unermeßlichen Umweg um den halben Erd- ball eine neue Bahn zu ſuchen. Heute, nachdem Sultan Mahmud Ordnung und Sicherheit des Eigenthums in ſeinem Reiche hergeſtellt, trachtet jener wichtige Handel, die urſpruͤngliche kuͤrzere Verbindung wiederzugewinnen, aus welcher dem Lande noch viel weſentlichere Vortheile erwach- ſen muͤſſen, ſobald das Hemmniß der Quarantainen und der Peſt aufhoͤrt. Dann werden die Capitalien der reich- ſten Laͤnder nach der Tuͤrkei fließen, wo noch ſo Vieles zu ſchaffen iſt. Fabriken und Manufakturen werden die rohen Erzeugniſſe im Lande ſelbſt verwerthen, dem Ackerbau auf- helfen und die Staͤdte aufs Neue emporbluͤhen laſſen. Das Aufhoͤren der Peſt wuͤrde eine ſehr bedeutende Zunahme der Bevoͤlkerung zur Folge haben, Landbau und Betriebſamkeit gewoͤnnen die Arme, deren ſie ſo ſehr entbehren, und der Erſatz des Heeres wuͤrde kuͤnftig um ſo leichter zu beſchaf- fen ſein, als die Peſt jetzt eben unter den Truppen ihre furchtbarſte Verheerung anrichtet. Die Beherrſcher dieſes Reichs haben Schlachten ge- wonnen und Laͤnder erobert, ſie haben Waſſerleitungen und Moſcheen erbaut, Schulen und Spitaͤler gegruͤndet, welche ihre Namen der Nachwelt uͤberlieferten; aber der, welcher ſein Volk von der Geißel der Peſt befreite, wuͤrde den Dank der ganzen Menſchheit erwerben und ſein Andenken wuͤrde den Ruhm ſeiner Vorfahren uͤberſtrahlen.

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/134>, abgerufen am 25.11.2024.