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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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die Fontainen der St. Sophia und des kaiserlichen Serajs.
Dieser Aquaduct (Bosdugan kemeri) wird dem Kaiser Va-
lens
zugeschrieben; er ist aus Ziegeln und Werkstücken
erbaut, zeigt zwei Etagen von Bogen, ist aber sehr baufäl-
lig und beschädigt. Einen Theil der obern Bogen hat man
unter dem nichtigen Vorwande niedergerissen, daß sie die
von Suleiman dem Prachtvollen erbaute Moschee "Schach
Sadeh" verstecken. Der Aquaduct des Valens bildet einen
köstlichen Spaziergang von mehr als 1000 Schritt mitten
in der Stadt, hoch über Häusern und Moscheen, über Stra-
ßen und Fontainen. Er hat mir bei meiner Aufnahme
von Konstantinopel die besten Dienste geleistet, und nach-
dem ich seine beiden Endpunkte genau festgelegt, konnte ich
von hier ungestört die Lage von Hunderten von Moscheen
und Thürmen bestimmen. Die Stadt liegt wie eine Karte
vor dem Blick ausgebreitet, und die Verlegenheit besteht
nur in der endlosen Menge von Objecten.

Endlich muß ich noch der großen Wasserleitung er-
wähnen, welche Pera und Galata, das Arsenal, Kassim-
Pascha, kurz alle die Vorstädte auf der nördlichen Seite
des goldenen Horns ernährt. Die Behälter dieser Leitung,
der "Valideh" und "Jeni Mahmut Bend", liegen eben-
falls in dem oben erwähnten Waldgebirge, unweit Bagt-
scheh kjoi, dem "Gartendorf". Der Mahmut-Bend ist
von dem jetzigen Herrn gebaut; der Wasserfaden über-
schreitet auf einem langen aber nicht hohen Aquaduct einen
Sattel zwischen den Thälern von Bagtsche kjoi und Bu-
jukdere, und windet sich dann an den Hängen des letztern
Thals bis zum Kulluk oder Wachtposten, wo er mittelst
des "Jalyniß-Suterasi" eine schmales Thal durchsetzt.
Eine lange Reihe von Suterasi führt das Wasser durch
die weite Senkung am "Maßlak" (einem Kaffeehause an
der großen Straße) und die drei Meilen lange Leitung en-
det endlich an dem schönen "Tackim" von Pera, von wo
sie in die vielen Fontainen der Stadt abfließt.

Nun haben aber die Vorstädte nördlich des goldenen

die Fontainen der St. Sophia und des kaiſerlichen Serajs.
Dieſer Aquaduct (Bosdugan kemeri) wird dem Kaiſer Va-
lens
zugeſchrieben; er iſt aus Ziegeln und Werkſtuͤcken
erbaut, zeigt zwei Etagen von Bogen, iſt aber ſehr baufaͤl-
lig und beſchaͤdigt. Einen Theil der obern Bogen hat man
unter dem nichtigen Vorwande niedergeriſſen, daß ſie die
von Suleiman dem Prachtvollen erbaute Moſchee „Schach
Sadeh“ verſtecken. Der Aquaduct des Valens bildet einen
koͤſtlichen Spaziergang von mehr als 1000 Schritt mitten
in der Stadt, hoch uͤber Haͤuſern und Moſcheen, uͤber Stra-
ßen und Fontainen. Er hat mir bei meiner Aufnahme
von Konſtantinopel die beſten Dienſte geleiſtet, und nach-
dem ich ſeine beiden Endpunkte genau feſtgelegt, konnte ich
von hier ungeſtoͤrt die Lage von Hunderten von Moſcheen
und Thuͤrmen beſtimmen. Die Stadt liegt wie eine Karte
vor dem Blick ausgebreitet, und die Verlegenheit beſteht
nur in der endloſen Menge von Objecten.

Endlich muß ich noch der großen Waſſerleitung er-
waͤhnen, welche Pera und Galata, das Arſenal, Kaſſim-
Paſcha, kurz alle die Vorſtaͤdte auf der noͤrdlichen Seite
des goldenen Horns ernaͤhrt. Die Behaͤlter dieſer Leitung,
der „Valideh“ und „Jeni Mahmut Bend“, liegen eben-
falls in dem oben erwaͤhnten Waldgebirge, unweit Bagt-
ſcheh kjoi, dem „Gartendorf“. Der Mahmut-Bend iſt
von dem jetzigen Herrn gebaut; der Waſſerfaden uͤber-
ſchreitet auf einem langen aber nicht hohen Aquaduct einen
Sattel zwiſchen den Thaͤlern von Bagtſche kjoi und Bu-
jukdere, und windet ſich dann an den Haͤngen des letztern
Thals bis zum Kulluk oder Wachtpoſten, wo er mittelſt
des „Jalyniß-Suteraſi“ eine ſchmales Thal durchſetzt.
Eine lange Reihe von Suteraſi fuͤhrt das Waſſer durch
die weite Senkung am „Maßlak“ (einem Kaffeehauſe an
der großen Straße) und die drei Meilen lange Leitung en-
det endlich an dem ſchoͤnen „Tackim“ von Pera, von wo
ſie in die vielen Fontainen der Stadt abfließt.

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[91/0101] die Fontainen der St. Sophia und des kaiſerlichen Serajs. Dieſer Aquaduct (Bosdugan kemeri) wird dem Kaiſer Va- lens zugeſchrieben; er iſt aus Ziegeln und Werkſtuͤcken erbaut, zeigt zwei Etagen von Bogen, iſt aber ſehr baufaͤl- lig und beſchaͤdigt. Einen Theil der obern Bogen hat man unter dem nichtigen Vorwande niedergeriſſen, daß ſie die von Suleiman dem Prachtvollen erbaute Moſchee „Schach Sadeh“ verſtecken. Der Aquaduct des Valens bildet einen koͤſtlichen Spaziergang von mehr als 1000 Schritt mitten in der Stadt, hoch uͤber Haͤuſern und Moſcheen, uͤber Stra- ßen und Fontainen. Er hat mir bei meiner Aufnahme von Konſtantinopel die beſten Dienſte geleiſtet, und nach- dem ich ſeine beiden Endpunkte genau feſtgelegt, konnte ich von hier ungeſtoͤrt die Lage von Hunderten von Moſcheen und Thuͤrmen beſtimmen. Die Stadt liegt wie eine Karte vor dem Blick ausgebreitet, und die Verlegenheit beſteht nur in der endloſen Menge von Objecten. Endlich muß ich noch der großen Waſſerleitung er- waͤhnen, welche Pera und Galata, das Arſenal, Kaſſim- Paſcha, kurz alle die Vorſtaͤdte auf der noͤrdlichen Seite des goldenen Horns ernaͤhrt. Die Behaͤlter dieſer Leitung, der „Valideh“ und „Jeni Mahmut Bend“, liegen eben- falls in dem oben erwaͤhnten Waldgebirge, unweit Bagt- ſcheh kjoi, dem „Gartendorf“. Der Mahmut-Bend iſt von dem jetzigen Herrn gebaut; der Waſſerfaden uͤber- ſchreitet auf einem langen aber nicht hohen Aquaduct einen Sattel zwiſchen den Thaͤlern von Bagtſche kjoi und Bu- jukdere, und windet ſich dann an den Haͤngen des letztern Thals bis zum Kulluk oder Wachtpoſten, wo er mittelſt des „Jalyniß-Suteraſi“ eine ſchmales Thal durchſetzt. Eine lange Reihe von Suteraſi fuͤhrt das Waſſer durch die weite Senkung am „Maßlak“ (einem Kaffeehauſe an der großen Straße) und die drei Meilen lange Leitung en- det endlich an dem ſchoͤnen „Tackim“ von Pera, von wo ſie in die vielen Fontainen der Stadt abfließt. Nun haben aber die Vorſtaͤdte noͤrdlich des goldenen

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/101>, abgerufen am 22.11.2024.