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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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wo sich ein solcher Wille der Gesammtheit der Theilnehmer bis
zur Unmöglichkeit eines Widerspruches als maßgebend darstellt:
da ist ein Gesammtwille vorhanden. So ist z. B. ein göttli-
cher Wille, falls von einem Volke eine unmittelbare staatliche
Vorsehung geglaubt wird, der Gesammtwille desselben; ebenso
der Wille eines oder mehrerer Mächtiger, welchen aus innerer
Achtung oder aus Furcht nicht widersprochen werden will oder
kann: aber allerdings mag auch durch allgemeine Abstimmung
der Gesammtwille gebildet werden. Das Wesentliche ist, daß
der Staat durch einen unwidersprochenen obersten Willen in
Einheit zusammengehalten und angewendet wird.

Die Gesammtkraft ist nöthig im Staatsleben, weil
nur durch eine Zusammenlegung der einzelnen Kräfte diejenige
Macht gebildet werden kann, welche nothwendig ist zur Be-
kämpfung der äußeren Hindernisse für die menschlichen Lebens-
zwecke, deren Beseitigung eben die Kräfte der Einzelnen nicht
gewachsen sind. Ueberdies ist zu bedenken, daß nicht alle Theil-
nehmer am Staate beständig vernünftig handeln und denken, und
daß nicht selten bloße Verstandesgründe nicht ausreichen, um
sie zur Anerkennung des auch von ihnen im Allgemeinen ge-
wollten Zweckes des Staates und der zu seiner Durchführung
nöthigen Mittel zu bewegen. Der Staat ist also oft in der
traurigen Nothwendigkeit, das logisch Nothwendige zu erzwin-
gen. Da aber der Umfang eines solchen staatswidrigen Ge-
barens möglicherweise sehr groß sein kann, und doch der Staat
alsbald aufhören würde, wenn sein Wille nicht der höchste
bliebe: so muß die ihm zu Gebote stehende Kraft eine unter
allen Umständen überwältigende sein. Diese aber ist eben nur
die Gesammtkraft.

Daß die vom Staate zu fördernden Lebenszwecke nur er-
laubte
sein können, bedarf nicht erst eines Beweises. Eine
Einrichtung zur Durchführung unerlaubter Aufgaben wäre

5*

wo ſich ein ſolcher Wille der Geſammtheit der Theilnehmer bis
zur Unmöglichkeit eines Widerſpruches als maßgebend darſtellt:
da iſt ein Geſammtwille vorhanden. So iſt z. B. ein göttli-
cher Wille, falls von einem Volke eine unmittelbare ſtaatliche
Vorſehung geglaubt wird, der Geſammtwille deſſelben; ebenſo
der Wille eines oder mehrerer Mächtiger, welchen aus innerer
Achtung oder aus Furcht nicht widerſprochen werden will oder
kann: aber allerdings mag auch durch allgemeine Abſtimmung
der Geſammtwille gebildet werden. Das Weſentliche iſt, daß
der Staat durch einen unwiderſprochenen oberſten Willen in
Einheit zuſammengehalten und angewendet wird.

Die Geſammtkraft iſt nöthig im Staatsleben, weil
nur durch eine Zuſammenlegung der einzelnen Kräfte diejenige
Macht gebildet werden kann, welche nothwendig iſt zur Be-
kämpfung der äußeren Hinderniſſe für die menſchlichen Lebens-
zwecke, deren Beſeitigung eben die Kräfte der Einzelnen nicht
gewachſen ſind. Ueberdies iſt zu bedenken, daß nicht alle Theil-
nehmer am Staate beſtändig vernünftig handeln und denken, und
daß nicht ſelten bloße Verſtandesgründe nicht ausreichen, um
ſie zur Anerkennung des auch von ihnen im Allgemeinen ge-
wollten Zweckes des Staates und der zu ſeiner Durchführung
nöthigen Mittel zu bewegen. Der Staat iſt alſo oft in der
traurigen Nothwendigkeit, das logiſch Nothwendige zu erzwin-
gen. Da aber der Umfang eines ſolchen ſtaatswidrigen Ge-
barens möglicherweiſe ſehr groß ſein kann, und doch der Staat
alsbald aufhören würde, wenn ſein Wille nicht der höchſte
bliebe: ſo muß die ihm zu Gebote ſtehende Kraft eine unter
allen Umſtänden überwältigende ſein. Dieſe aber iſt eben nur
die Geſammtkraft.

Daß die vom Staate zu fördernden Lebenszwecke nur er-
laubte
ſein können, bedarf nicht erſt eines Beweiſes. Eine
Einrichtung zur Durchführung unerlaubter Aufgaben wäre

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[67/0081] wo ſich ein ſolcher Wille der Geſammtheit der Theilnehmer bis zur Unmöglichkeit eines Widerſpruches als maßgebend darſtellt: da iſt ein Geſammtwille vorhanden. So iſt z. B. ein göttli- cher Wille, falls von einem Volke eine unmittelbare ſtaatliche Vorſehung geglaubt wird, der Geſammtwille deſſelben; ebenſo der Wille eines oder mehrerer Mächtiger, welchen aus innerer Achtung oder aus Furcht nicht widerſprochen werden will oder kann: aber allerdings mag auch durch allgemeine Abſtimmung der Geſammtwille gebildet werden. Das Weſentliche iſt, daß der Staat durch einen unwiderſprochenen oberſten Willen in Einheit zuſammengehalten und angewendet wird. Die Geſammtkraft iſt nöthig im Staatsleben, weil nur durch eine Zuſammenlegung der einzelnen Kräfte diejenige Macht gebildet werden kann, welche nothwendig iſt zur Be- kämpfung der äußeren Hinderniſſe für die menſchlichen Lebens- zwecke, deren Beſeitigung eben die Kräfte der Einzelnen nicht gewachſen ſind. Ueberdies iſt zu bedenken, daß nicht alle Theil- nehmer am Staate beſtändig vernünftig handeln und denken, und daß nicht ſelten bloße Verſtandesgründe nicht ausreichen, um ſie zur Anerkennung des auch von ihnen im Allgemeinen ge- wollten Zweckes des Staates und der zu ſeiner Durchführung nöthigen Mittel zu bewegen. Der Staat iſt alſo oft in der traurigen Nothwendigkeit, das logiſch Nothwendige zu erzwin- gen. Da aber der Umfang eines ſolchen ſtaatswidrigen Ge- barens möglicherweiſe ſehr groß ſein kann, und doch der Staat alsbald aufhören würde, wenn ſein Wille nicht der höchſte bliebe: ſo muß die ihm zu Gebote ſtehende Kraft eine unter allen Umſtänden überwältigende ſein. Dieſe aber iſt eben nur die Geſammtkraft. Daß die vom Staate zu fördernden Lebenszwecke nur er- laubte ſein können, bedarf nicht erſt eines Beweiſes. Eine Einrichtung zur Durchführung unerlaubter Aufgaben wäre 5*

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/81>, abgerufen am 23.11.2024.