einer der größten Lasten der Völker geworden; und wenn sie auch nicht entbehrt werden können, so ist wenigstens der Wunsch und der Rath gerechtfertigt, sie durch eine geschickte Verbindung mit einer der übrigen Arten von Waffenrüstungen in den mög- lichst engen Schranken zu halten. -- Im Uebrigen wird auch hier das Urtheil erst durch die Auswahl unter verschiedenen Möglichkeiten der Bildung eines stehenden Heeres abgeschlossen. Es kann nämlich ein solches bestehen: aus fremden Sold- truppen, welche als ein abgesondertes militärisches Ganzes von dem Staate unter gewissen Bedingungen angenommen und während einer bestimmten Zeit beliebig von ihm verwendet werden. Oder aber mag ein stehendes Heer zusammengesetzt sein aus einzeln angeworbenen freiwilligen Bürgern, so daß Keiner gegen seinen Willen im Heere dient. Endlich kann das Heer durch Zwangsauswahl (Conscription) zu- sammengebracht sein, wo denn, in der Regel wenigstens, nur die Anführer freiwillig und bleibend die Waffen führen, die Uebrigen aber durch das Gesetz während einer bestimmten Zeit zum Dienste im Heere bestimmt sind. Fremde Miethtruppen ersparen nun allerdings dem eigenen Volke Zeit- und Arbeits- verlust im Frieden, und Menscheneinbuße im Kriege; auch zeigt die Erfahrung, daß bei richtiger Behandlung der Einrichtung vortreffliche Truppen auf diese Weise gewonnen werden können: aber ein solches Heer kommt sehr theuer zu stehen, weil es sich nur gegen gute Anwerbungsgelder und reichlichen Sold ge- winnen läßt; es fehlt sodann nicht an Beispielen von Treu- lofigkeit und Unzuverlässigkeit; endlich können die Miethlinge jeder Gewaltherrschaft und Verfassungsverletzung zur Stütze dienen. Mit Recht werden daher fremde Soldtruppen von freiheitsliebenden Völkern verabscheut; eine ausschließende Ver- wendung derselben ist unter allen Umständen sehr gewagt; und die Nothwendigkeit, zu ihnen seine Zuflucht zu nehmen, ist
v. Mohl, Encyclopädie. 44
einer der größten Laſten der Völker geworden; und wenn ſie auch nicht entbehrt werden können, ſo iſt wenigſtens der Wunſch und der Rath gerechtfertigt, ſie durch eine geſchickte Verbindung mit einer der übrigen Arten von Waffenrüſtungen in den mög- lichſt engen Schranken zu halten. — Im Uebrigen wird auch hier das Urtheil erſt durch die Auswahl unter verſchiedenen Möglichkeiten der Bildung eines ſtehenden Heeres abgeſchloſſen. Es kann nämlich ein ſolches beſtehen: aus fremden Sold- truppen, welche als ein abgeſondertes militäriſches Ganzes von dem Staate unter gewiſſen Bedingungen angenommen und während einer beſtimmten Zeit beliebig von ihm verwendet werden. Oder aber mag ein ſtehendes Heer zuſammengeſetzt ſein aus einzeln angeworbenen freiwilligen Bürgern, ſo daß Keiner gegen ſeinen Willen im Heere dient. Endlich kann das Heer durch Zwangsauswahl (Conſcription) zu- ſammengebracht ſein, wo denn, in der Regel wenigſtens, nur die Anführer freiwillig und bleibend die Waffen führen, die Uebrigen aber durch das Geſetz während einer beſtimmten Zeit zum Dienſte im Heere beſtimmt ſind. Fremde Miethtruppen erſparen nun allerdings dem eigenen Volke Zeit- und Arbeits- verluſt im Frieden, und Menſcheneinbuße im Kriege; auch zeigt die Erfahrung, daß bei richtiger Behandlung der Einrichtung vortreffliche Truppen auf dieſe Weiſe gewonnen werden können: aber ein ſolches Heer kommt ſehr theuer zu ſtehen, weil es ſich nur gegen gute Anwerbungsgelder und reichlichen Sold ge- winnen läßt; es fehlt ſodann nicht an Beiſpielen von Treu- lofigkeit und Unzuverläſſigkeit; endlich können die Miethlinge jeder Gewaltherrſchaft und Verfaſſungsverletzung zur Stütze dienen. Mit Recht werden daher fremde Soldtruppen von freiheitsliebenden Völkern verabſcheut; eine ausſchließende Ver- wendung derſelben iſt unter allen Umſtänden ſehr gewagt; und die Nothwendigkeit, zu ihnen ſeine Zuflucht zu nehmen, iſt
v. Mohl, Encyclopädie. 44
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einer der größten Laſten der Völker geworden; und wenn ſie
auch nicht entbehrt werden können, ſo iſt wenigſtens der Wunſch
und der Rath gerechtfertigt, ſie durch eine geſchickte Verbindung
mit einer der übrigen Arten von Waffenrüſtungen in den mög-
lichſt engen Schranken zu halten. — Im Uebrigen wird auch
hier das Urtheil erſt durch die Auswahl unter verſchiedenen
Möglichkeiten der Bildung eines ſtehenden Heeres abgeſchloſſen.
Es kann nämlich ein ſolches beſtehen: aus fremden Sold-
truppen, welche als ein abgeſondertes militäriſches Ganzes
von dem Staate unter gewiſſen Bedingungen angenommen und
während einer beſtimmten Zeit beliebig von ihm verwendet
werden. Oder aber mag ein ſtehendes Heer zuſammengeſetzt
ſein aus einzeln angeworbenen freiwilligen Bürgern,
ſo daß Keiner gegen ſeinen Willen im Heere dient. Endlich
kann das Heer durch Zwangsauswahl (Conſcription) zu-
ſammengebracht ſein, wo denn, in der Regel wenigſtens, nur
die Anführer freiwillig und bleibend die Waffen führen, die
Uebrigen aber durch das Geſetz während einer beſtimmten Zeit
zum Dienſte im Heere beſtimmt ſind. Fremde Miethtruppen
erſparen nun allerdings dem eigenen Volke Zeit- und Arbeits-
verluſt im Frieden, und Menſcheneinbuße im Kriege; auch zeigt
die Erfahrung, daß bei richtiger Behandlung der Einrichtung
vortreffliche Truppen auf dieſe Weiſe gewonnen werden können:
aber ein ſolches Heer kommt ſehr theuer zu ſtehen, weil es ſich
nur gegen gute Anwerbungsgelder und reichlichen Sold ge-
winnen läßt; es fehlt ſodann nicht an Beiſpielen von Treu-
lofigkeit und Unzuverläſſigkeit; endlich können die Miethlinge
jeder Gewaltherrſchaft und Verfaſſungsverletzung zur Stütze
dienen. Mit Recht werden daher fremde Soldtruppen von
freiheitsliebenden Völkern verabſcheut; eine ausſchließende Ver-
wendung derſelben iſt unter allen Umſtänden ſehr gewagt; und
die Nothwendigkeit, zu ihnen ſeine Zuflucht zu nehmen, iſt
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/703>, abgerufen am 24.11.2024.
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