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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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und Form des Staates vorhanden sein, und es hängt -- mit
einziger Ausnahme des Patrimonialstaates, in welchem ein be-
trächtlicher Besitz des Staatsoberhauptes Grundlage des Be-
stehens ist, -- die Größe desselben nicht sowohl mit den zu
verfolgenden öffentlichen Zwecken, als mit geschichtlichen Vor-
kommnissen zusammen. Ebenso können Veränderungen in diesem
Besitze eintreten, ohne daß dadurch das Wesen des concreten
Staates oder der Umfang und die Art seiner Leistungen irgend
dadurch berührt würden. Vielmehr ist die Frage, ob und
welcher Besitz von eigenem Vermögen und namentlich von
Grundeigenthum des Staates vortheilhaft sei, ganz verschieden
zu beantworten je nach der wirthschaftlichen Ausbildung und
nach der Zahl eines Volkes, und es ist keineswegs immer ein
Beweis von Verkommen oder nachlässiger Verwaltung, wenn
ein solcher Besitz allmälig abnimmt. So lange er jedoch be-
steht, ist es Aufgabe der Finanzbehörde, denselben möglichst
gut zu verwalten, d. h. den höchsten Reinertrag aus ihm zu
ziehen, welcher nachhaltig und ohne Verletzung anderer staat-
licher Ausgaben daraus gewonnen werden mag. -- Das Gleiche
ist der Fall bei den, in zweiter Linie in Betrachtung kommenden,
Einnahmen aus Hoheitsrechten, welche zwar nicht der
Vermehrung des Staatseinkommens wegen bestehen, allein
weil und so lange sie aus andern Gründen eingehoben wer-
den, sorgsam und möglichst nutzbringend zu verwalten sind.
-- Kommt es aber, drittens, zur Erhebung von Steuern,
(und dieß ist in keinem Staate mit irgend verzweigten Zwecken
und also Ausgaben zu vermeiden,) so steht eine Wahl zwischen
den beiden Hauptgattungen, den directen und den indirecten,
offen, und es ist nun Sache des umsichtigen Staatswirthes,
diejenigen Auflagen zu wählen, welche einer Seits den größten
und sichersten Ertrag gewähren, anderer Seits dem Bürger
das geringste Opfer und Hemmniß bereiten. Der Gesammt-

und Form des Staates vorhanden ſein, und es hängt — mit
einziger Ausnahme des Patrimonialſtaates, in welchem ein be-
trächtlicher Beſitz des Staatsoberhauptes Grundlage des Be-
ſtehens iſt, — die Größe deſſelben nicht ſowohl mit den zu
verfolgenden öffentlichen Zwecken, als mit geſchichtlichen Vor-
kommniſſen zuſammen. Ebenſo können Veränderungen in dieſem
Beſitze eintreten, ohne daß dadurch das Weſen des concreten
Staates oder der Umfang und die Art ſeiner Leiſtungen irgend
dadurch berührt würden. Vielmehr iſt die Frage, ob und
welcher Beſitz von eigenem Vermögen und namentlich von
Grundeigenthum des Staates vortheilhaft ſei, ganz verſchieden
zu beantworten je nach der wirthſchaftlichen Ausbildung und
nach der Zahl eines Volkes, und es iſt keineswegs immer ein
Beweis von Verkommen oder nachläſſiger Verwaltung, wenn
ein ſolcher Beſitz allmälig abnimmt. So lange er jedoch be-
ſteht, iſt es Aufgabe der Finanzbehörde, denſelben möglichſt
gut zu verwalten, d. h. den höchſten Reinertrag aus ihm zu
ziehen, welcher nachhaltig und ohne Verletzung anderer ſtaat-
licher Ausgaben daraus gewonnen werden mag. — Das Gleiche
iſt der Fall bei den, in zweiter Linie in Betrachtung kommenden,
Einnahmen aus Hoheitsrechten, welche zwar nicht der
Vermehrung des Staatseinkommens wegen beſtehen, allein
weil und ſo lange ſie aus andern Gründen eingehoben wer-
den, ſorgſam und möglichſt nutzbringend zu verwalten ſind.
— Kommt es aber, drittens, zur Erhebung von Steuern,
(und dieß iſt in keinem Staate mit irgend verzweigten Zwecken
und alſo Ausgaben zu vermeiden,) ſo ſteht eine Wahl zwiſchen
den beiden Hauptgattungen, den directen und den indirecten,
offen, und es iſt nun Sache des umſichtigen Staatswirthes,
diejenigen Auflagen zu wählen, welche einer Seits den größten
und ſicherſten Ertrag gewähren, anderer Seits dem Bürger
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[679/0693] und Form des Staates vorhanden ſein, und es hängt — mit einziger Ausnahme des Patrimonialſtaates, in welchem ein be- trächtlicher Beſitz des Staatsoberhauptes Grundlage des Be- ſtehens iſt, — die Größe deſſelben nicht ſowohl mit den zu verfolgenden öffentlichen Zwecken, als mit geſchichtlichen Vor- kommniſſen zuſammen. Ebenſo können Veränderungen in dieſem Beſitze eintreten, ohne daß dadurch das Weſen des concreten Staates oder der Umfang und die Art ſeiner Leiſtungen irgend dadurch berührt würden. Vielmehr iſt die Frage, ob und welcher Beſitz von eigenem Vermögen und namentlich von Grundeigenthum des Staates vortheilhaft ſei, ganz verſchieden zu beantworten je nach der wirthſchaftlichen Ausbildung und nach der Zahl eines Volkes, und es iſt keineswegs immer ein Beweis von Verkommen oder nachläſſiger Verwaltung, wenn ein ſolcher Beſitz allmälig abnimmt. So lange er jedoch be- ſteht, iſt es Aufgabe der Finanzbehörde, denſelben möglichſt gut zu verwalten, d. h. den höchſten Reinertrag aus ihm zu ziehen, welcher nachhaltig und ohne Verletzung anderer ſtaat- licher Ausgaben daraus gewonnen werden mag. — Das Gleiche iſt der Fall bei den, in zweiter Linie in Betrachtung kommenden, Einnahmen aus Hoheitsrechten, welche zwar nicht der Vermehrung des Staatseinkommens wegen beſtehen, allein weil und ſo lange ſie aus andern Gründen eingehoben wer- den, ſorgſam und möglichſt nutzbringend zu verwalten ſind. — Kommt es aber, drittens, zur Erhebung von Steuern, (und dieß iſt in keinem Staate mit irgend verzweigten Zwecken und alſo Ausgaben zu vermeiden,) ſo ſteht eine Wahl zwiſchen den beiden Hauptgattungen, den directen und den indirecten, offen, und es iſt nun Sache des umſichtigen Staatswirthes, diejenigen Auflagen zu wählen, welche einer Seits den größten und ſicherſten Ertrag gewähren, anderer Seits dem Bürger das geringſte Opfer und Hemmniß bereiten. Der Geſammt-

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/693>, abgerufen am 24.11.2024.