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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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waltungspolitik, eine Politik des inneren und eine des äußeren
Staatslebens; bei jener aber ist wieder die Lehre vom zweck-
mäßigen formellen Organismus unterschieden von den Grund-
sätzen über die sachlich richtige Besorgung der einzelnen Auf-
gaben, und es bilden sich eigene Abtheilungen für die beste
Einrichtung der Rechtspflege, der Polizei, des Staatshaus-
haltes, der bewaffneten Macht, der friedlichen Verhältnisse zu
dem Auslande u. s. w. -- Manche dieser Abtheilungen haben
sich unter eigenen Namen zu besonderen Disciplinen ausge-
bildet, wie z. B. die Finanzwissenschaft, die Polizeiwissenschaft,
die Diplomatie, die Lehre von der Präventivjustiz u. s. w.
Natürlich ist dies aber weder ein Grund, die entsprechende
Abtheilung in einem vollständigen Systeme der Staatskunst zu
übergehen, noch eine Veranlassung, dieselben höher zu stellen
als andere ebenbürtige, zufällig bis jetzt mit keiner besondern
Bearbeitung und einer eigenen Benennung versehene, Abschnitte 3).

1) Nichts ist leichter, als allgemeine Klugheitsregeln aufzustellen; z. B.
daß das Mittel nicht im Widerspruche mit dem Zwecke stehen dürfe; daß
nur wirksame Mittel zu wählen seien; daß unter den wirksamen die sichersten
den Vorzug verdienen; daß bei gleicher Sicherheit die größere Wohlfeilheit
entscheide, u. dgl. Allein nichts ist auch einleuchtender, als das mit solchen
Sätzen für die Erreichung eines bestimmten Zweckes lediglich nichts gewonnen
ist, und daß namentlich der Staatsmann zur theoretischen Vorbereitung für
ein richtiges Handeln einer weit mehr ins Einzelne gehenden Lehre in Be-
treff des Verhaltens zu den verschiedenen concreten Staatszwecken und über
die Eigenschaften sowie das gegenseitige Verhalten der verschiedenen staat-
lichen Einrichtungen bedarf. Man sehe z. B. die allerdings geistreichen und
von Beobachtung und Menschenkenntniß zeugenden, aber von jeder unmit-
telbaren Anwendbarkeit in einer bestimmten Frage fernen Sätze in K. S.
Zachariä's Vierzig Büchern, Bd. II, S. 240 fg. -- Die auch wohl zu
Tage getretene Mißachtung jeder theoretischen Politik ist unverständig. Eine
wissenschaftliche Auseinandersetzung ersetzt allerdings niemals den Mangel
an gesundem Urtheile und an praktischem Sinne; allein eine bloße natura-
listische Klugheit kommt schwer auf leitende allgemeine Grundsätze und somit
zu einem folgerichtigen Gesammtverfahren, und niemals kann sie das po-
sitive Wissen im einzelnen Falle unnöthig machen. Daß die Leiter der

waltungspolitik, eine Politik des inneren und eine des äußeren
Staatslebens; bei jener aber iſt wieder die Lehre vom zweck-
mäßigen formellen Organismus unterſchieden von den Grund-
ſätzen über die ſachlich richtige Beſorgung der einzelnen Auf-
gaben, und es bilden ſich eigene Abtheilungen für die beſte
Einrichtung der Rechtspflege, der Polizei, des Staatshaus-
haltes, der bewaffneten Macht, der friedlichen Verhältniſſe zu
dem Auslande u. ſ. w. — Manche dieſer Abtheilungen haben
ſich unter eigenen Namen zu beſonderen Disciplinen ausge-
bildet, wie z. B. die Finanzwiſſenſchaft, die Polizeiwiſſenſchaft,
die Diplomatie, die Lehre von der Präventivjuſtiz u. ſ. w.
Natürlich iſt dies aber weder ein Grund, die entſprechende
Abtheilung in einem vollſtändigen Syſteme der Staatskunſt zu
übergehen, noch eine Veranlaſſung, dieſelben höher zu ſtellen
als andere ebenbürtige, zufällig bis jetzt mit keiner beſondern
Bearbeitung und einer eigenen Benennung verſehene, Abſchnitte 3).

1) Nichts iſt leichter, als allgemeine Klugheitsregeln aufzuſtellen; z. B.
daß das Mittel nicht im Widerſpruche mit dem Zwecke ſtehen dürfe; daß
nur wirkſame Mittel zu wählen ſeien; daß unter den wirkſamen die ſicherſten
den Vorzug verdienen; daß bei gleicher Sicherheit die größere Wohlfeilheit
entſcheide, u. dgl. Allein nichts iſt auch einleuchtender, als das mit ſolchen
Sätzen für die Erreichung eines beſtimmten Zweckes lediglich nichts gewonnen
iſt, und daß namentlich der Staatsmann zur theoretiſchen Vorbereitung für
ein richtiges Handeln einer weit mehr ins Einzelne gehenden Lehre in Be-
treff des Verhaltens zu den verſchiedenen concreten Staatszwecken und über
die Eigenſchaften ſowie das gegenſeitige Verhalten der verſchiedenen ſtaat-
lichen Einrichtungen bedarf. Man ſehe z. B. die allerdings geiſtreichen und
von Beobachtung und Menſchenkenntniß zeugenden, aber von jeder unmit-
telbaren Anwendbarkeit in einer beſtimmten Frage fernen Sätze in K. S.
Zachariä’s Vierzig Büchern, Bd. II, S. 240 fg. — Die auch wohl zu
Tage getretene Mißachtung jeder theoretiſchen Politik iſt unverſtändig. Eine
wiſſenſchaftliche Auseinanderſetzung erſetzt allerdings niemals den Mangel
an geſundem Urtheile und an praktiſchem Sinne; allein eine bloße natura-
liſtiſche Klugheit kommt ſchwer auf leitende allgemeine Grundſätze und ſomit
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ſitive Wiſſen im einzelnen Falle unnöthig machen. Daß die Leiter der
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[542/0556] waltungspolitik, eine Politik des inneren und eine des äußeren Staatslebens; bei jener aber iſt wieder die Lehre vom zweck- mäßigen formellen Organismus unterſchieden von den Grund- ſätzen über die ſachlich richtige Beſorgung der einzelnen Auf- gaben, und es bilden ſich eigene Abtheilungen für die beſte Einrichtung der Rechtspflege, der Polizei, des Staatshaus- haltes, der bewaffneten Macht, der friedlichen Verhältniſſe zu dem Auslande u. ſ. w. — Manche dieſer Abtheilungen haben ſich unter eigenen Namen zu beſonderen Disciplinen ausge- bildet, wie z. B. die Finanzwiſſenſchaft, die Polizeiwiſſenſchaft, die Diplomatie, die Lehre von der Präventivjuſtiz u. ſ. w. Natürlich iſt dies aber weder ein Grund, die entſprechende Abtheilung in einem vollſtändigen Syſteme der Staatskunſt zu übergehen, noch eine Veranlaſſung, dieſelben höher zu ſtellen als andere ebenbürtige, zufällig bis jetzt mit keiner beſondern Bearbeitung und einer eigenen Benennung verſehene, Abſchnitte 3). ¹⁾ Nichts iſt leichter, als allgemeine Klugheitsregeln aufzuſtellen; z. B. daß das Mittel nicht im Widerſpruche mit dem Zwecke ſtehen dürfe; daß nur wirkſame Mittel zu wählen ſeien; daß unter den wirkſamen die ſicherſten den Vorzug verdienen; daß bei gleicher Sicherheit die größere Wohlfeilheit entſcheide, u. dgl. Allein nichts iſt auch einleuchtender, als das mit ſolchen Sätzen für die Erreichung eines beſtimmten Zweckes lediglich nichts gewonnen iſt, und daß namentlich der Staatsmann zur theoretiſchen Vorbereitung für ein richtiges Handeln einer weit mehr ins Einzelne gehenden Lehre in Be- treff des Verhaltens zu den verſchiedenen concreten Staatszwecken und über die Eigenſchaften ſowie das gegenſeitige Verhalten der verſchiedenen ſtaat- lichen Einrichtungen bedarf. Man ſehe z. B. die allerdings geiſtreichen und von Beobachtung und Menſchenkenntniß zeugenden, aber von jeder unmit- telbaren Anwendbarkeit in einer beſtimmten Frage fernen Sätze in K. S. Zachariä’s Vierzig Büchern, Bd. II, S. 240 fg. — Die auch wohl zu Tage getretene Mißachtung jeder theoretiſchen Politik iſt unverſtändig. Eine wiſſenſchaftliche Auseinanderſetzung erſetzt allerdings niemals den Mangel an geſundem Urtheile und an praktiſchem Sinne; allein eine bloße natura- liſtiſche Klugheit kommt ſchwer auf leitende allgemeine Grundſätze und ſomit zu einem folgerichtigen Geſammtverfahren, und niemals kann ſie das po- ſitive Wiſſen im einzelnen Falle unnöthig machen. Daß die Leiter der

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/556>, abgerufen am 24.11.2024.