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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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thum des Staates dagegen, d. h. der ausschließende Anspruch
auf ein Gebiet, kann in Folge eines Kriegs verloren gehen,
jedoch rechtlich erst durch die förmliche Abtretung im Friedens-
schlusse. Bis dahin ist der Besitz nur thatsächlich.

Eigenthümliche Grundsätze gelten in Beziehung auf Schiffe
und auf die Ladung derselben. Nicht nur die Kriegsschiffe
des Staates, sondern auch Handelsschiffe, welche feindlichen
Privatpersonen angehören, sind im Falle der Wegnahme gute
Beute, und zwar gleichgültig, ob die Wegnahme durch Staats-
schiffe, durch Kaper oder vom Ufer aus erfolgt. Uebergang
in das Eigenthum des Wegnehmenden erfolgt jedoch erst, wenn
Schiff oder Ladung in Sicherheit gebracht ist, wozu denn aber
auch das Verbringen in den Schutz einer Flotte gehört. Eine
spätere Wiedernahme bringt das Schiff dem füheren Eigen-
thümer unter folgenden Modalitäten zurück: wenn die Wieder-
nahme durch ein Kriegsschiff des Staates in den ersten 24 Stun-
den nach der Wegnahme erfolgt, unentgeltlich, nach Ablauf
dieser Frist gegen Vergütung eines Werththeiles; wenn ein
Kaper die Reprise macht, in den ersten 24 Stunden gegen Er-
legung der Hälfte des Werthes, nach dieser Zeit gar nicht. --
Uebrigens genügt bei Privatschiffen die bloße Thatsache der
Wegnahme nicht zur Erwerbung des Eigenthumes, sondern
ein weggenommenes Schiff dieser Art muß vor ein Prisengericht
gebracht und von diesem dem Wegnehmenden zugesprochen
werden 4).

Die während der Dauer eines Krieges vorkommenden
Verträge zwischen den Kriegführenden haben nach positivem
Völkerrechte nachstehende Eigenthümlichkeiten:

Der zu einer Mittheilung an den Feind Abgesendete
hat sich demselben offen, bei Tag und ohne Verkleidung zu
nähern, widrigenfalls er als Spion behandelt werden kann.
Vor Beschädigung durch Waffen hat er sich durch Anwendung

thum des Staates dagegen, d. h. der ausſchließende Anſpruch
auf ein Gebiet, kann in Folge eines Kriegs verloren gehen,
jedoch rechtlich erſt durch die förmliche Abtretung im Friedens-
ſchluſſe. Bis dahin iſt der Beſitz nur thatſächlich.

Eigenthümliche Grundſätze gelten in Beziehung auf Schiffe
und auf die Ladung derſelben. Nicht nur die Kriegsſchiffe
des Staates, ſondern auch Handelsſchiffe, welche feindlichen
Privatperſonen angehören, ſind im Falle der Wegnahme gute
Beute, und zwar gleichgültig, ob die Wegnahme durch Staats-
ſchiffe, durch Kaper oder vom Ufer aus erfolgt. Uebergang
in das Eigenthum des Wegnehmenden erfolgt jedoch erſt, wenn
Schiff oder Ladung in Sicherheit gebracht iſt, wozu denn aber
auch das Verbringen in den Schutz einer Flotte gehört. Eine
ſpätere Wiedernahme bringt das Schiff dem füheren Eigen-
thümer unter folgenden Modalitäten zurück: wenn die Wieder-
nahme durch ein Kriegsſchiff des Staates in den erſten 24 Stun-
den nach der Wegnahme erfolgt, unentgeltlich, nach Ablauf
dieſer Friſt gegen Vergütung eines Werththeiles; wenn ein
Kaper die Repriſe macht, in den erſten 24 Stunden gegen Er-
legung der Hälfte des Werthes, nach dieſer Zeit gar nicht. —
Uebrigens genügt bei Privatſchiffen die bloße Thatſache der
Wegnahme nicht zur Erwerbung des Eigenthumes, ſondern
ein weggenommenes Schiff dieſer Art muß vor ein Priſengericht
gebracht und von dieſem dem Wegnehmenden zugeſprochen
werden 4).

Die während der Dauer eines Krieges vorkommenden
Verträge zwiſchen den Kriegführenden haben nach poſitivem
Völkerrechte nachſtehende Eigenthümlichkeiten:

Der zu einer Mittheilung an den Feind Abgeſendete
hat ſich demſelben offen, bei Tag und ohne Verkleidung zu
nähern, widrigenfalls er als Spion behandelt werden kann.
Vor Beſchädigung durch Waffen hat er ſich durch Anwendung

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[488/0502] thum des Staates dagegen, d. h. der ausſchließende Anſpruch auf ein Gebiet, kann in Folge eines Kriegs verloren gehen, jedoch rechtlich erſt durch die förmliche Abtretung im Friedens- ſchluſſe. Bis dahin iſt der Beſitz nur thatſächlich. Eigenthümliche Grundſätze gelten in Beziehung auf Schiffe und auf die Ladung derſelben. Nicht nur die Kriegsſchiffe des Staates, ſondern auch Handelsſchiffe, welche feindlichen Privatperſonen angehören, ſind im Falle der Wegnahme gute Beute, und zwar gleichgültig, ob die Wegnahme durch Staats- ſchiffe, durch Kaper oder vom Ufer aus erfolgt. Uebergang in das Eigenthum des Wegnehmenden erfolgt jedoch erſt, wenn Schiff oder Ladung in Sicherheit gebracht iſt, wozu denn aber auch das Verbringen in den Schutz einer Flotte gehört. Eine ſpätere Wiedernahme bringt das Schiff dem füheren Eigen- thümer unter folgenden Modalitäten zurück: wenn die Wieder- nahme durch ein Kriegsſchiff des Staates in den erſten 24 Stun- den nach der Wegnahme erfolgt, unentgeltlich, nach Ablauf dieſer Friſt gegen Vergütung eines Werththeiles; wenn ein Kaper die Repriſe macht, in den erſten 24 Stunden gegen Er- legung der Hälfte des Werthes, nach dieſer Zeit gar nicht. — Uebrigens genügt bei Privatſchiffen die bloße Thatſache der Wegnahme nicht zur Erwerbung des Eigenthumes, ſondern ein weggenommenes Schiff dieſer Art muß vor ein Priſengericht gebracht und von dieſem dem Wegnehmenden zugeſprochen werden 4). Die während der Dauer eines Krieges vorkommenden Verträge zwiſchen den Kriegführenden haben nach poſitivem Völkerrechte nachſtehende Eigenthümlichkeiten: Der zu einer Mittheilung an den Feind Abgeſendete hat ſich demſelben offen, bei Tag und ohne Verkleidung zu nähern, widrigenfalls er als Spion behandelt werden kann. Vor Beſchädigung durch Waffen hat er ſich durch Anwendung

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/502>, abgerufen am 24.11.2024.