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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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wirthschaftlichen Zustand. Das naturgemäße Verhältniß ist,
wenigstens bei einem Volke von wesentlich gleichartiger Ge-
sittigung, Bekenntniß Aller zu derselben Religion. In diesem
Falle fällt dasselbe und seine Wirkung zusammen mit der
Nationalität. Ebenso ist es in vielfachen Beziehungen bedeutend
und ersprießlich, wenn der äußeren Abgränzung einer Be-
völkerung auch der Abschluß ihrer religiösen Einrichtung ent-
spricht. Allein gewöhnlich weicht hiervon freilich die Wirk-
lichkeit ab; und dieß zwar nach zwei entgegenstehenden Seiten
hin. Einerseits nämlich sind sehr häufig innerhalb derselben,
in andern Beziehungen eine Einheit bildenden, Bevölkerung
verschiedene religiöse Ueberzeugungen, und somit auch verschiedene
kirchliche Organisationen; andererseits erstrecken sich manche
dieser Glaubensgemeinschaften und der denselben entsprechenden
Kirchen weit über den einzelnen Staat oder das einzelne Volk
hinaus. Die Folgen hiervon sind nun aber in Beziehung
auf verschiedene neben und durch einander bestehende Religio-
nen, wo nicht nothwendigerweise so doch oft, eine scharfe, die
übrigen gesellschaftlichen Gestaltungen wunderbar durchschnei-
dende und zersetzende Absonderung der verschiedenen Gläubigen,
häufig bittere Feindschaft und Verfolgung, auf die Dauer ver-
schiedene Lebensrichtung und Gesittigungsstufe unter Stammes-
genossen und sonst Gleichgestellten; bei einer Weltausdehnung
einer Kirche dagegen eine Verbindung mit Menschen, welche
in jeder andern Beziehung unter verschiedenen Einflüssen stehen
und deren sonstige Interessen nichts weniger als gleichartig sind,
überdies möglicherweise zwingende Beziehungen zu einem außer-
halb des Landes stehenden und von dessen Einrichtungen und
Gewalten ganz unabhängigen Religionshaupte oder zu son-
stigem kirchlichen Mittelpunkte. Die Bedeutung dieser Zu-
stände für die verschiedenen Stufenfolgen des Zusammenlebens

wirthſchaftlichen Zuſtand. Das naturgemäße Verhältniß iſt,
wenigſtens bei einem Volke von weſentlich gleichartiger Ge-
ſittigung, Bekenntniß Aller zu derſelben Religion. In dieſem
Falle fällt daſſelbe und ſeine Wirkung zuſammen mit der
Nationalität. Ebenſo iſt es in vielfachen Beziehungen bedeutend
und erſprießlich, wenn der äußeren Abgränzung einer Be-
völkerung auch der Abſchluß ihrer religiöſen Einrichtung ent-
ſpricht. Allein gewöhnlich weicht hiervon freilich die Wirk-
lichkeit ab; und dieß zwar nach zwei entgegenſtehenden Seiten
hin. Einerſeits nämlich ſind ſehr häufig innerhalb derſelben,
in andern Beziehungen eine Einheit bildenden, Bevölkerung
verſchiedene religiöſe Ueberzeugungen, und ſomit auch verſchiedene
kirchliche Organiſationen; andererſeits erſtrecken ſich manche
dieſer Glaubensgemeinſchaften und der denſelben entſprechenden
Kirchen weit über den einzelnen Staat oder das einzelne Volk
hinaus. Die Folgen hiervon ſind nun aber in Beziehung
auf verſchiedene neben und durch einander beſtehende Religio-
nen, wo nicht nothwendigerweiſe ſo doch oft, eine ſcharfe, die
übrigen geſellſchaftlichen Geſtaltungen wunderbar durchſchnei-
dende und zerſetzende Abſonderung der verſchiedenen Gläubigen,
häufig bittere Feindſchaft und Verfolgung, auf die Dauer ver-
ſchiedene Lebensrichtung und Geſittigungsſtufe unter Stammes-
genoſſen und ſonſt Gleichgeſtellten; bei einer Weltausdehnung
einer Kirche dagegen eine Verbindung mit Menſchen, welche
in jeder andern Beziehung unter verſchiedenen Einflüſſen ſtehen
und deren ſonſtige Intereſſen nichts weniger als gleichartig ſind,
überdies möglicherweiſe zwingende Beziehungen zu einem außer-
halb des Landes ſtehenden und von deſſen Einrichtungen und
Gewalten ganz unabhängigen Religionshaupte oder zu ſon-
ſtigem kirchlichen Mittelpunkte. Die Bedeutung dieſer Zu-
ſtände für die verſchiedenen Stufenfolgen des Zuſammenlebens

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[25/0039] wirthſchaftlichen Zuſtand. Das naturgemäße Verhältniß iſt, wenigſtens bei einem Volke von weſentlich gleichartiger Ge- ſittigung, Bekenntniß Aller zu derſelben Religion. In dieſem Falle fällt daſſelbe und ſeine Wirkung zuſammen mit der Nationalität. Ebenſo iſt es in vielfachen Beziehungen bedeutend und erſprießlich, wenn der äußeren Abgränzung einer Be- völkerung auch der Abſchluß ihrer religiöſen Einrichtung ent- ſpricht. Allein gewöhnlich weicht hiervon freilich die Wirk- lichkeit ab; und dieß zwar nach zwei entgegenſtehenden Seiten hin. Einerſeits nämlich ſind ſehr häufig innerhalb derſelben, in andern Beziehungen eine Einheit bildenden, Bevölkerung verſchiedene religiöſe Ueberzeugungen, und ſomit auch verſchiedene kirchliche Organiſationen; andererſeits erſtrecken ſich manche dieſer Glaubensgemeinſchaften und der denſelben entſprechenden Kirchen weit über den einzelnen Staat oder das einzelne Volk hinaus. Die Folgen hiervon ſind nun aber in Beziehung auf verſchiedene neben und durch einander beſtehende Religio- nen, wo nicht nothwendigerweiſe ſo doch oft, eine ſcharfe, die übrigen geſellſchaftlichen Geſtaltungen wunderbar durchſchnei- dende und zerſetzende Abſonderung der verſchiedenen Gläubigen, häufig bittere Feindſchaft und Verfolgung, auf die Dauer ver- ſchiedene Lebensrichtung und Geſittigungsſtufe unter Stammes- genoſſen und ſonſt Gleichgeſtellten; bei einer Weltausdehnung einer Kirche dagegen eine Verbindung mit Menſchen, welche in jeder andern Beziehung unter verſchiedenen Einflüſſen ſtehen und deren ſonſtige Intereſſen nichts weniger als gleichartig ſind, überdies möglicherweiſe zwingende Beziehungen zu einem außer- halb des Landes ſtehenden und von deſſen Einrichtungen und Gewalten ganz unabhängigen Religionshaupte oder zu ſon- ſtigem kirchlichen Mittelpunkte. Die Bedeutung dieſer Zu- ſtände für die verſchiedenen Stufenfolgen des Zuſammenlebens

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/39>, abgerufen am 24.11.2024.