ist zwar nicht dem zu Beschützenden selbst, wohl aber Dritten, welche in der Durchführung der Schutzmittel in ihrem Besitze gekränkt werden, zu gewähren.
II. Die wiederherstellende Rechtspflege zerfällt in zwei wesentlich verschiedene Abtheilungen: in die bürger- liche Rechtspflege (Civiljustiz), und in die Strafrechtspflege (Criminaljustiz).
1. Die bürgerliche Rechtspflege hat die Aufgabe, alle Streitigkeiten unter Staatsangehörigen zu schlichten, welche über das Vorhandensein oder über die Grenzen und Bedingungen eines Privatrechtes entstanden sind, und hat die Herstellung der gesetzlichen Rechtsordnung in dem besonderen Falle zu be- wirken. Es muß dabei immer auf das Anrufen eines der Betheiligten gewartet werden, weil bei einer freiwilligen Nach- giebigkeit des in Anspruch Genommenen oder in seiner Forderung Zurückgewiesenen gar keine Rechtsstörung vorliegt, indem es Jedem freisteht, seine Ansprüche nach Gutdünken zu beschränken oder aufzugeben. -- Die zur Schlichtung des Streites dienen- den Normen, sind entweder die besonderen für den concreten Fall getroffenen Verabredungen und rechtlich befugten einseitigen Feststellungen; oder aber das allgemeine Recht des Landes (Gesetz oder Gewohnheit), wo solches entweder in Ermangelung besonderer Bestimmung zur Anwendung kömmt, oder wenn es solche grundsätzlich ausschließt. -- Zwei Gattungen von Rechts- streitigkeiten erfordern besondere Berücksichtigung. Einmal solche, bei welchen die Rechtsordnung des Staates mit einem aus- wärtigen Verhältnisse in Berührung kommt. Also wenn ein dem Staate Fremder an einen diesseitigen Unterthanen eine For- derung stellt; wenn ein im Staatsgebiete gelegenes Gut Gegen- stand des Streites unter Fremden ist; endlich wenn für eine unter der Herrschaft eines fremden Gesetzes zu Stande gekom- mene Handlung diesseits Gültigkeit in Anspruch genommen
iſt zwar nicht dem zu Beſchützenden ſelbſt, wohl aber Dritten, welche in der Durchführung der Schutzmittel in ihrem Beſitze gekränkt werden, zu gewähren.
II. Die wiederherſtellende Rechtspflege zerfällt in zwei weſentlich verſchiedene Abtheilungen: in die bürger- liche Rechtspflege (Civiljuſtiz), und in die Strafrechtspflege (Criminaljuſtiz).
1. Die bürgerliche Rechtspflege hat die Aufgabe, alle Streitigkeiten unter Staatsangehörigen zu ſchlichten, welche über das Vorhandenſein oder über die Grenzen und Bedingungen eines Privatrechtes entſtanden ſind, und hat die Herſtellung der geſetzlichen Rechtsordnung in dem beſonderen Falle zu be- wirken. Es muß dabei immer auf das Anrufen eines der Betheiligten gewartet werden, weil bei einer freiwilligen Nach- giebigkeit des in Anſpruch Genommenen oder in ſeiner Forderung Zurückgewieſenen gar keine Rechtsſtörung vorliegt, indem es Jedem freiſteht, ſeine Anſprüche nach Gutdünken zu beſchränken oder aufzugeben. — Die zur Schlichtung des Streites dienen- den Normen, ſind entweder die beſonderen für den concreten Fall getroffenen Verabredungen und rechtlich befugten einſeitigen Feſtſtellungen; oder aber das allgemeine Recht des Landes (Geſetz oder Gewohnheit), wo ſolches entweder in Ermangelung beſonderer Beſtimmung zur Anwendung kömmt, oder wenn es ſolche grundſätzlich ausſchließt. — Zwei Gattungen von Rechts- ſtreitigkeiten erfordern beſondere Berückſichtigung. Einmal ſolche, bei welchen die Rechtsordnung des Staates mit einem aus- wärtigen Verhältniſſe in Berührung kommt. Alſo wenn ein dem Staate Fremder an einen dieſſeitigen Unterthanen eine For- derung ſtellt; wenn ein im Staatsgebiete gelegenes Gut Gegen- ſtand des Streites unter Fremden iſt; endlich wenn für eine unter der Herrſchaft eines fremden Geſetzes zu Stande gekom- mene Handlung dieſſeits Gültigkeit in Anſpruch genommen
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iſt zwar nicht dem zu Beſchützenden ſelbſt, wohl aber Dritten,
welche in der Durchführung der Schutzmittel in ihrem Beſitze
gekränkt werden, zu gewähren.
II. Die wiederherſtellende Rechtspflege zerfällt
in zwei weſentlich verſchiedene Abtheilungen: in die bürger-
liche Rechtspflege (Civiljuſtiz), und in die Strafrechtspflege
(Criminaljuſtiz).
1. Die bürgerliche Rechtspflege hat die Aufgabe,
alle Streitigkeiten unter Staatsangehörigen zu ſchlichten, welche
über das Vorhandenſein oder über die Grenzen und Bedingungen
eines Privatrechtes entſtanden ſind, und hat die Herſtellung
der geſetzlichen Rechtsordnung in dem beſonderen Falle zu be-
wirken. Es muß dabei immer auf das Anrufen eines der
Betheiligten gewartet werden, weil bei einer freiwilligen Nach-
giebigkeit des in Anſpruch Genommenen oder in ſeiner Forderung
Zurückgewieſenen gar keine Rechtsſtörung vorliegt, indem es
Jedem freiſteht, ſeine Anſprüche nach Gutdünken zu beſchränken
oder aufzugeben. — Die zur Schlichtung des Streites dienen-
den Normen, ſind entweder die beſonderen für den concreten
Fall getroffenen Verabredungen und rechtlich befugten einſeitigen
Feſtſtellungen; oder aber das allgemeine Recht des Landes
(Geſetz oder Gewohnheit), wo ſolches entweder in Ermangelung
beſonderer Beſtimmung zur Anwendung kömmt, oder wenn es
ſolche grundſätzlich ausſchließt. — Zwei Gattungen von Rechts-
ſtreitigkeiten erfordern beſondere Berückſichtigung. Einmal ſolche,
bei welchen die Rechtsordnung des Staates mit einem aus-
wärtigen Verhältniſſe in Berührung kommt. Alſo wenn ein dem
Staate Fremder an einen dieſſeitigen Unterthanen eine For-
derung ſtellt; wenn ein im Staatsgebiete gelegenes Gut Gegen-
ſtand des Streites unter Fremden iſt; endlich wenn für eine
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/282>, abgerufen am 24.11.2024.
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