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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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-- Königswarter, L. J., Histoire de l'organisation de la famille
en France. Par., 1851. -- Morgan, L., Woman and her master;
or a history of the Female Sex. Ed. 2. I. II. Lond.,
1855. -- Riehl,
W. H., Die Familie. Stuttg. u. Tüb., 1855.
2) Die Bildung einer Familie aus mehreren Männern und Einer
Frau, wie sie aus Thibet berichtet wird, ist eine solche sittliche Ungeheuer-
lichkeit, daß sie nicht als eine Art, sondern als eine scheußliche Entartung
bezeichnet werden muß. -- Die aus Einem Manne und mehreren Frauen
bestehende Familie des Orientes ermangelt auch der richtigen sittlichen Grund-
lage, und die Einrichtung ist die Quelle großer Uebel aller Art, namentlich
auch staatlicher; allein sie läßt doch noch einen Organismus zu, weil Ein
Haupt des Ganzen vorhanden, somit Einheit des Gehorsams und der
Wirthschaft möglich ist.
3) Ausnahmsweise mögen verheirathete Kinder in engster Verbindung
mit der älterlichen Familie bleiben, z. B. zur gemeinschaftlichen Bewirth-
schaftung eines Gutes oder zu solchem Betriebe eines Gewerbes; allein nicht
nur sind es doch nur seltene und durch besondere Verhältnisse hervorgerufene
Fälle, sondern es ist auch ein schwieriges, weil in seinem innersten Wesen
falsches, Verhältniß. Eine solche Verbindung kann nämlich auf die Dauer
nur aufrecht erhalten werden entweder durch Aufgeben der erlaubten Selbst-
sucht der Einen oder der Anderen, oder durch Verwandlung des sittlichen
und natürlichen Bandes in einen rechtlichen Vertrag; in beiden Fällen also
doch nur durch Beeinträchtigung des Kernes der Sache. -- Wo aber gar
solche Vereinigungen mehrerer Familien zu Einem Hausstande nicht aus
dem freien Willen der Betheiligten, sondern durch ein äußeres Gebot ent-
stehen und bestehen, wohl selbst Nichtverwandte zusammengezwängt werden,
(wie z. B. in den Hauscommunitäten der östereichischen Militärgränze,) da
ist eine solche sog. Familie nur eine staatliche Einrichtung unter einem
fremdartigen Namen und in einer falschen Form.
4) Von welcher bedeutenden staatlichen Wirkung ein sittlich gesunder
Zustand des Familienlebens bei einem Volke ist, mag ein Vergleich von
England und Italien beweisen. Dort ist der ernste, sittliche Grund des
Familienlebens ebenso unzweifelhaft der Halt und die Quelle eines kräftigen
staatsbürgerlichen Sinnes und der Fähigkeit zur gesetzlichen Freiheit, als bei
den Italienern im Gegentheile die Fäulniß des häuslichen Lebens die letzte
Ursache der hoffnungslosen staatlichen Zerrüttung ist. Alle überschwängliche
Hochstellung der Volksthümlichkeit und alle Verschwörungen und staatlichen
Meuchelmorde werden dem unglücklichen Volke keine Freiheit und Selbst-
ständigkeit verschaffen, so lange der Einzelne nicht in der Familie Pflicht-
erfüllung, Achtung gegen natürliches Gesetz und Selbstbeherrschung sieht
und selbst übt. Daß im Oriente die Vielweiberei die sittliche Ursache der
Königswarter, L. J., Histoire de l’organisation de la famille
en France. Par., 1851. — Morgan, L., Woman and her master;
or a history of the Female Sex. Ed. 2. I. II. Lond.,
1855. — Riehl,
W. H., Die Familie. Stuttg. u. Tüb., 1855.
2) Die Bildung einer Familie aus mehreren Männern und Einer
Frau, wie ſie aus Thibet berichtet wird, iſt eine ſolche ſittliche Ungeheuer-
lichkeit, daß ſie nicht als eine Art, ſondern als eine ſcheußliche Entartung
bezeichnet werden muß. — Die aus Einem Manne und mehreren Frauen
beſtehende Familie des Orientes ermangelt auch der richtigen ſittlichen Grund-
lage, und die Einrichtung iſt die Quelle großer Uebel aller Art, namentlich
auch ſtaatlicher; allein ſie läßt doch noch einen Organismus zu, weil Ein
Haupt des Ganzen vorhanden, ſomit Einheit des Gehorſams und der
Wirthſchaft möglich iſt.
3) Ausnahmsweiſe mögen verheirathete Kinder in engſter Verbindung
mit der älterlichen Familie bleiben, z. B. zur gemeinſchaftlichen Bewirth-
ſchaftung eines Gutes oder zu ſolchem Betriebe eines Gewerbes; allein nicht
nur ſind es doch nur ſeltene und durch beſondere Verhältniſſe hervorgerufene
Fälle, ſondern es iſt auch ein ſchwieriges, weil in ſeinem innerſten Weſen
falſches, Verhältniß. Eine ſolche Verbindung kann nämlich auf die Dauer
nur aufrecht erhalten werden entweder durch Aufgeben der erlaubten Selbſt-
ſucht der Einen oder der Anderen, oder durch Verwandlung des ſittlichen
und natürlichen Bandes in einen rechtlichen Vertrag; in beiden Fällen alſo
doch nur durch Beeinträchtigung des Kernes der Sache. — Wo aber gar
ſolche Vereinigungen mehrerer Familien zu Einem Hausſtande nicht aus
dem freien Willen der Betheiligten, ſondern durch ein äußeres Gebot ent-
ſtehen und beſtehen, wohl ſelbſt Nichtverwandte zuſammengezwängt werden,
(wie z. B. in den Hauscommunitäten der öſtereichiſchen Militärgränze,) da
iſt eine ſolche ſog. Familie nur eine ſtaatliche Einrichtung unter einem
fremdartigen Namen und in einer falſchen Form.
4) Von welcher bedeutenden ſtaatlichen Wirkung ein ſittlich geſunder
Zuſtand des Familienlebens bei einem Volke iſt, mag ein Vergleich von
England und Italien beweiſen. Dort iſt der ernſte, ſittliche Grund des
Familienlebens ebenſo unzweifelhaft der Halt und die Quelle eines kräftigen
ſtaatsbürgerlichen Sinnes und der Fähigkeit zur geſetzlichen Freiheit, als bei
den Italienern im Gegentheile die Fäulniß des häuslichen Lebens die letzte
Urſache der hoffnungsloſen ſtaatlichen Zerrüttung iſt. Alle überſchwängliche
Hochſtellung der Volksthümlichkeit und alle Verſchwörungen und ſtaatlichen
Meuchelmorde werden dem unglücklichen Volke keine Freiheit und Selbſt-
ſtändigkeit verſchaffen, ſo lange der Einzelne nicht in der Familie Pflicht-
erfüllung, Achtung gegen natürliches Geſetz und Selbſtbeherrſchung ſieht
und ſelbſt übt. Daß im Oriente die Vielweiberei die ſittliche Urſache der
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[14/0028] ¹⁾ — Königswarter, L. J., Histoire de l’organisation de la famille en France. Par., 1851. — Morgan, L., Woman and her master; or a history of the Female Sex. Ed. 2. I. II. Lond., 1855. — Riehl, W. H., Die Familie. Stuttg. u. Tüb., 1855. ²⁾ Die Bildung einer Familie aus mehreren Männern und Einer Frau, wie ſie aus Thibet berichtet wird, iſt eine ſolche ſittliche Ungeheuer- lichkeit, daß ſie nicht als eine Art, ſondern als eine ſcheußliche Entartung bezeichnet werden muß. — Die aus Einem Manne und mehreren Frauen beſtehende Familie des Orientes ermangelt auch der richtigen ſittlichen Grund- lage, und die Einrichtung iſt die Quelle großer Uebel aller Art, namentlich auch ſtaatlicher; allein ſie läßt doch noch einen Organismus zu, weil Ein Haupt des Ganzen vorhanden, ſomit Einheit des Gehorſams und der Wirthſchaft möglich iſt. ³⁾ Ausnahmsweiſe mögen verheirathete Kinder in engſter Verbindung mit der älterlichen Familie bleiben, z. B. zur gemeinſchaftlichen Bewirth- ſchaftung eines Gutes oder zu ſolchem Betriebe eines Gewerbes; allein nicht nur ſind es doch nur ſeltene und durch beſondere Verhältniſſe hervorgerufene Fälle, ſondern es iſt auch ein ſchwieriges, weil in ſeinem innerſten Weſen falſches, Verhältniß. Eine ſolche Verbindung kann nämlich auf die Dauer nur aufrecht erhalten werden entweder durch Aufgeben der erlaubten Selbſt- ſucht der Einen oder der Anderen, oder durch Verwandlung des ſittlichen und natürlichen Bandes in einen rechtlichen Vertrag; in beiden Fällen alſo doch nur durch Beeinträchtigung des Kernes der Sache. — Wo aber gar ſolche Vereinigungen mehrerer Familien zu Einem Hausſtande nicht aus dem freien Willen der Betheiligten, ſondern durch ein äußeres Gebot ent- ſtehen und beſtehen, wohl ſelbſt Nichtverwandte zuſammengezwängt werden, (wie z. B. in den Hauscommunitäten der öſtereichiſchen Militärgränze,) da iſt eine ſolche ſog. Familie nur eine ſtaatliche Einrichtung unter einem fremdartigen Namen und in einer falſchen Form. ⁴⁾ Von welcher bedeutenden ſtaatlichen Wirkung ein ſittlich geſunder Zuſtand des Familienlebens bei einem Volke iſt, mag ein Vergleich von England und Italien beweiſen. Dort iſt der ernſte, ſittliche Grund des Familienlebens ebenſo unzweifelhaft der Halt und die Quelle eines kräftigen ſtaatsbürgerlichen Sinnes und der Fähigkeit zur geſetzlichen Freiheit, als bei den Italienern im Gegentheile die Fäulniß des häuslichen Lebens die letzte Urſache der hoffnungsloſen ſtaatlichen Zerrüttung iſt. Alle überſchwängliche Hochſtellung der Volksthümlichkeit und alle Verſchwörungen und ſtaatlichen Meuchelmorde werden dem unglücklichen Volke keine Freiheit und Selbſt- ſtändigkeit verſchaffen, ſo lange der Einzelne nicht in der Familie Pflicht- erfüllung, Achtung gegen natürliches Geſetz und Selbſtbeherrſchung ſieht und ſelbſt übt. Daß im Oriente die Vielweiberei die ſittliche Urſache der

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/28>, abgerufen am 24.11.2024.