stellen, wenn er seinerseits nicht blos eine vortheilhafte und ehrenvolle, sondern auch eine sichere Stellung gewährt. Als Regel muß daher gelten, daß ein Beamter lediglich nur durch Urtheil und Recht von seiner Stelle entlassen werden kann 11); und daß ihm, wenn der Staat etwa seiner Dienstleistung nicht mehr bedarf oder dieselbe nicht länger wünschenswerth erscheint, wenigstens sein Gehalt und sein durch das Amt erworbener Rang unverkürzt verbleibt. Nur bei denjenigen Aemtern, welche unentgeltlich von Freiwilligen versehen werden, und deren Be- kleidung somit keine ernährende Lebensstellung, sondern vielmehr ein Opfer ist, mag ein häufigerer und selbst ein unfreiwilliger Wechsel ohne Schaden und ohne Unbilligkeit stattfinden. Ebenso treffen die Gründe für Erschwerung der Entlaßbarkeit wenigstens nicht in ihrer vollen Stärke bei solchen Dienern zu, von welchen nur mechanische Arbeiten verlangt werden. -- Die Ertheilung von Ruhegehalten bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Alters, ferner die Unterstützung von Wittwen und Waisen ist keine rechtlich nothwendige Folge des Staatsdienstvertrages; sondern vielmehr Sache der Berechnung, ob auf diese Weise, oder durch die Gewährung höherer, einen Ueberschuß lassender Gehalte die natürlichen Forderungen jedes Dienstkandidaten in diesen Beziehungen am besten für den Staat und für die Be- amten erfüllt werden.
1) Die neuerlichen, zuerst von Haller in seiner Restauration der St.-W. gemachten, Versuche den Begriff und die Benennung des Staatsdienstes wieder auszumerzen und an deren Stelle fürstlichen Dienst zu setzen, sind geschichtlich und begrifflich ganz richtig in Beziehung auf den Pa- trimonialstaat; und sie sind somit auch ein folgerichtiges Mittel für Diejenigen, welche überhaupt diese Staatsart wieder zurückführen und sie als die allein berechtigte darstellen möchten. Ebenso klar ist aber auch, daß die Gegner dieser Auffassung und Absicht dem widerstreben müssen. Die Gesetzgebungen und Verfassungen aller jetzigen Staaten sind ohnedem entgegen. -- Wenn aber etwa dieser Umtausch deßhalb vorgenommen werden wollte, damit den Beamten blinder Gehorsam auch gegen verfassungswidrige
ſtellen, wenn er ſeinerſeits nicht blos eine vortheilhafte und ehrenvolle, ſondern auch eine ſichere Stellung gewährt. Als Regel muß daher gelten, daß ein Beamter lediglich nur durch Urtheil und Recht von ſeiner Stelle entlaſſen werden kann 11); und daß ihm, wenn der Staat etwa ſeiner Dienſtleiſtung nicht mehr bedarf oder dieſelbe nicht länger wünſchenswerth erſcheint, wenigſtens ſein Gehalt und ſein durch das Amt erworbener Rang unverkürzt verbleibt. Nur bei denjenigen Aemtern, welche unentgeltlich von Freiwilligen verſehen werden, und deren Be- kleidung ſomit keine ernährende Lebensſtellung, ſondern vielmehr ein Opfer iſt, mag ein häufigerer und ſelbſt ein unfreiwilliger Wechſel ohne Schaden und ohne Unbilligkeit ſtattfinden. Ebenſo treffen die Gründe für Erſchwerung der Entlaßbarkeit wenigſtens nicht in ihrer vollen Stärke bei ſolchen Dienern zu, von welchen nur mechaniſche Arbeiten verlangt werden. — Die Ertheilung von Ruhegehalten bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Alters, ferner die Unterſtützung von Wittwen und Waiſen iſt keine rechtlich nothwendige Folge des Staatsdienſtvertrages; ſondern vielmehr Sache der Berechnung, ob auf dieſe Weiſe, oder durch die Gewährung höherer, einen Ueberſchuß laſſender Gehalte die natürlichen Forderungen jedes Dienſtkandidaten in dieſen Beziehungen am beſten für den Staat und für die Be- amten erfüllt werden.
1) Die neuerlichen, zuerſt von Haller in ſeiner Reſtauration der St.-W. gemachten, Verſuche den Begriff und die Benennung des Staatsdienſtes wieder auszumerzen und an deren Stelle fürſtlichen Dienſt zu ſetzen, ſind geſchichtlich und begrifflich ganz richtig in Beziehung auf den Pa- trimonialſtaat; und ſie ſind ſomit auch ein folgerichtiges Mittel für Diejenigen, welche überhaupt dieſe Staatsart wieder zurückführen und ſie als die allein berechtigte darſtellen möchten. Ebenſo klar iſt aber auch, daß die Gegner dieſer Auffaſſung und Abſicht dem widerſtreben müſſen. Die Geſetzgebungen und Verfaſſungen aller jetzigen Staaten ſind ohnedem entgegen. — Wenn aber etwa dieſer Umtauſch deßhalb vorgenommen werden wollte, damit den Beamten blinder Gehorſam auch gegen verfaſſungswidrige
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ſtellen, wenn er ſeinerſeits nicht blos eine vortheilhafte und
ehrenvolle, ſondern auch eine ſichere Stellung gewährt. Als
Regel muß daher gelten, daß ein Beamter lediglich nur durch
Urtheil und Recht von ſeiner Stelle entlaſſen werden kann 11);
und daß ihm, wenn der Staat etwa ſeiner Dienſtleiſtung nicht
mehr bedarf oder dieſelbe nicht länger wünſchenswerth erſcheint,
wenigſtens ſein Gehalt und ſein durch das Amt erworbener
Rang unverkürzt verbleibt. Nur bei denjenigen Aemtern, welche
unentgeltlich von Freiwilligen verſehen werden, und deren Be-
kleidung ſomit keine ernährende Lebensſtellung, ſondern vielmehr
ein Opfer iſt, mag ein häufigerer und ſelbſt ein unfreiwilliger
Wechſel ohne Schaden und ohne Unbilligkeit ſtattfinden. Ebenſo
treffen die Gründe für Erſchwerung der Entlaßbarkeit wenigſtens
nicht in ihrer vollen Stärke bei ſolchen Dienern zu, von welchen
nur mechaniſche Arbeiten verlangt werden. — Die Ertheilung
von Ruhegehalten bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder
Alters, ferner die Unterſtützung von Wittwen und Waiſen iſt
keine rechtlich nothwendige Folge des Staatsdienſtvertrages;
ſondern vielmehr Sache der Berechnung, ob auf dieſe Weiſe,
oder durch die Gewährung höherer, einen Ueberſchuß laſſender
Gehalte die natürlichen Forderungen jedes Dienſtkandidaten in
dieſen Beziehungen am beſten für den Staat und für die Be-
amten erfüllt werden.
¹⁾ Die neuerlichen, zuerſt von Haller in ſeiner Reſtauration der St.-W.
gemachten, Verſuche den Begriff und die Benennung des Staatsdienſtes
wieder auszumerzen und an deren Stelle fürſtlichen Dienſt zu ſetzen,
ſind geſchichtlich und begrifflich ganz richtig in Beziehung auf den Pa-
trimonialſtaat; und ſie ſind ſomit auch ein folgerichtiges Mittel für
Diejenigen, welche überhaupt dieſe Staatsart wieder zurückführen und ſie
als die allein berechtigte darſtellen möchten. Ebenſo klar iſt aber auch, daß
die Gegner dieſer Auffaſſung und Abſicht dem widerſtreben müſſen. Die
Geſetzgebungen und Verfaſſungen aller jetzigen Staaten ſind ohnedem
entgegen. — Wenn aber etwa dieſer Umtauſch deßhalb vorgenommen werden
wollte, damit den Beamten blinder Gehorſam auch gegen verfaſſungswidrige
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/274>, abgerufen am 24.11.2024.
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