ziehung der Bürger hat also jedenfalls Ungültigkeit des Ange- ordneten zur Folge, möglicherweise auch Verantwortlichkeit und Bestrafung der Schuldigen (nur nicht des Staatsoberhauptes selbst.) Ob in dringenden Nothfällen und bei einer Unmög- lichkeit die gesetzliche Mitwirkung rechtzeitig zu beschaffen ein vorläufiges einseitiges Vorgehen des Staatsoberhauptes und eine erst nachträgliche Gutheißung der Berechtigten stattfinden kann, hängt zunächst von positiven Bestimmungen ab; rechtlich erlaubt, und selbst nothwendig, ist aber ein formell ungesetzliches Verfahren, wenn aus dem Einhalten der Regel Gefahr für den Staat selbst entstünde. (S. oben, § 29.)
Ebenso ist es Sache der positiven Gesetzgebung festzustellen, ob der erste Anstoß zu gemeinschaftlich vorzunehmenden Hand- lungen von der einen oder von der andern Seite zu geschehen hat; füglich mag dabei nach Zweckmäßigkeitsgründen verfahren werden. Im Allgemeinen ist wohl eine beiden Theilen zustehende Berechtigung das Richtige.
Die zur verständigen Ausübung eines politischen Rechtes nothwendigen Bedingungen und vorbereitenden Handlungen müssen den Berechtigten zustehen, etwa unter Feststellung solcher Formen und Grenzen, daß Störung der öffentlichen Ordnung, des regelmäßigen Ganges der Regierung und der dem Staats- oberhaupte verbleibenden Rechte vermieden bleibt. Hierher ge- hören namentlich die Befugnisse der Berechtigten, sich zur recht- zeitigen Vornahme ihrer Aufgaben zu versammeln, Verstän- digungen über bevorstehende Wahlen zu treffen, ungestörte Ver- bindung mit den bei einer bestimmten Handlung besonders Be- theiligten zu pflegen, Mittheilungen an Gewaltgeber oder Inte- ressenten über Thätigkeit und Erfolg derselben zu machen 8).
In dem Begriffe des Rechtes der Mitwirkung liegt es schon selbst, daß die zu einer solchen Berufenen persönlich keine Verantwortlichkeit oder Unbill wegen des Inhaltes oder der
ziehung der Bürger hat alſo jedenfalls Ungültigkeit des Ange- ordneten zur Folge, möglicherweiſe auch Verantwortlichkeit und Beſtrafung der Schuldigen (nur nicht des Staatsoberhauptes ſelbſt.) Ob in dringenden Nothfällen und bei einer Unmög- lichkeit die geſetzliche Mitwirkung rechtzeitig zu beſchaffen ein vorläufiges einſeitiges Vorgehen des Staatsoberhauptes und eine erſt nachträgliche Gutheißung der Berechtigten ſtattfinden kann, hängt zunächſt von poſitiven Beſtimmungen ab; rechtlich erlaubt, und ſelbſt nothwendig, iſt aber ein formell ungeſetzliches Verfahren, wenn aus dem Einhalten der Regel Gefahr für den Staat ſelbſt entſtünde. (S. oben, § 29.)
Ebenſo iſt es Sache der poſitiven Geſetzgebung feſtzuſtellen, ob der erſte Anſtoß zu gemeinſchaftlich vorzunehmenden Hand- lungen von der einen oder von der andern Seite zu geſchehen hat; füglich mag dabei nach Zweckmäßigkeitsgründen verfahren werden. Im Allgemeinen iſt wohl eine beiden Theilen zuſtehende Berechtigung das Richtige.
Die zur verſtändigen Ausübung eines politiſchen Rechtes nothwendigen Bedingungen und vorbereitenden Handlungen müſſen den Berechtigten zuſtehen, etwa unter Feſtſtellung ſolcher Formen und Grenzen, daß Störung der öffentlichen Ordnung, des regelmäßigen Ganges der Regierung und der dem Staats- oberhaupte verbleibenden Rechte vermieden bleibt. Hierher ge- hören namentlich die Befugniſſe der Berechtigten, ſich zur recht- zeitigen Vornahme ihrer Aufgaben zu verſammeln, Verſtän- digungen über bevorſtehende Wahlen zu treffen, ungeſtörte Ver- bindung mit den bei einer beſtimmten Handlung beſonders Be- theiligten zu pflegen, Mittheilungen an Gewaltgeber oder Inte- reſſenten über Thätigkeit und Erfolg derſelben zu machen 8).
In dem Begriffe des Rechtes der Mitwirkung liegt es ſchon ſelbſt, daß die zu einer ſolchen Berufenen perſönlich keine Verantwortlichkeit oder Unbill wegen des Inhaltes oder der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0245"n="231"/>
ziehung der Bürger hat alſo jedenfalls Ungültigkeit des Ange-<lb/>
ordneten zur Folge, möglicherweiſe auch Verantwortlichkeit und<lb/>
Beſtrafung der Schuldigen (nur nicht des Staatsoberhauptes<lb/>ſelbſt.) Ob in dringenden Nothfällen und bei einer Unmög-<lb/>
lichkeit die geſetzliche Mitwirkung rechtzeitig zu beſchaffen ein<lb/>
vorläufiges einſeitiges Vorgehen des Staatsoberhauptes und<lb/>
eine erſt nachträgliche Gutheißung der Berechtigten ſtattfinden<lb/>
kann, hängt zunächſt von poſitiven Beſtimmungen ab; rechtlich<lb/>
erlaubt, und ſelbſt nothwendig, iſt aber ein formell ungeſetzliches<lb/>
Verfahren, wenn aus dem Einhalten der Regel Gefahr für<lb/>
den Staat ſelbſt entſtünde. (S. oben, § 29.)</p><lb/><p>Ebenſo iſt es Sache der poſitiven Geſetzgebung feſtzuſtellen,<lb/>
ob der erſte Anſtoß zu gemeinſchaftlich vorzunehmenden Hand-<lb/>
lungen von der einen oder von der andern Seite zu geſchehen<lb/>
hat; füglich mag dabei nach Zweckmäßigkeitsgründen verfahren<lb/>
werden. Im Allgemeinen iſt wohl eine beiden Theilen zuſtehende<lb/>
Berechtigung das Richtige.</p><lb/><p>Die zur verſtändigen Ausübung eines politiſchen Rechtes<lb/>
nothwendigen Bedingungen und vorbereitenden Handlungen<lb/>
müſſen den Berechtigten zuſtehen, etwa unter Feſtſtellung ſolcher<lb/>
Formen und Grenzen, daß Störung der öffentlichen Ordnung,<lb/>
des regelmäßigen Ganges der Regierung und der dem Staats-<lb/>
oberhaupte verbleibenden Rechte vermieden bleibt. Hierher ge-<lb/>
hören namentlich die Befugniſſe der Berechtigten, ſich zur recht-<lb/>
zeitigen Vornahme ihrer Aufgaben zu verſammeln, Verſtän-<lb/>
digungen über bevorſtehende Wahlen zu treffen, ungeſtörte Ver-<lb/>
bindung mit den bei einer beſtimmten Handlung beſonders Be-<lb/>
theiligten zu pflegen, Mittheilungen an Gewaltgeber oder Inte-<lb/>
reſſenten über Thätigkeit und Erfolg derſelben zu machen <hirendition="#sup">8</hi>).</p><lb/><p>In dem Begriffe des Rechtes der Mitwirkung liegt es<lb/>ſchon ſelbſt, daß die zu einer ſolchen Berufenen perſönlich keine<lb/>
Verantwortlichkeit oder Unbill wegen des Inhaltes oder der<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[231/0245]
ziehung der Bürger hat alſo jedenfalls Ungültigkeit des Ange-
ordneten zur Folge, möglicherweiſe auch Verantwortlichkeit und
Beſtrafung der Schuldigen (nur nicht des Staatsoberhauptes
ſelbſt.) Ob in dringenden Nothfällen und bei einer Unmög-
lichkeit die geſetzliche Mitwirkung rechtzeitig zu beſchaffen ein
vorläufiges einſeitiges Vorgehen des Staatsoberhauptes und
eine erſt nachträgliche Gutheißung der Berechtigten ſtattfinden
kann, hängt zunächſt von poſitiven Beſtimmungen ab; rechtlich
erlaubt, und ſelbſt nothwendig, iſt aber ein formell ungeſetzliches
Verfahren, wenn aus dem Einhalten der Regel Gefahr für
den Staat ſelbſt entſtünde. (S. oben, § 29.)
Ebenſo iſt es Sache der poſitiven Geſetzgebung feſtzuſtellen,
ob der erſte Anſtoß zu gemeinſchaftlich vorzunehmenden Hand-
lungen von der einen oder von der andern Seite zu geſchehen
hat; füglich mag dabei nach Zweckmäßigkeitsgründen verfahren
werden. Im Allgemeinen iſt wohl eine beiden Theilen zuſtehende
Berechtigung das Richtige.
Die zur verſtändigen Ausübung eines politiſchen Rechtes
nothwendigen Bedingungen und vorbereitenden Handlungen
müſſen den Berechtigten zuſtehen, etwa unter Feſtſtellung ſolcher
Formen und Grenzen, daß Störung der öffentlichen Ordnung,
des regelmäßigen Ganges der Regierung und der dem Staats-
oberhaupte verbleibenden Rechte vermieden bleibt. Hierher ge-
hören namentlich die Befugniſſe der Berechtigten, ſich zur recht-
zeitigen Vornahme ihrer Aufgaben zu verſammeln, Verſtän-
digungen über bevorſtehende Wahlen zu treffen, ungeſtörte Ver-
bindung mit den bei einer beſtimmten Handlung beſonders Be-
theiligten zu pflegen, Mittheilungen an Gewaltgeber oder Inte-
reſſenten über Thätigkeit und Erfolg derſelben zu machen 8).
In dem Begriffe des Rechtes der Mitwirkung liegt es
ſchon ſelbſt, daß die zu einer ſolchen Berufenen perſönlich keine
Verantwortlichkeit oder Unbill wegen des Inhaltes oder der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/245>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.