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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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ergriffen hat. Hier wird es eben so sehr am guten Willen
der zu den Verbesserungen verfassungsmäßig Berufenen, als
wohl auch an den sachlichen Mitteln zur Hülfe fehlen. Ein
solcher Staat geht gewöhnlich seinem völligen Untergange
entgegen, und es sind eigentlich nur zwei Mittel einer Ver-
jüngung vorhanden: ein großes Unglück, welches das Volk bis
zu seinen innersten Tiefen aufrüttelt, dadurch jede noch vor-
handene gute Kraft in Thätigkeit bringt und alles Unhalt-
bare und Faule zerschmettert; oder aber ein großer Mann,
welcher mit beherrschender Einsicht und eisernem Willen den
Augiasstall säubert. Letzterer ist nun aber nicht nach Belieben
zu haben; und das Heilmittel des Unglücks, welches freilich
auf die Dauer nicht ausbleiben wird, mag leicht auch den
Kranken tödten 7).

Zu 3. Eine Verminderung unerträglich gewordener Lasten
ist in doppelter Weise möglich. Entweder durch Aufgebung
von Staatszwecken, welche zwar an sich begründet und nützlich
sind, aber doch nicht den Kern der Aufgabe ausmachen; oder
aber durch Vereinigung mit einem andern Staate, so daß eine
Ersparung in den höheren Regierungsausgaben stattfindet.
Ersteres Mittel wird bei örtlich beschränkter Vaterlandsliebe
und bei Eitelkeit und Selbstsucht der bisher Herrschenden we-
niger Widerstand finden, dagegen eine bleibende Verkümmerung
des Staatsnutzens zur Folge haben. Dagegen ist, wenn die
gänzliche Aufgebung der bisherigen Selbstständigkeit eines Staates
ein allzu großes Opfer erscheint, durch Gründung eines Bun-
desstaates wenigstens ein erklecklicher Theil eigenen Lebens zu
retten 8).

Zu 4. Für eine ganz neue Lebensrichtung kann lediglich
eine entsprechende Umgestaltung des Staates in seinem ganzen
Wesen Befriedigung verschaffen. Eine geringere Aenderung
erreicht den Zweck nicht und führt zu großen Folgewidrigkeiten

v. Mohl, Encyclopädie. 11

ergriffen hat. Hier wird es eben ſo ſehr am guten Willen
der zu den Verbeſſerungen verfaſſungsmäßig Berufenen, als
wohl auch an den ſachlichen Mitteln zur Hülfe fehlen. Ein
ſolcher Staat geht gewöhnlich ſeinem völligen Untergange
entgegen, und es ſind eigentlich nur zwei Mittel einer Ver-
jüngung vorhanden: ein großes Unglück, welches das Volk bis
zu ſeinen innerſten Tiefen aufrüttelt, dadurch jede noch vor-
handene gute Kraft in Thätigkeit bringt und alles Unhalt-
bare und Faule zerſchmettert; oder aber ein großer Mann,
welcher mit beherrſchender Einſicht und eiſernem Willen den
Augiasſtall ſäubert. Letzterer iſt nun aber nicht nach Belieben
zu haben; und das Heilmittel des Unglücks, welches freilich
auf die Dauer nicht ausbleiben wird, mag leicht auch den
Kranken tödten 7).

Zu 3. Eine Verminderung unerträglich gewordener Laſten
iſt in doppelter Weiſe möglich. Entweder durch Aufgebung
von Staatszwecken, welche zwar an ſich begründet und nützlich
ſind, aber doch nicht den Kern der Aufgabe ausmachen; oder
aber durch Vereinigung mit einem andern Staate, ſo daß eine
Erſparung in den höheren Regierungsausgaben ſtattfindet.
Erſteres Mittel wird bei örtlich beſchränkter Vaterlandsliebe
und bei Eitelkeit und Selbſtſucht der bisher Herrſchenden we-
niger Widerſtand finden, dagegen eine bleibende Verkümmerung
des Staatsnutzens zur Folge haben. Dagegen iſt, wenn die
gänzliche Aufgebung der bisherigen Selbſtſtändigkeit eines Staates
ein allzu großes Opfer erſcheint, durch Gründung eines Bun-
desſtaates wenigſtens ein erklecklicher Theil eigenen Lebens zu
retten 8).

Zu 4. Für eine ganz neue Lebensrichtung kann lediglich
eine entſprechende Umgeſtaltung des Staates in ſeinem ganzen
Weſen Befriedigung verſchaffen. Eine geringere Aenderung
erreicht den Zweck nicht und führt zu großen Folgewidrigkeiten

v. Mohl, Encyclopädie. 11
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[161/0175] ergriffen hat. Hier wird es eben ſo ſehr am guten Willen der zu den Verbeſſerungen verfaſſungsmäßig Berufenen, als wohl auch an den ſachlichen Mitteln zur Hülfe fehlen. Ein ſolcher Staat geht gewöhnlich ſeinem völligen Untergange entgegen, und es ſind eigentlich nur zwei Mittel einer Ver- jüngung vorhanden: ein großes Unglück, welches das Volk bis zu ſeinen innerſten Tiefen aufrüttelt, dadurch jede noch vor- handene gute Kraft in Thätigkeit bringt und alles Unhalt- bare und Faule zerſchmettert; oder aber ein großer Mann, welcher mit beherrſchender Einſicht und eiſernem Willen den Augiasſtall ſäubert. Letzterer iſt nun aber nicht nach Belieben zu haben; und das Heilmittel des Unglücks, welches freilich auf die Dauer nicht ausbleiben wird, mag leicht auch den Kranken tödten 7). Zu 3. Eine Verminderung unerträglich gewordener Laſten iſt in doppelter Weiſe möglich. Entweder durch Aufgebung von Staatszwecken, welche zwar an ſich begründet und nützlich ſind, aber doch nicht den Kern der Aufgabe ausmachen; oder aber durch Vereinigung mit einem andern Staate, ſo daß eine Erſparung in den höheren Regierungsausgaben ſtattfindet. Erſteres Mittel wird bei örtlich beſchränkter Vaterlandsliebe und bei Eitelkeit und Selbſtſucht der bisher Herrſchenden we- niger Widerſtand finden, dagegen eine bleibende Verkümmerung des Staatsnutzens zur Folge haben. Dagegen iſt, wenn die gänzliche Aufgebung der bisherigen Selbſtſtändigkeit eines Staates ein allzu großes Opfer erſcheint, durch Gründung eines Bun- desſtaates wenigſtens ein erklecklicher Theil eigenen Lebens zu retten 8). Zu 4. Für eine ganz neue Lebensrichtung kann lediglich eine entſprechende Umgeſtaltung des Staates in ſeinem ganzen Weſen Befriedigung verſchaffen. Eine geringere Aenderung erreicht den Zweck nicht und führt zu großen Folgewidrigkeiten v. Mohl, Encyclopädie. 11

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/175>, abgerufen am 24.11.2024.