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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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an ihren hitzigen Freund
ers nicht, wie ich versichert bin, wozu denn diese Heftig-
keit? und wenn nun die Gesellschaft gedacht hätte, es
fehle Jhnen an dem Gefühl des Anständigen, was zu
einem freundschaftlichen Streite erfordert wird, oder
wohl gar an einer guten Erziehung, würde ihnen dieses
angenehm gewesen seyn? Gewiß auch nicht; und so ha-
ben Sie Jhren Gegner wider ihren Willen und wider
Jhren eignen Vortheil mißhandelt.

Jhr zweyter hitziger Ausdruck war: sie wollten es
der ganzen Welt zur Beurtheilung überlassen. Hier kam
ihr Gegner auf einen noch schlimmern Posten zu stehen.
Denn ein Mann, der einzeln in seiner Art zu denken ist,
und die ganze Welt gegen sich hat, ist gewiß der größte
Sonderling, wo nicht ein sonderbarer Narr; und im
Grunde ist denn doch eine Berufung auf das Urtheil der
ganzen Welt, eine bloße Fanfaronade: man weiß wohl,
daß solches nicht zu erhalten steht. Meine kleine Nach-
barin a la Circassienne sagte mir ins Ohr: in einer so gros-
sen Versammlung würde gewiß ein Schißma entstehen,
und der Himmel möchte sich der jetzigen Kopfzeuger er-
barmen, wenn die große Welt so hitzig würde, wie die
kleine jetzt in meinem Zimmer ... Den Spott zogen
sie sich zu, ohne es zu wissen und wollen.

Jmmer sprachen sie von gesunder Vernunft, und
dem schlichten Menschenverstande, womit man ihr Recht
einsehen könne; sie sagten, es könne nicht anders seyn,
und, sie wollten kein Wort mehr darum verlieren, und
schwiegen dann zu Zeiten mit Verachtung. O! wenn Sie
gesehen hätten, wie wir armen Weiber, die wir mit dem
frohesten Herzen uns mit unsern lieben Männern zu er-
götzen, zusammengekommen waren, bey dergleichen Sce-
nen zitterten; wenn sie gesehen hätten, wie oft der Frau

ihres

an ihren hitzigen Freund
ers nicht, wie ich verſichert bin, wozu denn dieſe Heftig-
keit? und wenn nun die Geſellſchaft gedacht haͤtte, es
fehle Jhnen an dem Gefuͤhl des Anſtaͤndigen, was zu
einem freundſchaftlichen Streite erfordert wird, oder
wohl gar an einer guten Erziehung, wuͤrde ihnen dieſes
angenehm geweſen ſeyn? Gewiß auch nicht; und ſo ha-
ben Sie Jhren Gegner wider ihren Willen und wider
Jhren eignen Vortheil mißhandelt.

Jhr zweyter hitziger Ausdruck war: ſie wollten es
der ganzen Welt zur Beurtheilung uͤberlaſſen. Hier kam
ihr Gegner auf einen noch ſchlimmern Poſten zu ſtehen.
Denn ein Mann, der einzeln in ſeiner Art zu denken iſt,
und die ganze Welt gegen ſich hat, iſt gewiß der groͤßte
Sonderling, wo nicht ein ſonderbarer Narr; und im
Grunde iſt denn doch eine Berufung auf das Urtheil der
ganzen Welt, eine bloße Fanfaronade: man weiß wohl,
daß ſolches nicht zu erhalten ſteht. Meine kleine Nach-
barin à la Circaſſienne ſagte mir ins Ohr: in einer ſo groſ-
ſen Verſammlung wuͤrde gewiß ein Schißma entſtehen,
und der Himmel moͤchte ſich der jetzigen Kopfzeuger er-
barmen, wenn die große Welt ſo hitzig wuͤrde, wie die
kleine jetzt in meinem Zimmer … Den Spott zogen
ſie ſich zu, ohne es zu wiſſen und wollen.

Jmmer ſprachen ſie von geſunder Vernunft, und
dem ſchlichten Menſchenverſtande, womit man ihr Recht
einſehen koͤnne; ſie ſagten, es koͤnne nicht anders ſeyn,
und, ſie wollten kein Wort mehr darum verlieren, und
ſchwiegen dann zu Zeiten mit Verachtung. O! wenn Sie
geſehen haͤtten, wie wir armen Weiber, die wir mit dem
froheſten Herzen uns mit unſern lieben Maͤnnern zu er-
goͤtzen, zuſammengekommen waren, bey dergleichen Sce-
nen zitterten; wenn ſie geſehen haͤtten, wie oft der Frau

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[61/0073] an ihren hitzigen Freund ers nicht, wie ich verſichert bin, wozu denn dieſe Heftig- keit? und wenn nun die Geſellſchaft gedacht haͤtte, es fehle Jhnen an dem Gefuͤhl des Anſtaͤndigen, was zu einem freundſchaftlichen Streite erfordert wird, oder wohl gar an einer guten Erziehung, wuͤrde ihnen dieſes angenehm geweſen ſeyn? Gewiß auch nicht; und ſo ha- ben Sie Jhren Gegner wider ihren Willen und wider Jhren eignen Vortheil mißhandelt. Jhr zweyter hitziger Ausdruck war: ſie wollten es der ganzen Welt zur Beurtheilung uͤberlaſſen. Hier kam ihr Gegner auf einen noch ſchlimmern Poſten zu ſtehen. Denn ein Mann, der einzeln in ſeiner Art zu denken iſt, und die ganze Welt gegen ſich hat, iſt gewiß der groͤßte Sonderling, wo nicht ein ſonderbarer Narr; und im Grunde iſt denn doch eine Berufung auf das Urtheil der ganzen Welt, eine bloße Fanfaronade: man weiß wohl, daß ſolches nicht zu erhalten ſteht. Meine kleine Nach- barin à la Circaſſienne ſagte mir ins Ohr: in einer ſo groſ- ſen Verſammlung wuͤrde gewiß ein Schißma entſtehen, und der Himmel moͤchte ſich der jetzigen Kopfzeuger er- barmen, wenn die große Welt ſo hitzig wuͤrde, wie die kleine jetzt in meinem Zimmer … Den Spott zogen ſie ſich zu, ohne es zu wiſſen und wollen. Jmmer ſprachen ſie von geſunder Vernunft, und dem ſchlichten Menſchenverſtande, womit man ihr Recht einſehen koͤnne; ſie ſagten, es koͤnne nicht anders ſeyn, und, ſie wollten kein Wort mehr darum verlieren, und ſchwiegen dann zu Zeiten mit Verachtung. O! wenn Sie geſehen haͤtten, wie wir armen Weiber, die wir mit dem froheſten Herzen uns mit unſern lieben Maͤnnern zu er- goͤtzen, zuſammengekommen waren, bey dergleichen Sce- nen zitterten; wenn ſie geſehen haͤtten, wie oft der Frau ihres

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/73>, abgerufen am 24.11.2024.