hier mit dem Absatze in eine Pfütze trat, und dort mit der Filetschürze in der Hecke hängen blieb. Wie es aber Holter Polter durch Dicke und Dünne laufen mußte, um dem bösen Manne zu entkommen: so ward an keine Schuhe, an keine Schürze und an keine Mama gedacht. So gehts mit unserer Theilnehmung an den Geschäften die- ser Welt. So lange man noch schreyet, hats keine Noth; aber wenns über und über geht, so schweigt man. Nicht wahr, ists Jhnen nicht just so gegangen, oder haben Sie aus einer bessern Ursache geschwiegen?
Jndessen hat doch immer das Publicum sehr dabey gelitten, daß so manche Moden unbemerkt vorübergegan- gen sind, und viele sich die Livres de modes mit großen Kosten haben von Paris kommen lassen müssen, welche Sie Jhnen leicht durch eine kleine Beschreibung hätten ersparen können. Manche aber sind darüber gar so un- wissend geblieben, daß sie einen Queuue de Renard von einem Plumet d' amitiee nicht haben unterscheiden gelernt, und die belle poule noyee mit der belle poule a pleines voiles verwechseln. Diese Verantwortung bleibt Jhnen immer, da wöchentliche Blätter so ganz eigentlich dazu eingerichtet sind, um von jeder neuen Mode sofort eine Anzeige zu thun, und es weit schicklicher gewesen seyn würde, darinn die Veränderungen unsrer Hauben als die unwichtigen Handlungen einiger längst vergessenen alten Bischöffe aufzubehalten. Billig sollte man in jedem wohl- bestelleten Staate ein tägliches Blatt zur Bekanntma- chung der Moden haben.
Wenn Sie meinen Rath folgen wollen: so verbes- sern Sie diesen ihren Fehler in dem künftigen Jahre. Jch habe mir aus Utopien, wo die Menschen auf dem Felde wachsen, etwas Frauenzimmersaamen kommen las-
sen,
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der neueſten Moden enthalten.
hier mit dem Abſatze in eine Pfuͤtze trat, und dort mit der Filetſchuͤrze in der Hecke haͤngen blieb. Wie es aber Holter Polter durch Dicke und Duͤnne laufen mußte, um dem boͤſen Manne zu entkommen: ſo ward an keine Schuhe, an keine Schuͤrze und an keine Mama gedacht. So gehts mit unſerer Theilnehmung an den Geſchaͤften die- ſer Welt. So lange man noch ſchreyet, hats keine Noth; aber wenns uͤber und uͤber geht, ſo ſchweigt man. Nicht wahr, iſts Jhnen nicht juſt ſo gegangen, oder haben Sie aus einer beſſern Urſache geſchwiegen?
Jndeſſen hat doch immer das Publicum ſehr dabey gelitten, daß ſo manche Moden unbemerkt voruͤbergegan- gen ſind, und viele ſich die Livres de modes mit großen Koſten haben von Paris kommen laſſen muͤſſen, welche Sie Jhnen leicht durch eine kleine Beſchreibung haͤtten erſparen koͤnnen. Manche aber ſind daruͤber gar ſo un- wiſſend geblieben, daß ſie einen Queuue de Renard von einem Plumet d’ amitiée nicht haben unterſcheiden gelernt, und die belle poule noyée mit der belle poule à pleines voiles verwechſeln. Dieſe Verantwortung bleibt Jhnen immer, da woͤchentliche Blaͤtter ſo ganz eigentlich dazu eingerichtet ſind, um von jeder neuen Mode ſofort eine Anzeige zu thun, und es weit ſchicklicher geweſen ſeyn wuͤrde, darinn die Veraͤnderungen unſrer Hauben als die unwichtigen Handlungen einiger laͤngſt vergeſſenen alten Biſchoͤffe aufzubehalten. Billig ſollte man in jedem wohl- beſtelleten Staate ein taͤgliches Blatt zur Bekanntma- chung der Moden haben.
Wenn Sie meinen Rath folgen wollen: ſo verbeſ- ſern Sie dieſen ihren Fehler in dem kuͤnftigen Jahre. Jch habe mir aus Utopien, wo die Menſchen auf dem Felde wachſen, etwas Frauenzimmerſaamen kommen laſ-
ſen,
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der neueſten Moden enthalten.
hier mit dem Abſatze in eine Pfuͤtze trat, und dort mit
der Filetſchuͤrze in der Hecke haͤngen blieb. Wie es aber
Holter Polter durch Dicke und Duͤnne laufen mußte, um
dem boͤſen Manne zu entkommen: ſo ward an keine
Schuhe, an keine Schuͤrze und an keine Mama gedacht.
So gehts mit unſerer Theilnehmung an den Geſchaͤften die-
ſer Welt. So lange man noch ſchreyet, hats keine Noth;
aber wenns uͤber und uͤber geht, ſo ſchweigt man. Nicht
wahr, iſts Jhnen nicht juſt ſo gegangen, oder haben Sie
aus einer beſſern Urſache geſchwiegen?
Jndeſſen hat doch immer das Publicum ſehr dabey
gelitten, daß ſo manche Moden unbemerkt voruͤbergegan-
gen ſind, und viele ſich die Livres de modes mit großen
Koſten haben von Paris kommen laſſen muͤſſen, welche
Sie Jhnen leicht durch eine kleine Beſchreibung haͤtten
erſparen koͤnnen. Manche aber ſind daruͤber gar ſo un-
wiſſend geblieben, daß ſie einen Queuue de Renard von
einem Plumet d’ amitiée nicht haben unterſcheiden gelernt,
und die belle poule noyée mit der belle poule à pleines
voiles verwechſeln. Dieſe Verantwortung bleibt Jhnen
immer, da woͤchentliche Blaͤtter ſo ganz eigentlich dazu
eingerichtet ſind, um von jeder neuen Mode ſofort eine
Anzeige zu thun, und es weit ſchicklicher geweſen ſeyn
wuͤrde, darinn die Veraͤnderungen unſrer Hauben als die
unwichtigen Handlungen einiger laͤngſt vergeſſenen alten
Biſchoͤffe aufzubehalten. Billig ſollte man in jedem wohl-
beſtelleten Staate ein taͤgliches Blatt zur Bekanntma-
chung der Moden haben.
Wenn Sie meinen Rath folgen wollen: ſo verbeſ-
ſern Sie dieſen ihren Fehler in dem kuͤnftigen Jahre.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/49>, abgerufen am 16.07.2024.
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