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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Also soll der handelnde Theil der Menschen,

Eben so ist es in andern Verhältnissen. Wer grif
mit mehrer Zuversicht an, als Ziethen? wer gieng küh-
ner in die Gefahr als Cook? und wer hat nach Verhält-
nisse aller Umstände, größere Schritte in der Erkenntnis
gemacht, als ein Kind von zwey oder drey Jahren, das
schon von allem spricht, ohne jemals eine deutliche Re-
flexion gemacht zu haben? Wenn ich alle Kriegesbücher
und alle Reisebeschreibungen auswendig gelernt hätte:
so würde ich in dem Augenblicke, da Sehen und Angrei-
fen nur Eins seyn muß, dasjenige nicht seyn, was jene
blos praktisch unterrichtete Männer waren.

Sie glauben vielleicht, Ziethen und Cook würden
größer gewesen seyn, wenn Sie bey gleichen Erfahrun-
gen wissenschaftlich wären unterrichtet worden? O Freund!
der Weg der letzten Art ist viel zu langsam; er läßt uns
dasjenige nur Stückweise genießen, was wir im prakti-
schen Unterrichte auf einmal und im ganzen Zusam-
menhange fassen. Das Auge, welches die Stellung der
Feinde tausendmal gesehn hat, summirt Totalein-
drücke zu Totaleindrücken; es vergleicht unendliche Mas-
sen mit unendlichen Massen, und bringt unendliche Re-
sultata heraus, anstatt, daß der wissenschaftlich Unter-
richtete mit lauter einzelnen und bestimmten Jdeen rech-
net, und Regeln herausbringt, die, wenns zum Tref-
fen kömmt, nie gegen den Totaleindruck bestehen, und
einen in dem Kampfe der Leidenschaften höchstens mit dem
Seufzer: Oh! troppo dura legge! verlassen.

Zum Vergnügen, und bey müßigen Stunden stellt
der praktisch Unterrichtete auch wohl Untersuchungen sei-
nes Reichthums an, anatomirt einen Totalbegrif, und
freuet sich des Philosophen, der diesen schon vor ihm zer-
legt, und iedem Theilgen desselben einen Namen gege-
ben hat; aber im Handel hält ihn seine Metaphysik nicht

auf,
Alſo ſoll der handelnde Theil der Menſchen,

Eben ſo iſt es in andern Verhaͤltniſſen. Wer grif
mit mehrer Zuverſicht an, als Ziethen? wer gieng kuͤh-
ner in die Gefahr als Cook? und wer hat nach Verhaͤlt-
niſſe aller Umſtaͤnde, groͤßere Schritte in der Erkenntnis
gemacht, als ein Kind von zwey oder drey Jahren, das
ſchon von allem ſpricht, ohne jemals eine deutliche Re-
flexion gemacht zu haben? Wenn ich alle Kriegesbuͤcher
und alle Reiſebeſchreibungen auswendig gelernt haͤtte:
ſo wuͤrde ich in dem Augenblicke, da Sehen und Angrei-
fen nur Eins ſeyn muß, dasjenige nicht ſeyn, was jene
blos praktiſch unterrichtete Maͤnner waren.

Sie glauben vielleicht, Ziethen und Cook wuͤrden
groͤßer geweſen ſeyn, wenn Sie bey gleichen Erfahrun-
gen wiſſenſchaftlich waͤren unterrichtet worden? O Freund!
der Weg der letzten Art iſt viel zu langſam; er laͤßt uns
dasjenige nur Stuͤckweiſe genießen, was wir im prakti-
ſchen Unterrichte auf einmal und im ganzen Zuſam-
menhange faſſen. Das Auge, welches die Stellung der
Feinde tauſendmal geſehn hat, ſummirt Totalein-
druͤcke zu Totaleindruͤcken; es vergleicht unendliche Maſ-
ſen mit unendlichen Maſſen, und bringt unendliche Re-
ſultata heraus, anſtatt, daß der wiſſenſchaftlich Unter-
richtete mit lauter einzelnen und beſtimmten Jdeen rech-
net, und Regeln herausbringt, die, wenns zum Tref-
fen koͤmmt, nie gegen den Totaleindruck beſtehen, und
einen in dem Kampfe der Leidenſchaften hoͤchſtens mit dem
Seufzer: Oh! troppo dura legge! verlaſſen.

Zum Vergnuͤgen, und bey muͤßigen Stunden ſtellt
der praktiſch Unterrichtete auch wohl Unterſuchungen ſei-
nes Reichthums an, anatomirt einen Totalbegrif, und
freuet ſich des Philoſophen, der dieſen ſchon vor ihm zer-
legt, und iedem Theilgen deſſelben einen Namen gege-
ben hat; aber im Handel haͤlt ihn ſeine Metaphyſik nicht

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[24/0036] Alſo ſoll der handelnde Theil der Menſchen, Eben ſo iſt es in andern Verhaͤltniſſen. Wer grif mit mehrer Zuverſicht an, als Ziethen? wer gieng kuͤh- ner in die Gefahr als Cook? und wer hat nach Verhaͤlt- niſſe aller Umſtaͤnde, groͤßere Schritte in der Erkenntnis gemacht, als ein Kind von zwey oder drey Jahren, das ſchon von allem ſpricht, ohne jemals eine deutliche Re- flexion gemacht zu haben? Wenn ich alle Kriegesbuͤcher und alle Reiſebeſchreibungen auswendig gelernt haͤtte: ſo wuͤrde ich in dem Augenblicke, da Sehen und Angrei- fen nur Eins ſeyn muß, dasjenige nicht ſeyn, was jene blos praktiſch unterrichtete Maͤnner waren. Sie glauben vielleicht, Ziethen und Cook wuͤrden groͤßer geweſen ſeyn, wenn Sie bey gleichen Erfahrun- gen wiſſenſchaftlich waͤren unterrichtet worden? O Freund! der Weg der letzten Art iſt viel zu langſam; er laͤßt uns dasjenige nur Stuͤckweiſe genießen, was wir im prakti- ſchen Unterrichte auf einmal und im ganzen Zuſam- menhange faſſen. Das Auge, welches die Stellung der Feinde tauſendmal geſehn hat, ſummirt Totalein- druͤcke zu Totaleindruͤcken; es vergleicht unendliche Maſ- ſen mit unendlichen Maſſen, und bringt unendliche Re- ſultata heraus, anſtatt, daß der wiſſenſchaftlich Unter- richtete mit lauter einzelnen und beſtimmten Jdeen rech- net, und Regeln herausbringt, die, wenns zum Tref- fen koͤmmt, nie gegen den Totaleindruck beſtehen, und einen in dem Kampfe der Leidenſchaften hoͤchſtens mit dem Seufzer: Oh! troppo dura legge! verlaſſen. Zum Vergnuͤgen, und bey muͤßigen Stunden ſtellt der praktiſch Unterrichtete auch wohl Unterſuchungen ſei- nes Reichthums an, anatomirt einen Totalbegrif, und freuet ſich des Philoſophen, der dieſen ſchon vor ihm zer- legt, und iedem Theilgen deſſelben einen Namen gege- ben hat; aber im Handel haͤlt ihn ſeine Metaphyſik nicht auf,

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/36>, abgerufen am 27.11.2024.